Pressekonferenz des Kärntner Heimatdienstes und Slowenenvertretern
ORF
ORF
Chronik

KHD und Slowenenvertreter an einem Tisch

Noch vor 20 Jahren wäre eine gemeinsame Pressekonferenz vom Zentralverband slowenischer Organisationen und dem Kärntner Heimatdienst (KHD) undenkbar gewesen. Gemeinsam mit Vertretern der Konsensgruppe zur Ortstafelfrage kamen sie anlässlich 50 Jahre Ortstafelsturm zusammen.

Unterschiedliche Sichtweisen, gemeinsame Lehren für die Zukunft, lautet der Untertitel der Pressekonferenz. KHD- Obmann Andreas Mölzer stellte zehn Thesen auf: Der Volksgruppenkonflikt sei ein Erbe aus dem 19. Jahrhundert, der Volkszorn, der sich gegen die frisch aufgestellten zweisprachigen Ortstafeln 1972 entlud, sei größtenteils spontan gewesen, aber auch durch jugoslawische Provokateure angeheizt.

Slowenenvertreter zum Ortstafelsturm

50 Jahre nach dem Kärntner Ortstafelsturm sind am Dienstag Vertreter von Heimatverbänden und Slowenenorganisationen gemeinsam in die Öffentlichkeit gegangen.

Er erwähnte auch das Wort Urangst: „Diese Ängste sind obsolet geworden mit dem Tod Titos in Jugoslawien. Ich hoffe, dass die Ängste der slowenischen Minderheit vor Assimilationsdruck auch geschwunden sind. Wobei ich Ängste, dass die Volksgruppe nicht überleben wird, durchaus verstehe.“

Auch Slowenen besprühten Tafeln – aber anders

Fest steht, dass damals in Hebst 1972 ein Bundesgesetz praktisch außer Kraft gesetzt wurde. Marjan Sturm, als Jugendlicher politisch aktiv, besprühte selbst Ortstafeln mit Lack. Allerdings schrieb er die slowenischen Namen zu den deutschen dazu: „Natürlich war für die slowenische Volksgruppe der Ortstafelsturm ein Retraumatisierung. Meine Mutter, die vertreiben wurde und eine Tochter in der Vertreibung verloren hat, hat mich weinend in Wien angerufen und gesagt, komm nicht nach Kärnten, hier ist die Hölle los. Hintergrund war, dass eine Gruppe von Ortstafelstürmern bei uns in den Hof hineingefahren und dort im Kreis herumgefahren sind und gehupt haben.“

„Stehen zur Vereinbarung von 2011“

Manuel Jug vom Zentralverband slowenischer Organisationen, viele Jahre nach dem Ortstafelsturm geboren, sagte, er stehe zu dem, was 2011 in Sachen Ortstafeln vereinbart wurde: „Auch, wenn es einige in der Volksgruppe und in der Mehrheitsbevölkerung gibt, die es wieder neu aufrollen würden, verwehren wir uns dagegen. Wir haben eine zufriedenstellende Lösung, es kommen laufend neue Ortstafeln dazu.“

Jetzt sind fast so viele zweisprachige Ortstafeln aufgestellt, wie es 1972 von der Bundesregierung und SPÖ Landeshauptmann Hans Sima geplant wurde. Die Zeit sei in den 1990er Jahren reif gewesen für Dialog, sagte Josef Feldner, der 50 Jahre lang KHD-Chef war: „Deshalb haben wir uns in einer feierlichen Erklärung verpflichtet, künftig als Kärntner Konsensgruppe engagiert an einem Klima des gegenseitigen Vertrauens zu arbeiten.“ Wie auch immer der Herbst 1972 zu bewerten ist, mitunter auch verklärt, so dürfe die Erinnerung nicht einen Missbrauch der Erinnerung darstellen, sagte Marjan Sturm.

Rat: „Weg der Freiwilligkeit weiter beschreiten“

Das Klima habe sich erfreulicherweise gebessert und trotz eines Verbots einer Öffnungsklausel wurden in einigen Gemeinden zusätzliche Ortsschilder auf freiwilliger Basis aufgestellt, heißt es in einer Reaktion vom Rat der Kärntner Slowenen. „Dieser freiwillige Weg sollte auch weiter beschritten werden, denn so könnte die Zahl von 205 Ortsschildern angepeilt und erreicht werden. Dies wäre euch eine Wiedergutmachung der Regelung aus 1972 und ein Bekenntnis dafür, dass man mit Ortstafelsturm nicht mehr einverstanden ist.“

Niemandem werde etwas weggenommen, aber die Volksgruppe, unabhängig vom Staatvertrag, würde so eine Geste als Signal bewerten, dass sie willkommen sei, hieß es.

Gemeinschaft: Kulturelles Erbe als Alleinstellungsmerkmal

Der Obmann der Gemeinschaft der Kärntner Slowenen und Sloweninnen, Bürgermeister Bernard Sadovnik, appellierte an alle Landesbürgerinnen und Landesbürger, weiterhin gemeinsam an einem Klima des Miteinanders und gegenseitiger Wertschätzung zu bauen. "Viele hunderte zweisprachige Orts- und Flurnamen sind ein wertvolles Kulturerbe Kärntens, dass wir gemeinsam nicht nur erhalten, sondern zukünftig sichtbar machen sollen. Es ist auch ein Alleinstellungsmerkmal für eine erfolgreiche wirtschaftliche und touristische Entwicklung Kärntens“.