Ritzstein an der Kirchenaußenseite von Keutschach
By Johann Jaritz – Own work, CC BY-SA 3.0 at, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=39477038
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Kultur

Ritzstein – zwischen Himmel und Unterwelt

Die 2.400 Einwohner zählende Gemeinde Keutschach ist mit ihren vier Seen nicht nur wasserreich, sondern auch reich an Kultur und Geschichte. Besonders viele Rätsel birgt der vermutlich 800 a.D. geschaffene Ritzstein. Er zeigt eine skelettartige Figur mit halbem Kopf – Forscher vermuten einen Zusammenhang zwischen Tag und Nacht, Himmel und Unterwelt.

In Keutschach lassen sich die geschichtlichen Spuren rund 6.000 Jahre zurückverfolgen, erzählt Kärnten Guide Rotraud Jungbauer: "Sehr bekannt sind die Pfahlbauten, die man dort gefunden hat, aus der Jungsteinzeit, die ungefähr 6.000 Jahre alt sind. Heute weiß man, das war eine ganz flache Insel, die mit der Zeit verschwunden ist, weil der Wasserspiegel gestiegen ist. Vor ungefähr 900 Jahren wurde Keutschach dann erstmals urkundlich erwähnt – unter dem Namen „Codesach“.

In Stein gemeißelte Siedlungsgeschichte

Zwischen der Zeit der Errichtung der Pfahlbauten und der urkundlichen Erwähnung Keutschachs, bzw. der dortigen Kirche liegen einige tausend Jahre – Jahre, in denen der Ort ja ebenfalls besiedelt war. Und das ist in Stein gemeißelt. „Davon erzählt eine Steinplatte, die an der Außenmauer der Kirche angebracht worden ist, rechts vom Hauseingang, das ist der berühmte Ritzstein von Keutschach.“

Auf den ersten Blick eher unscheinbar, verbirgt sich aber einiges darin, weiß Rotraud Jungbauer: „Das ist eine weiße Steinplatte, und da ist eine ganz einfache Figur hineingeritzt oder hineingeschlagen worden. Man kann heute mit technischen Mitteln schon feststellen, wie der Stein bearbeitet worden ist, daher weiß man dass es mehrere Arbeitsphasen gegeben hat.“

Skelettartige Figur mit einem halben Kopf

Aber was stellt dieser Stein nun dar? „Zu sehen ist eine Figur mit zwei Beinen, zwei ziemlich großen Füßen, dann der Rumpf dann der Brustkorb, der nur so gezeichnet ist, wie ein Skelett. Einen linken Arm und dann der Kopf, der nur halb dargestellte worden ist und aussieht wie in halbes Rad – so mit Speichen.“ Um die Figur herum sieht man fünf Kreuze. „Von denen man nicht weiß, warum sie dort hineingeritzt worden sind.“ Das ist immer noch Gegenstand der Forschung.

Was man aber weiß: Der Stein wurde wie vorher schon erwähnt in drei Phasen erstellt. „Phase eins, die Bearbeitung des Körpers. Phase zwei, die Bearbeitung der Füße und der linken Hand – das war in Schlagtechnik, dann wurde das Radkreuz, also der Kopf eingeritzt und zum Schluss, Phase drei, wurden die Kreuze eingeritzt, von denen man nichts weiß.“

Eine Interpretation: Radkreuz als Symbol für die Sonne

Und so gibt es entsprechend viel Interpretationsspielraum. Für die einen ist es einfach eine primitive Darstellung der Auferstehung Jesu. „Die anderen sagen, das war beim Einfall der Slawen in das Kärntner Gebiet und das ist die erste Gestaltung irgendeiner Figur. Und die dritte Version erzählt von den Radkreuzträgern. Radkreuze hat es schon in der Bronzezeit als Symbol gegeben, für die Sonne oder den Jahreslauf in der Natur.“

Ritzstein an der Kirchenaußenseite von Keutschach
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Der Ritzstein an der Außenwand der Kirche von Keutschach

Im Mittelalter gab es dann die Theorie, „dass man das Rad in zwei Hälften geteilt hat. Die obere Hälfte war der Tag, mit dem Sonnenaufgang auf der linken Seite des Rades. Dann wandert man hinauf zur Mittagszeit und hinunter zum Sonnenuntergang.“ Eben in die zweite Hälfte des Rades, in die Nacht bzw. Unterwelt. Auch die vier Jahreszeiten könnten damit dargestellt worden sein. Die waagrechte Linie in der Mitte sollte die Erde darstellen, die man damals noch als Scheibe vermutet hat.

Mit dem Kopf nicht in den Wolken sondern der Unterwelt?

Übrigens. Am Ritzstein in Keutschach sieht man nur die untere Hälfte des Rades – also die Unterwelt. Wie alt genau dieser Ritzstein ist, kann auch nur vermutet werden. Man nimmt an, ca. 800 Jahre nach Christus, aber so genau lässt sich das nicht mehr feststellen, sagt Rotraud Jungbauer: „Man kann vieles feststellen, wie er bearbeitet worden ist, woher der Stein kommt, aber man kann nicht genau feststellen, wann der Stein bearbeitet worden ist – weil ich einen alten Stein nehmen und diesen dann bearbeiten kann – ich muss ihn nicht frisch gebrochen haben.“

Sehenswert ist er allemal, der Ritzstein an der Südwand der Keutschacher Kirche.