Flachs
ORF/Ceesay
ORF/Ceesay
Kutur

Ferlach entdeckt Naturstoff Flachs

Im Kultur- und Handwerkshaus in Ferlach soll altes Handwerk bewahrt und gelebt werden. Im Zentrum stehen die Weitergabe von altem Wissen und die Verarbeitung von Wolle und Flachs. Der Anbau und die Verarbeitung von Flachs benötigt zahlreiche Schritte, bevor das fertige Leinen oder Leinsamenöl genutzt werden kann.

Flachs (Gemeiner Lein) hat in Kärnten Tradition. Er wurde früher auf vielen Höfen angebaut und dann zu Leinen verarbeitet, um daraus Kleidung zu nähen. Susanne Aigner vom Kultur- und Handwerkshaus in Ferlach: „Spannend ist, dass das Leinen unmittelbar nach der Produktion sehr hart und rau und braun ist. Auf den großen Höfen haben das neue Leinen deswegen die Knechte und die Mägde als Leintuch bekommen. Und erst wenn es durch das Waschen weicher und heller geworden ist, ist es in der Hierarchie nach oben gestiegen.“

Flachsfeld
ORF/Ceesay
Flachsfeld mit blauen Blüten in Ferlach

Ernte Ende Juli

Die Samen für den Anbau wurden an verschiedenen Orten geerntet, wie zum Beispiel auf einem Flachsacker des Freilichtmuseums in Maria Saal. Die Betreiberinnen des Kultur- und Handwerkshauses haben Flachs bereits zum zweiten Mal im Garten angebaut.

„Ende April, Anfang Mai wurde der Flachs gepflanzt. Er braucht in der Regel 90 Tage, bis er dann fertig für die Ernte ist. Jetzt blüht er schon sehr schön, meist in der Früh oder am Vormittag. Sobald die Sonne drauf scheint, schließt er seine Blüten“, sagte Britt Egger. Sie betreibt das Kultur- und Handwerkshaus gemeinsam mit Susanne Aigner und Monika Pegam.

Flachs Pflanze
ORF/Ceesay
Blühende Flachspflanze

In Fruchtkapseln sind die Leinsamen

Da es heuer im Mai recht trocken war und die Pflanze Feuchtigkeit braucht, musste der Lein regelmäßig gegossen werden. Anfang Juli ist dann die Pflanze fast 50 Zentimeter groß und blüht in einem schönen Blau. Ausgewachsen ist die Pflanze zwischen 50 und 80 Zentimeter hoch. Die Früchte sind kleine Kapseln, in denen sich der Leinsamen befindet.

Susanne Aigner mit geerntetem Flachs
Britt Egger
Susanne Aigner mit dem geernteten Flachs

Pfanze wird bei Ernte ausgerissen

Egger weiter dazu: „Der Flachs ist erntereif nach Abschluss der Blüte, wenn sich der Stängel zu verfärben beginnt. Es gibt verschieden Reifegrade, die dann auch die Farbe des Leinens ein bisschen bestimmen. Man sagt da, es gibt eine Braun-, Grün- oder Goldernte. Ich persönlich mag es am liebsten, wenn er goldig ist.“

Die Pflanze wird geerntet, wenn sie beginnt abzusterben, aber noch grüne Reste hat. Man schneidet den Flachs nicht, sondern reißt ihn samt der Wurzel aus und legt ihn an Ort und Stelle hin, um ihn weiter zu „rösten“, sagte Susanne Aigner. Dadurch sollen die Fasern aufgebrochen werden. Die weicheren Teile verrotten, die Leitbündel bleiben bestehen und können dann leicht weiterverarbeitet werden.

Britt Egger Monika Pegam Susanne Aigner beim Brecheln des Flachs
Britt Egger
Die drei Betreiberinnen des Handwerkshauses beim Brecheln von Flachs (Britt Egger, Monika Pegam und Susanne Aigner v.l.n.r.)

Jeder Teil der Pflanze kann genutzt werden

Beim Dreschen wird dann so lange auf die Flachspflanzen eingedroschen, bis die Leinsamen aus der Kapsel fallen. Die Reste (Spelzen) können als Mulchmateraial im Garten oder als Einstreu im Hühnerstall verwendet werden. Die Leinsamen können zu Mehl gemahlen werden oder man gewinnt daraus Öl. Susanne Aigner: „Das ist eigentlich das Geniale an der Pflanze, dass man jeden Teil davon nutzen kann.“

Nach dem Dreschen folgt das Brecheln der Stängel. Zu dem Vorgang des Brechelns zählen das Rösten des Flachses sowie das Aufbrechen („brecheln“). Hierbei wird die harte, äußere Hülle der Flachstengel in der Brechel – ein tischhohes Holzgestell mit beweglicher Holzklinge – eingelegt und gebrechelt bis die blonden Flachsfasern freigelegt sind. „Das Gerät kennen viele wahrscheinlich noch von Dachböden oder alten Bauernhöfen“, sagt Aigner.

Flachs
ORF/Ceesay
Der Hechel ist ein mit Nägeln besetztes Holzbrett

Vor dem Weben durch „Hecheln“ gereinigt

Im Anschluss werden die Flachsbüscherln noch durch die Hechel – ein mit spitzen Nägeln besetztes Holzbrett – gezogen, um diese von Holzteilchen und groben Schmutz zu säubern. Aus den groben, kurzen Fasern, dem Werg, wurden früher Putzfetzen, so genannte Stallleinen weiterverarbeitet.

Die gewonnen feinen Fäden werden zu einem Faden gesponnen, der dann verwebt wird. Wichtig beim Weben ist, dass eine hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, weil die Faser so sperrig ist, sagt Aigner: „Wenn das feucht verwebt wird, ist es etwas schmiegsamer. Früher war das ein großes Problem. Die Weber haben wegen der feuchten Bedingungen, unter denen sie arbeiten mussten oft unter Rheumatismus und anderen Krankheiten gelitten. Das war eine sehr schwere Arbeit.“

Bedruckter Flachsstoff
ORF/Ceesay
Bedrucktes Leinen aus dem Ferlacher Handwerkshaus

Sonne bleichte das neue Leinen

Leinen wurde früher in der Sonne gebleicht, so Aigner: „Wir haben das Glück gehabt, dass wir immer wieder Leute kennen lernen, die das früher gemacht haben. Eine alte Dame aus dem Rosental hat erzählt, dass sie früher das fertige Leinen zum Bleichen immer Untertags in die Sonne gelegt haben und es dann am Abend wieder weggeräumt haben, weil es so wertvoll war, dass es sonst gestohlen worden wäre.“

Das Leinen wird im Kultur- und Handwerkshaus in Ferlach auch gefärbt und bedruckt, sagte Monika Pegam: „Das ist eine besonders schöne Tätigkeit, bei der man verschiedene Techniken anwenden kann. Man kann alte Holzmodel und verschiedene traditionelle Muster verwenden oder auch selber Model schnitzen.“