Einen kurzen Text zu lesen und den Sinn zu verstehen, ist für Veronika Kleiner manchmal schon eine Herausforderung: „Es ist das Lesen. Die Buchstaben kann ich, aber das Zusammensetzen der Wörter macht mir Schwierigkeiten. Bei einem kurzen Satz geht es, aber wenn es länger ist, ist es vorbei.“ So wie ihr geht es auch vielen anderen Erwachsenen in Kärnten.
63.000 Menschen haben Lese-Rechtschreibschwäche
Kathrin Kassl-Rapatz, Projektleiterin Basiswissen der Kärntner Volkshochschulen, sagte, dass laut den letzten Ergebnissen der PIAAC-Studie, bei der die Grundkompetenzen von Erwachsenen im Lesen, Schreiben, Rechnen und im digitalen Bereich erhoben worden seien, man von rund einer Millionen Menschen in Österreich spreche, die von einer Lese- und Schreibschwäche betroffen seien. In Kärnten sind es 63.000.

Verschiedenste Gründe für Leseschwäche
„Warum Menschen trotz absolvierter Schulpflicht keine ausreichende Basisbildung haben, ist meist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren“ so Kassl-Rapatz. Negative Schulerfahrungen, ein ungünstiges Lernklima, ein bildungsbenachteiligtes Elternhaus, Migrationshintergrund, aber auch schlichtweg das Verlernen der einmal erworbenen Kompetenzen können dazu führen, dass jemand im Erwachsenenalter nicht ausreichend Lesen und Schreiben könne.
Zu der Benachteiligung am Arbeitsmarkt und den Schwierigkeiten, sich im öffentlichen und privaten Leben zurechtzufinden, komme die erhebliche Stressbelastung, der die Menschen bei der Bewältigung von Alltagssituationen ausgesetzt seien. Der Umstand, nicht ausreichend genug lesen zu können, sei nach wie vor stark schambesetzt. Damit in Zusammenhang stehende Vermeidungs- und Verheimlichungsstrategien erfordern einen Kraftaufwand, der auf Dauer krank machen könne.
Formular ausfüllen als unüberwindbare Hürde
Jeder neunte Erwachsene hat beim Lesen, Schreiben und Rechnen große Schwierigkeiten, sagte Alexandra Plattner. Sie ist Basisbildungstrainerin und kennt die Probleme der Betroffenen: „Einen Arzttermin allein bewältigen, zum Amt gehen, ein Formular ausfüllen sind Hürden, die für die Teilnehmenden oft nicht zu schaffen sind.“ Dadurch komme es auch im digitalen Bereich zu Kompetenzproblemen.
Weil Bildung keine Altersfrage sein darf, bieten die Volkshochschulen Kurse in ganz Kärnten an. 250 Erwachsene besuchen derzeit die Basisbildungskurse der VHS. Sie sind kostenlos, laufen ganzjährig, ein Einstieg ist jederzeit möglich.