Johann Feilachers rote Skulpturen
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Kultur

MillstART will zum Staunen anregen

Bis 7. Oktober findet in Millstatt wieder die MillstART statt, die große Kunstaustellung im Stift. 30 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Werke unter dem heurigen Motto „SinNE“. Die Kunst soll somit alle Sinne ansprechen, dazu den 6. Sinn, das Staunen.

Kunst kann auch duften. Die riesigen Holzskulpturen von Johann Feilacher sind noch so neu, dass einem der Geruch des Fichtenholzes auf der Wiese hinter dem Stift in die Nase steigt. Der Kärntner Künstler will den ganzen Raum mit seinen Skulpturen bespielen. Sie entstanden aus Bäumen mit einem Durchmesser von 160 Zentimetern: „Wir haben einen veränderten, überdimensionieren roten Faustkeil, wir haben eine eckige Kugel, eine Röhre, alles, was in der Natur auftaucht oder in den ersten Funktionen des Menschen da ist.“

Skulptur in Blau im Stiftsgarten von Johann Feilacher
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Skulptur von Johann Feilacher

Holz fasziniert Feilacher schon seit seiner Kindheit. Anfangs waren es noch kleinere Skulpturen, dann führte der Zufall Regie. Einer der Käufer des Künstlers lebt in England. Auf dessen Anwesen warf der Sturm eines Tages zwei Meter dicke Zedern um. Damit sie erhalten bleiben, wurden sie zu den ersten großen Skulpturen des gebürtigen Villachers.

Johann Feilacher
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Johann Feilacher

Glatte Oberflächen bei Mario Dalpra

Ganz anders sind die Skulpturen des gebürtigen Vorarlbergers Mario Dalpra. Die Oberflächen sind oft glatt und bunt. Die Pandemie ging auch an diesem Künstler nicht spurlos vorüber. Im Innenhof des Stifts steht neben der uralten Linde „Die Denkerin“. Eine überlebensgroße Figur mit einem grazilen Körper und einem riesigen Kopf, so Dalpra: „Ich habe eine Serie entwickelt, die ich ‚Overloaded minds‘ genannt habe. Da ist die Denkerin auch entstanden, die jetzt sehr optimistisch in den Himmel hinausschaut. Die anderen haben eher überhängende, belastete Gedanken aufgrund der Coronazeit.“

Skulptur von Mario Dalpra
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Skulptur „Die Denkerin“ von Mario Dalpra

Türen öffnen

Völlig abstrakt und vielleicht ein türkises Meerwesen ist Dalpras Skulptur in einem winzigen Raum an der Außenwand des Stifts. Eine Türe, die sonst immer geschlossen ist, steht plötzlich offen. Mit zeitgenössischer Kunst will auch Kuratorin Tanja Prusnik Türen öffnen. Mit ihren eigenen Arbeiten setzt sie auch auf Sinne und vor allem auf weibliche Themen, die sonst zu wenig zur Sprache kommen. Die Farbe Rot ist allen diesen Arbeiten gemeinsam.

Tanja Prusnik
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Tanja Prusnik

Da steht ein weißer Paravent und quer darüber ergießt sich die rote Farbe wie Blut: „Es hat durchaus etwas Positives, Lebensbejahendes und Lebengebendes an sich. Es hat auch den feministischen Ansatz und beschäftigt sich in der Entwicklung der Serie mit der Rolle der Frau. Sowohl in den Arbeiten des Backens, zurück an den Herd als auch in der Menstruationsblutung.“

Tanja Prusniks Paravent
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Paravent von Tanja Prusnik

Häkeln für neue Perspektive

Ein neues Leben gibt Barbara Bernsteiner den Objekten, die sie mit grauer Wolle umhäkelt. Altbekanntes wie ein kleiner Tisch sieht plötzlich ganz anders aus. Ein zerbrochenes Glas wird zu einer Skulptur. Die Künstlerin untersucht mit sehr wachem Blick, die Dingwelt in der sie lebt. Von grauer Wolle umhüllt wird eine runde Wanduhr zu einer Scheibe, die plötzlich ohne Sinn vor sich hintickt.

Umhäkelte Gegenstände von Barbara Bernsteiner
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Umhäkeltes von Barbara Bernsteiner

Schönheit mit Dornen

Nicht alles blind glauben, was man sieht, ist eine Erkenntnis, die man aus dieser Ausstellung durchaus mitnehmen kann. Die Tulpen auf Franziska Maderthaners Bild sind bezaubernd schön, der Hintergrund, vielleicht ein Fenster, ist wie verschwommen. Also doch keine perfekte Idylle. Während der Pandemie begann die Künstlerin in ihrem Atelier im Waldviertel, Tulpen zu malen. Großartige Bilder voll Schönheit. Eine Schönheit allerdings mit Dornen.

Das erzählt schon der Titel „Tulip Mania – Tulpenmanie". Franziska Maderthaner sagte, diese Tulpenmanie und die Spekulation mit Tulpen im 17. Jahrhundert lässt sich schön übertragen auf Spekulationen mit Kunst und Immobilien in der neoliberalen Gesellschaft. Vordergründig sehr schön aber mit starker gesellschaftspolitischer Aussage.“

Franziska Maderthaner
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Franziska Maderthaner mit Tulpen

Zwei weitere Bilder der Künstlerin sorgen dafür, dass man Orangen und Auberginen in Zukunft nie mehr mit einem unschuldigen Blick anschauen wird. Zwei Orangen, zwei Auberginen und ein straff gespannter Stoff reichen. „Dass sofort die Assoziation auftaucht, dass es sich um weibliche Brüste handelt, sehr üppige Brüste. Da ist etwas, was man heute nicht malen darf. Ich als weiße Frau darf keine Schwarzen Menschen malen und außerdem ist es sexistisch, Brüste zu malen. Aber es sind ja Orangen und Auberginen, denken Sie nichts Böses.“

Franziska Maderthaners Auberginen
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Auberginen von Franziska Maderthaner

Festhalten, was das Auge nicht sehen kann

In Zeiten der Pandemie veränderte sich auch für die Fotokünstlerin Sissa Micheli sehr viel. Auf das Atelier beschränkt, musste sie neue Möglichkeiten des Arbeitens finden. Vor einem schwarzen Hintergrund schwebt plastisch ein blau schimmernder Stoff. Von der Figur dahinter sind nur die Füße oder ein Arm zu sehen: „Man muss sich vorstellen, wer dahinter ist und das ist der Reiz. Es geht um die Vorstellungskraft. Was mich interessiert ist der ganz kurze fotografische Moment, aus der Bewegung etwas herauszureißen, ein Zweitausendstel einer Sekunde kann das Auge gar nicht wahrnehmen. Ich friere einen Moment ein.“

Sissa Micheli
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Sissa Micheli

Micheli geht es um das Auge aber auch um das Berührenwollen. Diese Fotografie erobert sich die dritte Dimension und wird zur Skulptur.