Turrini scherzt mit der Urkunde
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Kultur

Peter Turrini Ehrenbürger von Maria Saal

Peter Turrini ist neuer Ehrenbürger von Maria Saal. Die Verleihung erfolgte im Rahmen einer Sondergemeinderatssitzung. Ausgezeichnet wurde ein international bekannter Schriftsteller, der über seine Kindheit in Maria Saal auch sehr kritisch schrieb: Sie sei eine einzige Karambolage gewesen.

Fremd fühlte sich der Sohn eines italienischen Tischlers im Kärnten der 1950er Jahre. Für Peter Turrini ist die Ehrenbürgerschaft auch eine Versöhnung mit der Vergangenheit, wie er in seiner Rede am Donnerstag beim Festakt betonte: „Wie Sie merken, hänge ich an diesem Ort. Mit großer Ambivalenz, zwischen Fremdheit und Annäherung. Ich nehme diese Auszeichnung an, weil die Annäherung überwiegt und – wenn Sie so wollen – als Ausdruck einer Versöhnung in ohnehin so zerbrechlichen Zeiten.“

Peter Turrine bei seiner Dankesrede
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Dank an die Heimatgemeinde

Schonungslose Ehrlichkeit

Turrini ist ein Schriftsteller, der mit seiner Meinung nie hinter dem Berg hielt. Im Gedichtband „Ein paar Schritte zurück“ schrieb er über seine Kindheit und Jugend in Maria Saal. Schonungslos ehrlich machte er eine Kindheitswelt sichtbar, die wenig Platz hatte für den hochbegabten Buben mit dem italienischen Vater.

Peter Turrin neuer Ehrenbürger

„Die Wahrheit ist, dass ich mich als Kind und Jugendlicher in diesem Ort sehr ausgegrenzt gefühlt habe. In meinem Gedichtband habe ich diese Zeit und diese Gefühle beschrieben. Manche mögen dieses Buch. Als es vor Jahrzehnten erschien, gab es hier Abwehr und Zorn. Heute denke ich, dass diese Gedichte auch aus Trauer und Enttäuschung darüber entstanden sind, dass die dörfliche Kindheit in schönsten Momenten ein Paradies war, aus dem man irgendwann vertrieben wird. Wir schmähen ja, was uns endgültig verlassen hat.“

Peter Turrini bei der Laudatio
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Turrini während der Laudatio

Seit Jahrzehnten in Retz Zuhause

1963 ging Turrini nach Wien, seit vielen Jahren lebt der Schriftsteller in Retz. Der Ort, in dem seine Familie noch heute lebt, war immer in ihm. Manchmal war da die Sehnsucht nach einer Rückkehr, manchmal war er froh, dass er das Weite gesucht hatte: „Immer wieder fuhr ich nach Hause und betonte aber doch immer, dass meine Heimat die Literatur und nicht ein bestimmtes Land sei. Glauben Sie mir, das schmälert nicht meine Freude über die Auszeichnung. Vor allem über den zweiten Teil des Wortes, Bürger. Man kann ein Bewohner der Literatur sein und trotzdem einem Ort nahe sein.“

Franz Pfaller, dem Bürgermeister von Maria Saal, war die große Freude über den Ehrenbürger Peter Turrini ins Gesicht geschrieben. Für die Gemeinde und ihn als Bürgermeister sei es ein spannender Moment, ein Augenblick der Ehrung, die lange ausstehe, sagte er bei der Überreichung. Bereits 1999 hatte es einen Versuch gegeben, Peter Turrini die Ehrenbürgerschaft von Maria Saal zu verleihen.

Turrini trägt sich in das Buch der Stadt ein
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Eintragung in das Ehrenbuch der Gemeinde

Das Hässliche im Menschen aufgezeigt

Peter Turrini ist kein bequemer Schriftsteller. Er zeigte in Stücken wie „Rozznjogd“ oder „Sauschlachten“ all das Hässliche in den Menschen sehr direkt. Skandale waren lange Zeit an der Tagesordnung. Turrini machte trotzdem weiter und schrieb auch weiter. Auszeichnungen nahm er in seinem Leben nur sehr wenige an. Die Ehrenbürgerschaft von Maria Saal ist eine dieser Ausnahmen.

Turrini steht für eine Haltung zur Welt und zu anderen Menschen, die heute selten geworden ist. Der Schriftsteller beklagt auch, dass die Menschen zu wenig offen und ehrlich miteinander reden. Zu oft würde die Hölle in den anderen gesucht und nicht in sich selbst. „Je älter ich werde und je länger ich als Schreibender diese oft mühsame Archäologie der menschlichen Seele betreibe, desto vertrauter erscheinen mir die Menschen mit ihren Sehnsüchten, Wünschen und Abgründen. Wir sollten in anderen weniger das Fremde sondern mehr unsere eigene Widerspieglung sehen. Wir sind einander ähnlicher, als wir es gerne hätten.“

„Den anderen in Schönheit und Leid warnehmen“

Die Auseinandersetzung mit der Wahrheit beschäftigte Turrini Zeit seines Lebens. Als Kind lernte er etwas anderes und schrieb darüber: „Es ist schwer, die Wahrheit zu sagen, wenn man gelernt hat, mit Freundlichkeit zu überleben". Turrini sagte, er glaube, die größte Errungenschaft des Menschen bestehe darin, den anderen in seiner Schönheit und in seinem Leid wahrzunehmen.“

Kulturreferent Peter Kaiser (SPÖ) brachte es auf den Punkt, worum es Peter Turrini geht: „Das Unbequemsein, Unbequemes auszusprechen und zu Papier zu bringen. Dass das Unteilbare an Menschenrechten nicht das Privileg von Reichen sein darf sondern allen Menschen zugute kommen muss.“

Danke an Freunde und Eltern

Turrini weiß aber auch, dass er Menschen in Maria Saal sehr viel zu verdanken hat. Am Tonhof von Maja und Gerhard Lampersberg fand er eine zweite Heimat , der er in dem Stück „Bei Einbruch der Dunkelheit“ ein literarisches Denkmal setzte. Er dankte beiden, dass sie ihm vor vielen Jahren Mut gemacht hatten, den Weg in die Literatur zu wagen. Er sage seinen Eltern immer öfter, was er ihnen zu verdanken habe, auch, wenn er es ihnen nicht mehr sagen kann.