100er Tempolimit nach IG-Luft im Unterland
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Umweltanwälte fordern Tempo 100/80

Die Kärntner Umweltanwaltschaft fordert von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen und Freilandstraßen auf 100 bzw. 80 km/h – nur so könne die Energiewende gelingen.

Die Umweltanwaltschaft ließ am Mittwoch mit ihrem Vorschlag zur Temporeduktion auf Freilandstraßen und Autobahnen aufhorchen. Die Begründung: Gas sei teuer und die Verfügbarkeit von Russlands Willkür abhängig, die Dieselversorgung wackle, und auch die Klimakatastrophe drohe. Außerdem soll bekanntlich auch in der Industrie vermehrt Erdöl als Ersatz für Erdgas verwendet werden. Gleichzeitig gebe es beim Verkehr jährliche Zunahmen beim CO2-Ausstoß.

Sparen ohne Wohlstandsverlust

Das „Dossier Energie einsparen“, eine Greenpeace-Analyse, ortet Einsparpotenziale von 45 Prozent ohne Wohlstandsverlust und empfiehlt als erstes eine Temporeduktion im Verkehr, da hier sogar ein Einsparpotenzial von 66 Prozent besteht.

25 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß jährlich

25 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß werden durch den Verkehr jährlich verursacht. Österreich sei neben Deutschland eines von nur noch zwei europäischen Ländern, die noch eine Geschwindigkeit von 100 km/h auf Landstraßen zulassen, alle anderen Länder hätten Tempo 80 bzw. 90 verordnet. Daher sollte sich Österreich sofort mit 80 km/h auf Landstraßen anschließen. Auf Autobahnen werde Tempo 100 empfohlen, das ergäbe laut Umweltbundesamt eine deutliche Einsparung beim Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen (-23 Prozent), eine Verringerung des Stickoxidausstoßes um die Hälfte und der Feinstaubbildung um ein Drittel.

Temporeduktion: „Wann, wenn nicht jetzt?“

Für den Kärntner Naturschutzbeirat hieß es in einer Aussendung von Umweltanwalt Rudolf Auernig: „Wir fordern die zuständige Bundesministerin Gewessler auf, eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten auf Autobahnen und Freilandstraßen auf 100 bzw. 80 Kilometer pro Stunde unverzüglich in Angriff zu nehmen. Wann, wenn nicht jetzt, bietet sich eine generelle – zeitlich begrenzte? – Temporeduktion wie selbstverständlich an und würde auch von einer Mehrheit mitgetragen werden.“

Co2 Ausstoß Österreich
Verkehrsclub Österreich

Umweltanwalt: Gelinderes Mittel als „Windkraftmonster“

Außerdem sei die österreichische Klima- und Energiestrategie („Mission 2030“) sofort umzusetzen. Alle Einsparpotenziale seien zu analysieren, zu kommunizieren und umzusetzen, bevor man mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger „die letzten freifließenden Bäche verbetoniere, wertvolle Freiflächen unter schwarzen Platten begrabe und die sensible Alpinzone mit Windkraftmonstern verbaue“, wie es weiter in der Aussendung heißt.

„Nur wenn man es schafft, den Energieverbrauch um die Hälfte zu reduzieren, hat man eine Chance, den Rest mit ökologisch verträglichen erneuerbaren Energiequellen bereitzustellen.“

Zusatzeffekt: Weniger Verkehrstote

Die Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeiten bedeute gleichzeitig auch weniger schwere Unfälle, weniger Lärm, längere Lebensdauer der Autos und weniger Stau: Von 344 Verkehrstoten in Österreich im Jahr 2020 seien 100 auf überhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen. Eine Reduktion der Geschwindigkeit auf 100/80 habe das Potenzial, die Verkehrstoten und Schwerverletzten um die Hälfte zu senken, wie das Beispiel Schweden zeige. In der Schweiz sei die engmaschige Kontrolle bereits Standard mit dem Resultat, dass bei annähernd gleich vielen Einwohnern die Anzahl der Verkehrstoten nur halb so groß sei wie in Österreich. Ergänzend dazu sei die Verlagerung der Warentransporte auf die Schiene nach dem Vorbild der Schweiz unbedingt voranzutreiben.

Schuschnig: „Absurde Idee“

Verkehrslandesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) sagte, dass er das in der jetzigen Zeit für eine absurde und überzogene Forderung und ideologisch motiviert halte. Schuschnig würde sich eher den Ausbau von Alternativenergie wünsche, hier sei es egal, ob das Wasserkraft, PV-Anlagen oder die generelle Infrastruktur sei. „Als Nächstes wird dann vielleicht die Forderung kommen, wann jemand seine Waschmaschine einschalten darf, um den Stromverbrauch entsprechend zu senken“, so Schuschnig.

FPÖ und Team Kärnten sehen Belastung für Bürger

„Massive Ablehnung“ kommt laut eigenen Angaben von der FPÖ Kärnten. „Wir lehnen diese Forderung der Kärntner Umweltanwaltschaft, aber auch vieler Grüner dezidiert ab. Die gescheiterte Sanktions- und Klimapolitik der Bundesregierung darf nicht zu Lasten der Bürger gehen“, so der Kärntner FPÖ-Obmann Erwin Angerer.

Die Klimabilanz von Verbrennungsmotoren habe sich in den vergangenen Jahren stark verbessert, hieß es von Team-Kärnten-Obmann Gerhard Köfer. „Der Autofahrer wird aber an den Pranger gestellt und freie Fahrt für niemanden zum wichtigsten Ziel erklärt. Das werden wir nicht akzeptieren.“ Viel wichtiger wäre es, den Ausbau von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energie maßgeblich zu beschleunigen.