Juliana hat Spaß
Antonia Isola
Antonia Isola
Lifestyle

Bergwaldprojekte: Almspirit gegen Alltag

Seit über 25 Jahren organisiert der Österreichische Alpenverein die sogenannten Bergwaldprojekte: Freiwillige unterstützen die Landwirtinnen und Landwirte mit ihrer Arbeit dabei, die Stabilität und Vitalität der Bergwälder und Almen zu verbessern und nehmen im Gegenzug eine große Portion Almspirit für ihren Alltag mit.

Eines dieser Bergwaldprojekte hat vergangene Woche auf der St. Jober-Sigmontitscheralm stattgefunden. Freiwillige aus ganz Österreich und Deutschland halfen, die Weideflächen von Sturmschäden und Schlägerungsresten zu befreien und Disteln sowie giftige Pflanzen, wie Germer zu entfernen. Eine schweißtreibende Arbeit, die für die Almlandwirte alleine kaum zu bewältigen wäre. Die Pflege ist einerseits wichtig, um den Weidetieren genügend Platz zu bieten, andererseits aber auch um das Landschaftsbild zu erhalten.

Lichten als Schlüssel für qualitatives Futter

Auf dem Almgebiet stehen mehrheitlich Lärchen und Fichten, vereinzelt auch Buchen. Es handelt sich also um eine Mischkultur, die im Vergleich zu Monokulturen den Vorteil hat, dass sie von Borkenkäfern eher gemieden wird und für das Ökosystem besser ist. Um Weidetiere auf der Alm halten zu können, sind jedoch auch ertragreiche Wiesen erforderlich.

Ausreißen von Farnen
Juliana Kinnl
Harte körperliche Arbeit macht den Kopf frei – behaupten zumindest die Teilnehmer

Gutes Futter für die Weidetiere wächst nicht von selbst, deswegen zählt das Lichten der Weiden zu den Hauptaufgaben des Bergwaldprojekts. Dabei werden kleine Bäume geschnitten und zerkleinert sowie Totholz und Äste von den Flächen entfernt. Es wird immer bergab gearbeitet, um Kraft zu sparen.

Ein gutes Leben funktioniert auch mit wenig

Nicht nur für die Almbauern hat das Bergwaldprojekt großen Mehrwert, sondern auch für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Diese sind in einer kleinen Almhütte, die nur zu Fuß erreichbar ist, untergebracht. Elisabeth F. ist eine von ihnen und gebürtige Osttirolerin. Schon mehrmals hat sie auf Almen mitgearbeitet und ist auch bei diesem Projekt mit großer Leidenschaft dabei. Es ist der Umgang mit der basalen Infrastruktur, der zeigt, dass das Leben auch mit wenig funktioniert, denn auf der Almhütte muss das Wasser geholt und mit Feuer gekocht bzw. geheizt werden. Es gibt ein Plumpsklo und eine einfache Kaltwasserdusche im Freien.

Freiwillige vor der St. Jober -Sigmontitscher Almhütte
Juliana Kinnl
Die Freiwilligengruppe vor der St. Jober – Sigmontitscheralm

„Für mich die beste Form von Urlaub“

Elisabeth F. erzählt: "Manche Leute verstehen nicht, wieso ich mir fürs Arbeiten freinehme, aber für mich ist das die beste Form von Urlaub – es gibt nichts Schöneres.“ Auch Antonia Isola, die das Bergwaldprojekt auf der St. Jober–Sigmontitscher Alm nun zum dritten Mal in Folge leitet, ist mit großer Leidenschaft dabei: „Die Teilnehmer geben mir so viel Energie und die unterschiedlichen Fähigkeiten, die dabei von den Leuten zusammenkommen, machen das Projekt irrsinnig spannend und wertvoll.“

Generationenübergreifendes Arbeiten verbindet

Altersobergrenze für die Teilnehmenden gibt es keine. So ist heuer die jüngste Teilnehmerin 23 Jahre alt und die älteste 69. "Es ist richtig berührend, was hier für generationsübergreifende Gemeinschaften entstehen und wie viel Spaß wir miteinander haben, obwohl der Altersunterschied groß ist. Aber da draußen im Almgelände bei der Arbeit sind wir alle gleich. Wir schwitzen, plaudern, lachen und sind am Ende des Tages alle hungrig und müde und das ist irgendwie wunderschön“, erzählt Juliana Kinnl, die diesjährig jüngste Teilnehmerin des Projekts.

Ein verdientes High Five zwischen Landwirt Fridrich und Juliana
Juliana Kinnl

Almbauer: „Allein bräuchten wir eine Woche“

An bezahlte Arbeitskräfte ist nicht zu denken, denn für die Bewirtschaftung und Erhaltung der Weideflächen gibt es keine finanzielle Unterstützung oder Entschädigung. Daher spielt die Hilfe der Freiwilligen bei der Almpflege eine äußerst wichtige Rolle: „Für das, was wir mit den Freiwilligen gemeinsam an einem Tag schaffen, bräuchten wir allein eine Woche“, sagt Almbauer Friedrich Stele. Er ist einer der lokalen Landwirte, der die Woche mit den Freiwilligen in den Steilhängen verbringt.

Valentin aus München sticht Germer aus
Antonia Isola
Die Krautpflanze Germer ist für Kühe giftig und wird deshalb entfernt

Großer Dank für große Hilfe

Mittlerweile hat das Bergwaldprojekt des Alpenvereins zum fünften Mal auf dem 1.600 Meter hoch liegenden Almgelände stattgefunden. Die rund 90 Hektar Land, die zum St. Jober–Sigmontitscher Almgebiet gehören, sind im Besitz der Bundesforste, gepflegt wird das Land jedoch von den Anteilhaberinnen der Alm. Für die Motivation und Bereitschaft der Freiwilligen, kräftig mit anzupacken, sind die Almbauern sehr dankbar.