PC-Motherboard mit Totenkopf auf dem CPU-Sockel
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Chronik

Betrug über Telefon immer dreister

Während die gewohnte Kriminalität Jahr für Jahr zurückgeht, gibt es bei der Cyber-Kriminalität Steigerungsraten von mehreren tausend Prozent, seit die ersten Fälle verzeichnet worden sind. Opfer sind nicht nur ältere Personen. Auch eine Villacher Studentin wurde Opfer von Identitätsdieben und will nun andere warnen.

Larissa Schindler sitzt die Angst noch immer im Nacken. Die Studentin erholt sich im Elternhaus in Villach vom Schock ihres Lebens. Die 20-Jährige fiel vorige Woche Telefonbetrügern zum Opfer, die nicht nur so gut wie alles über sie zu wissen schienen, sondern auch mit Gewalt drohten. Schindler: „Als Student mit 20 Jahren glaubt man, da fällt man selbst nie hinein, aber leider trügt der Schein.“

Betrugsopfer Larissa Schindler
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Betrugsopfer Larissa Schindler

Täter drohten mit Gewalt

Die Erpresser gaben sich zuerst als Interpolbeamte aus und sagten, dass Larissas Identität bei ihrem Wienbesuch vor drei Wochen gestohlen worden sei. Nun würden unter ihrem Namen Straftaten verübt, gaben die Täter vor. Als die Studentin den Fake-Anruf durchschaute, wechselten die Täter die Taktik und bauten ein Bedrohungsszenario auf.

Die Täter kannten ihre Adresse, sagt Larissa Schindler und sie drohten ihr einen Besuch an, falls sie ihren Forderungen nicht Folge leisten wolle: „Sie drohten, dass sie bewaffnet vor meiner Haustüre stehen, wenn ich nicht folge und dass sie dann nicht dafür garantieren können, dass mir nichts passiert.“

ORF-Redakteurin Barbara Frank und Betrugsopfer Larissa Schindler auf einer Sitzgarnitur
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Larissa Schindler (rechts) schildert ORF-Redakteurin Barbara Frank ihre Erfahrungen mit den Betrügern

Unbekannte wussten über ihr Opfer Bescheid

Schindler: "Innerhalb von zwei bis drei Minuten hat mir der Herr auf Englisch erklärt, was er alles über mich weiß: Dass ich studiere und wo ich studiere, wie ich heiße, wie alt ich bin, wo mein Hauptwohnsitz ist, wo ich im Moment wohne und bei welcher Bank ich bin.

Unter anderem wussten die Täter auch ihre Führerscheinnummer und die Nummer ihres Personalausweises, sagt Schindler: „Das habe ich dann selbst überprüft.“

Betrugsopfer Larissa Schindler beim telefonieren
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Während des Telefonats sah sich Larisa Schindler plötzlich Gewalt-Drohungen ausgesetzt

Opfer war allein zu Hause

Dass Larissa Schindler die Masche irgendwann durchschaute, half der 20-Jährigen nicht, denn sie war alleine. Auch Nachbarn, die sie um Hilfe hätte bitten können, waren nicht zu Hause. Sie überwies den Tätern 700 Euro in Form von Internet-Gutscheinen. Dann ging sie zur Polizei.

Wie die Täter aber von ihrem Wienaufenthalt erfahren haben, ist für die Studentin immer noch ein Rätsel. Sie fürchtet, beobachtet worden zu sein und möchte andere warnen: „Ich schäme mich ja, dass ich mich darauf eingelassen und Geld gezahlt habe. Aber ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man da drüber steht und die Information der Polizei weiter gibt. Das hilft anderen und das hilft vielleicht auch dabei, selbst mit dem Trauma fertig zu werden“, sagt Larissa Schindler.

Der Leiter der  IT-Beweismittelsicherung der Kärntner Kriminalpolizei Christian Baumgartner an seinem Schreibtisch
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Die IT-Beweismittelsicherung der Kriminalpolizei verzeichnet enorme Zuwachsraten

Ein Drittel der Fälle wird aufgeklärt

Die Überweisung an die Täter ist nun eine mögliche Spur für die Ermittler. 30 Prozent der Cybercrime-Fälle können aufgeklärt werden. Doch die Fälle werden immer häufiger, das zeigt der vor wenigen Tagen veröffentlichte Cybercrime-Report zeigt. Jahr für Jahr gibt es Zuwächse von etwa 30 Prozent. 46.000 Fälle wurden 2021 österreichweit verzeichnet, sagte Christian Baumgartner, der Leiter der IT-Beweismittelsicherung im Landeskriminalamt: „Von Beginn der Aufzeichnungen bis heute haben wir Steigerungen von mehreren tausend Prozent verzeichnet.“

Der Leiter der  IT-Beweismittelsicherung der Kärntner Kriminalpolizei Christian Baumgartner
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Christian Baumgartner, der Leiter der IT-Beweismittelsicherung der Kriminalpolizei Kärnten

Täter stehlen alte Datenbanken

Die Täter kommen meist über gestohlene Daten an die Informationen über ihre Opfer, sagt Baumgartner: „Sehr häufig sind es gestohlene Datenbanken, etwa von alten Online-Shops oder Ähnlichem. Diese Datenbanken enthalten in der Regel sehr viele Daten, wie Namen, Adressen, Führerscheindaten und so weiter.“

Baumgartner rät, die eigenen Daten durch gute Passwörter zu schützen. Den Opfern von Betrügern rät er, alle elektronischen Geräte von einem Spezialisten auf Schadsoftware prüfen und sich gehackte Dokumente neu ausstellen zu lassen.