Bevölkerung auf der Straße
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Wirtschaft

Kärnten gehen die Arbeitskräfte aus

Die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften wird zwar generell immer schwieriger, in Kärnten sind die Herausforderungen aber besonders groß, weil die Bevölkerung einerseits immer älter wird, andererseits Geburten zurückgehen und Junge abwandern.

Dass sich Menschen nach vielen Arbeitsjahren in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden, ist nichts außergewöhnliches. Die bevorstehende Pensionierungswelle der Babyboomer, der geburtenstarken 1960er Jahrgänge, bereitet den Arbeitgebern aber große Sorgen. In vielen Branchen können die freiwerdenden Stellen nur schwer oder gar nicht nachbesetzt werden, weil es keine Bewerber gibt.

Pensionisten-Anteil steigt stärker als anderswo

Thomas Graf von der Landesstelle für Statistik kennt die Zahlen. Laut Statistik steht Kärntens Arbeitsmarkt vor großen Herausforderungen, deutlicher noch als in anderen Bundesländern steige in den kommenden Jahren der Anteil an Pensionisten, bei gleichzeitiger Abwanderung junger Menschen Richtung Wien oder Steiermark.

Bevölkerungsentwicklung Grafik Kärnten
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Die Zahlen im Detail: Die Bevölkerung in Kärnten ist innerhalb der vergangenen sechzig Jahre von 491.000 auf 563.000 – also um 72.000 Menschen oder um 14 Prozent angewachsen. Gleichzeitig sind aber auch die Geburtenzahlen deutlich nach unten gegangen. Von 10.600 im Jahr 1960, auf 4560 im Jahr 2021, das entspricht einem Rückgang von 57 Prozent.

Alte werden älter, Junge werden weniger

Die Prognosen bis zum Jahr 2030: Der Anteil der 15 bis 59-Jährigen nimmt um knapp zehn Prozent ab. Gleichzeitig soll der Anteil der 65-69 jährigen im selben Zeitraum um knapp 29 Prozent steigen. Thomas Graf von der Landesstelle für Statistik: „In Europa, vor allem in Österreich und speziell in Kärnten haben wir eine Bevölkerung, die immer älter wird. Die Gruppe der 60- bis 65-Jährigen wächst stark an.“ Außerdem sind laut Statistik im Vorjahr 1.500 junge Frauen und Männer in Richtung Wien und die Steiermark abgewandert, vor zehn Jahren waren es gerade einmal 1.000 15 bis 24 Jährige.

Beispiel ÖBB: 11.000 Pensionierungen in fünf Jahren

Was diese Zahlen für den Arbeitsmarkt bedeuten, lässt sich am Beispiel der ÖBB verdeutlichen. Hier gehen in den kommenden fünf Jahren fast 11.000 Mitarbeiter in Österreich in Pension, daher werden dringende Arbeitskräfte gesucht.

Fahrdienstleiter ÖBB
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Rosanna Zernatto-Peschel von den ÖBB Kärnten sagt: „Wir suchen gezielt nach Buslenkern, nach Verschiebern, Fahrdienstleitern – wir sind eigentlich in allen 130 Berufsfeldern, die wir abbilden, auf der Suche und bieten auch laufend Chancen für Umsteiger, Einsteiger, bei uns zu starten.“

Betroffen: Verwaltung, Handel, Bau und Gastronomie

Von den bevorstehenden Pensionierungswellen vorwiegend betroffen sind laut Melanie Jann vom AMS Kärnten, die öffentliche Verwaltung, der Handel, der Bau und die Gastronomie, es müsse flexiblere Arbeitszeitmodelle geben, um Jobs attraktiv zu machen, aber es müsse auch die Möglichkeit geben, Pensionisten die wollen, auch arbeiten zu lassen heißt es von Wolfgang Kuttnig von der Wirtschaftskammer Kärnten: „Wenn jemand zehn Stunden dazu arbeiten will und dafür doppelt und dreifach besteuert wird – das ist dann uninteressant. Damit könnte man das Problem kurzfristig lösen, wobei Dinge wie Zuwanderung und Zustrom langfristig zu planen sind.“

Kuttnig spricht sich für einen geordneten Zuzug von Arbeitskräften aus, Stichwort: Drittstaatkontingente, hier müssten die Beschränkungen aufgehoben werden, wobei diese Themen nur auf Bundesebene zu lösen seien. Nur Unternehmen, die auf die Wünsche der Bewerberinnen und Bewerber eingehen, würden auch qualifizierte Mitarbeiter finden.

Team Kärnten: Mehr Kinderbetreuung als Gegenmaßnahme

Wie ÖROK-Daten zeigen würden, werde die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Kärnten bis 2050 um über 16 Prozent zurückgehen, hieß es von Team Kärnten-Obmann Gerhard Köfer in einer Aussendung. Dieser fordert darin Gegenmaßnahmen wie eine bessere Kinderbetreuung. „Fehlende Betreuungsmöglichkeiten verhindern oftmals, dass Frauen rascher in den Beruf zurückkehren können. Auch 3.000 Langzeitarbeitslose in Kärnten können durch gezielte Aktionen in den Arbeitsmarkt reintegriert werden.“ Als große Notwendigkeit sieht Köfer auch die Attraktivierung der Lehre.