Der Mittelkärntner Raum – vor allem Feldkirchen und die Bezirke Villach und Villach-Land – war in der Nacht besonders von den Unwettern betroffen. Besonders schlimm war die Lage im Gegendtal.
Der Pöllinger Bach und der Treffner Bach traten an mehreren Stellen über die Ufer. Es gab Hochwasser wie zuletzt vor 30 Jahren. Das Wasser führte Schlamm, Geröll und Baumstämme mit.
Um 3.30 Uhr wurde in der Gemeinde Treffen am Ossiacher See eine Zivilschutzwarnung ausgelöst, die später zu einem Zivilschutzalarm erweitert wurde. Mehrere Muren waren dort abgegangen und trafen Häuser. 7.500 Haushalte rund um Villach und im Gegendtal waren Mittwochfrüh noch ohne Strom.
Häuser bis Entspannung der Lage nicht verlassen
Das Gebiet um Treffen am Ossiacher See stand am Vormittag komplett unter Wasser. Gemeinde-, Landes- und Bundesstraßen wurden verlegt. Vor allem die Ortschaften Winklern, Afritz, Äußere Einöde, Klamm und Töbring waren betroffen. Die Menschen wurden angewiesen, sich im ersten Stock ihrer Häuser in Sicherheit zu begeben und abzuwarten, bis sich die Situation entspannt. Laut Landesalarm- und Warnzentrale halten sich aber manche nicht daran. Sich in den betroffenen Gebieten zu bewegen sei sehr gefährlich, warnen die Einsatzkräfte, die zurzeit darum bemüht sind, zu den eingeschlossenen Haushalten vorzudringen.
In einer Garage in Treffen, die voller Schutt ist, hielten die Einsatzkräfte am späten Vormittag Nachschau, ob sich dort noch Menschen befinden. Eine Person wurde unverletzt aus den Trümmern gerettet. Auch der Landesgeologe flog mit dem Hubschrauber über das Unwettergebiet, um die Lage neu zu bewerten. Gleichzeitig werden Versorgungsflüge mit Aggregaten, Lebensmitteln und medizinischen Produkten geplant.
Bildungsdirektorin Isabella Penz sagte gegenüber dem ORF Kärnten, die Schülerinnen und Schüler in den betroffenen Gebieten sind vom Unterricht entschuldigt.
Hochwasser wie zuletzt vor 30 Jahren
Bürgermeister Klaus Glanznig sagte, die Einsatzkräfte von Bundesheer, Rotem Kreuz, Berg- und Wasserrettung sowie der Feuerwehren würden entsprechend aufgeteilt. Es gehe darum, möglichst rasch verschlammte und mit Steinen verlegte Straßen zu räumen. Diese seien vielfach nicht mit Fahrzeugen befahrbar, so Glanznig. Verstärkung sei im Anrücken. Auch die Pioniere in Villach unterstützen den Einsatz.
Personen mit Hubschrauber in Sicherheit gebracht
Die Besatzung des Polizeihubschraubers konnte in der Früh neun eingeschlossene Menschen aus den betroffenen Gebieten ausfliegen. Alle blieben unverletzt, bestätigte Pilot Stefan Pichler von der Flugpolizei: „Sie befanden sich großteils noch in den Gebäuden, die überflutet und vom Schlamm bedeckt sind. Wir haben sie gemeinsam mit der Wasser- und Bergrettung geborgen, zum Hubschrauber gebracht und dann in Sicherheit geflogen.“ Eine Person wurde auch unter Gebäudetrümmern gefunden.
Zivilschutzalarm auch in Arriach
Auch in Arriach war Mittwochfrüh gegen 5.30 Uhr ein dreiminütiger Sirenendauerton zu hören, der für eine Zivilschutzwarnung steht. Um kurz vor 6.00 Uhr wurde er zu einem Zivilschutzalarm ausgeweitet. Auch dort wurden die Menschen angewiesen, zu Hause zu bleiben und dort Schutz zu suchen. Die Gefahr durch reißende Bäche ist sehr groß. Der Ort ist derzeit von der Umwelt abgeschnitten. Es werde versucht, sich mit dem Bundesheer einen Weg zu bahnen. Auch mit dem Polizeihubschrauber wurden Erkundungs- und Evakuierungsflüge durchgeführt.
Meldungen von vermissten Personen
Bezirkshauptmann Bernd Riepan sagte nach der jüngsten Sitzung des Krisenstabes: „Wir haben Informationen und Bilder von Personen, die sich in den eingeschlossenen Gebieten aufhalten, bekommen. Es ist extrem schwierig, weil diese Orte von außen derzeit nicht zugänglich sind. Straßen sind verklaust. Wir versuchen, mit dem Hubschrauber einen Überblick über die Lage zu bekommen, um schnellstmöglich allfällige Menschenrettungen vornehmen zu können.“ Diese hätten oberste Priorität, so der Bezirkshauptmann. Es gebe auch Meldungen von vermissten Personen, denen nachgegangen werde.
Heftige Unwetter in Kärnten
Kärnten war in der Nacht zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit von starken Gewittern betroffen. Es wurden schwere Schäden angerichtet.
Nicht nur Treffen, auch sämtliche Gräben im Einzugsgebiet sowie die umliegenden Berghänge sind von Murenabgängen betroffen, so Riepan: „Die starken Regenfälle haben unglaublich viel Geschiebe heruntergebracht. Die Erkundung durch das Bundesheer und den Hubschrauber werden hoffentlich nähere Details bringen.“ Von starken Regenfällen war auch das obere Gurktal betroffen. Kipplastfahrzeuge und Bagger stehen im Einsatz, um mit den Aufräumarbeiten zu beginnen.
Straßensperren
- B98, Millstätter Straße, zwischen Treffen und Klamm: Die Fahrbahn ist überflutet. Sie werden über Krastal umgeleitet.
- Die Ossiacherbahnstrecke ist zwischen Feldkirchen und Villach unterbrochen. Die Gleisanlagen sind überschwemmt. Es fahren ersatzweise Busse.
Im Radio Kärnten Verkehrsservice werden Sie regelmäßig über die aktuelle Lage auf Kärntens Straßen informiert.
Hundertjährliches Hochwasser
Für das Gegendtal spricht Johannes Moser vom Hydrologischen Dienst von einem „hundertjährlichen Hochwasser“: „Der Pegel des Afritzer Baches in der Einöde entsprach gegen 3.00 Uhr jenem eines dreißigjährlichen Hochwassers. Es dürfte sogar noch etwas drüber sein.“ Auch beim Treffnerbach in Töbring und dem Afritzer Bach kamen ähnliche Wassermengen zustande. „Zusätzlich kam es zu einer erheblichen Ausuferung des Pegels. Ich neige daher dazu zu sagen, dass es ein hundertjährliches Hochwasser war.“
Auch an der Oberen Gurk bei Maitratten wurde ein dreißigjährliches Hochwasser registriert, so der Experte: „Es nahm aber nach unten hin ab, weil es die Niederschläge nur in diesem konzentrierten Bereich über Treffen, Villach, Arriach, Oberes Gurktal, Gnesau gab. Wir hoffen, dass sich die Hochwasserfälle der Oberen Gurk nicht nach unten hin vergrößern und dass es zu keinen Problemen in Straßburg oder Gurk kommt“, so Moser.
Extreme Regenmengen
In einigen Regionen regnete es in wenigen Stunden rund hundert Liter pro Quadratmeter.
„Die Gewitter in der Nacht auf Mittwoch brachten in nur drei bis vier Stunden in Flattnitz, in den Gurktaler Alpen, 93 Liter Regen pro Quadratmeter. In Villach waren es 97 Liter und in Arriach, in den Nockbergen, sogar 118 Liter pro Quadratmeter“, sagt Gerhard Hohenwarter von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Klagenfurt. „Damit hat es in nur wenigen Stunden so viel geregnet wie in einem durchschnittlichen gesamten Juni.“
Seit Messbeginn der jeweiligen Wetterstation gab es noch nie so große Regenmengen in so kurzer Zeit. In Villach wird seit 1930 gemessen, in Flattnitz seit 1971 und in Arriach seit 1990. „Statistisch gesehen kann man von einem Ereignis sprechen, das ungefähr alle 100 Jahre zu erwarten ist“, sagte auch der ZAMG-Meteorologe.
Die Gewitter brachten stellenweise auch heftige Sturmböen. Dienstagabend wurden zum Beispiel in Arriach 128 km/h gemessen.
Situation bleibt angespannt
Am Mittwoch entstehen im Gebiet von Kärnten und der Steiermark bis Ober- und Niederösterreich noch weitere Regenschauer und teils kräftige Gewitter, vereinzelt auch in anderen Regionen. Die Regenmengen sollten nicht mehr so extrem sein wie in der Nacht, aber wegen der teils schon gesättigten Böden sind weitere Muren und kleinräumige Überschwemmungen nicht ausgeschlossen. Nach aktuellem Stand der Prognose beruhigt sich das Wetter am Donnerstag zeitweise, bevor es am Freitag zu neuerlichen Regenschauern und Gewittern kommt.
Starkes Gewitter bereits am Dienstag
Nach der extremen Hitze am Dienstag mit Temperaturen von bis zu 34 Grad entluden sich in Oberkärnten heftige Gewitter. Das Unwetter bildete sich zwischen dem Kanaltal und dem Westen von Slowenien und fegte dann über weite Teile Kärntens hinweg. Vor allem im Raum Villach ging ein starkes Gewitter nieder. In Arriach wurde eine Orkanböe mit 128,5 km/h Windstärke gemessen.
In einer Stunde kam es in Kärnten zu 150 Feuerwehreinsätzen, die meisten davon gehen auf Sturmschäden zurück. In der Tafernerstraße in Villach wurde das Dach eines Mehrparteienhaus zum Teil abgedeckt.

Zahlreiche Haushalte ohne Strom
Wegen umgestürzter Bäume waren in Kärnten zahlreiche Straßen unbefahrbar und gesperrt. So war etwa Bad Kleinkirchheim ganz abgeschnitten und die Zufahrt gesperrt. Zudem war am Abend auch die Karawankenbahn zwischen Faak und Jesenice in Slowenien unterbrochen wegen einer beschädigten Oberleitung. Für die S-Bahnen wurde zwischen Faak und Rosenbach ein Schienenersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Fernzüge warten die Dauer der Sperre ab.
Umgestürzter Baum über einer Straße in Villach
Laut KELAG waren auch von der Turrach über Villach und Feldkirchen am Dienstagabend rund 6.000 Haushalte ohne Strom. Am Mittwoch waren es in Arriach, Treffen, Hüttenberg und Eberstein noch rund 2.900.