Laut Martin Riegler, Leiter im Reflux Medical Diagnose- und Therapiezentrum in Wien, führt der Rückfluss von saurem Mageninhalt in die Speiseröhre zu Reflux oder Sodbrennen. Die Ursache dafür sei, dass das Anti-Reflux-Ventil am Ausgang der Speiseröhre undicht sei. Dies könne einerseits genetisch vererbt sein oder im Laufe der Zeit erworben werden.
Differenziertes Beschwerdebild
Betroffene beschreiben ihre Beschwerden sehr unterschiedlich. Es komme zu Magenschmerzen, Übelkeit, Sodbrennen, Husten, Heiserkeit, Stimmverlust, Halsschmerzen oder das Gefühl, einen Knödel im Hals zu haben. Viele hätten auch das Gefühl, sich ständig räuspern zu müssen oder klagen über Ohrenschmerzen oder eine verstopfte Nase. „Zum Arzt sollte man gehen, wenn eine der angegebenen Beschwerden auftreten, vor allem wenn das nach dem Essen der Fall ist und sie beim Essen vergehen“, so Riegler. Durch Reflux und eine Funktionsstörung der Speiseröhre könne es auch zu Schluckstörungen kommen.
Lifestyle-Maßnahmen reichen oft für Genesung
Es sei davon abzuraten, über längere Zeiträume Magensäureblocker oder Medikamente einzunehmen, so der Mediziner. Eine Operation empfiehlt Riegler allerdings nur dann, wenn alle Ernährungsmaßnahmen und eine Therapie mit Medikamenten nicht ausreichen, um die Lebensqualität wieder herzustellen: „In 80 Prozent der Fälle lässt sich Reflux erfolgreich mit sogenannten Lifestyle-Maßnahmen behandeln. In 20 Prozent der Fälle gilt es, vorübergehend Medikamente einzusetzen.“
Neue Operationsmethode
Nur in etwa fünf Prozent der Fälle sei eine Operation bei Reflux zu empfehlen. Dabei werde der Zwerchfellbruch korrigiert und das Anti-Reflux-Ventil wieder hergestellt: „Ein Teil des Magens wird wie ein Schal um den Ausgang der Speiseröhre gewickelt oder man legt zur Abdichtung des Ausgangs der Speiseröhre ein Magnetband mit magnetisierten Titanperlen, die dann im Ruhezustand abdichten. Wenn das Essen daher kommt öffnen sie sich. So ist der Transport beim Essen gewährleistet.“
Bei einer neuen Operationsmethode werde ein Tennisball aus Kunststoff oberhalb der Einmündung der Speiseröhre in den Magen eingenäht. Das dichte den Ausgang der Speiseröhre von außen ab, so Riegler. Diese Technik komme bei Patienten mit einer hochgradigen Transportstörung der Speiseröhre zum Einsatz. Generell müsse man keine Angst vor solchen Eingriffen haben, wenn sie von erfahrenen Chirurgen durchgeführt und die Abklärung nach den modernsten Standards erfolge.
Ernährungstipps von Experten-Duo
Bei manchen Betroffenen liege das Problem an einem Übermaß an konzentriertem Zucker, so der Experte. Eine mögliche Hilfe ist in diesem Fall ein vorübergehender Verzicht auf Kohlenhydrate. Das ist leicht gesagt, aber in der täglichen Anwendung nicht so einfach. Das Buch „Richtig essen bei Reflux und Sodbrennen" zeigt, wie gesunde Ernährung ohne Kohlenhydrate funktioniert.
Es bietet zahlreiche Rezepte mit einer klar gegliederten Orientierung und erklärt, welche Nahrungsmittel in welcher Phase der Beschwerden gut tun. Die Autoren – Haubenköchin Andrea Grossmann aus Pörtschach und Reflux-Spezialist Martin Riegler – liefern dazu eine Fülle langjährig erprobter Tipps. Beiden ist es ein Anliegen, gegen Phantasielosigkeit in der Küche anzukämpfen.
Ungewohnte Arbeit für Haubenköchin
Grossmann sagte, sie blicke auf eine spannende Zusammenarbeit zurück, da sie sonst eher auf der Genussschiene unterwegs sei und es für sie ungewohnt war, mit einem medizinischen Experten zusammenzuarbeiten: „Ich habe am Anfang eine Liste bekommen, was die Patienten essen dürfen und habe mir gedacht, dass da nicht viel übrig bleibt. Wir haben zweieinhalb Jahre an dem ganzen Konzept gearbeitet. Wenn man sich wirklich damit beschäftigt und weiß, welche Produkte man nehmen darf, kann man sich wunderbar ernähren und tolle Gerichte machen. So entstand das Buch.“
Konzentrierten Zucker meiden
Im Speziellen ist es das Übermaß an konzentriertem Zucker, der sich heute in nahezu allen Nahrungsmitteln befindet und für Beschwerden sorgen kann. Ein vorübergehender Verzicht hilft vielen, auch ohne Arzneimittel beschwerdefrei zu werden: „Dass man Kohlenhydrate, Zucker und weißes Mehl weglassen muss ist weithin bekannt. Man muss aber auch Sachen weglassen, die aus der Erde kommen, denn sie enthalten konzentrierten Zucker. Bei dieser Ernährung geht es nicht um Fette, Kohlenhydrate und Eiweiß, sondern hier ist der konzentrierte Zucker eigentlich genau das, was man weglassen muss. Er ist in allen Produkten enthalten, die aus der Erde kommen, also zum Beispiel auch in Kartoffeln.“
Verträgliche Lebensmittel ansprechend präsentiert
Anfangs war das eine Herausforderung für die Haubenköchin: „Es war eine Umstellung und ich musste die Rezepte komplett anders konzipieren. Nicht wie bisher nach den Gesichtspunkten was Genuss ist oder zusammen passt, sondern hier ging es darum, was diese Patienten essen dürfen und was ihnen gut tut.“ Die Zutaten müssen außerdem regional und saisonal angebaut werden.
Wichtig ist auch noch, dass das Auge mitisst: „Das Gericht soll so gut wie möglich angerichtet werden. Wenn ich schon nicht mehr alles essen darf soll der Rest auch ordentlich präsentiert und so aufgeschnitten sein, dass es auch dem Auge schmeichelt.“