Henri Matisse, William Turner, Pablo Picasso: Mit diesen großen Namen lockte die Stadtturmgalerie in der Künstlerstadt Zehntausende Besucher an. Heuer gibt es etwas ganz anderes, aber auch sehr Spektakuläres: Kupferstiche von Maria Sibylla Merian aus Anlass ihres 375. Geburtstages. Merian war die Tochter des großen Meisters Matthäus Merian, der viele Städte europaweit sichtbar machte, unter anderem auch Spittal an der Drau und Villach.

In Männerwelt behauptet
Merian wurde zur Blumenmalerin und Kupferstecherin ausgebildet und zeigte schon als Kind eine Faszination für die kleinen Lebewesen – vor allem für die geheimnisvolle Metamorphose der Schmetterlinge, die ihr Lebenswerk prägten. 1679 erschien ihr „Raupenbuch“, dessen erster Band 51 Stiche zeigt. Fasziniert war Merian auch vom Zusammenleben verschiedener Arten mit Wirtspflanzen. Da etwa die Ölmalerei sowie generell wissenschaftliche Forschungen zu dieser Zeit ausschließlich Männern vorbehalten waren, kann man die künstlerischen wie naturwissenschaftlichen Leistungen Merians nicht hoch genug einschätzen.
„Sie ist eine revolutionäre, starke und ungewöhnliche Frau gewesen“, sagte Erika Schuster von der Kulturinitiative Gmünd. Sie sprengte alle Konventionen ihrer Zeit und lebte vor über 300 Jahren ein durchaus modernes Leben, so Schuster.

Die Biotopbilder aus Merians Hauptwerk „Metamorphosis Insectorum Surinamensium“, auf denen sie die Schmetterlinge samt ihren Eiern, Raupen und Verpuppungen auf ihren jeweiligen Wirtspflanzen abbildete und das 1705 erschien, zählen bis heute zum Schönsten, was es an Tier- und Pflanzendarstellungen in der Kunstgeschichte zu sehen gibt.
Merian gab Vogelspinne ihren Namen
Dass Merian für zwei Jahre nach Surinam in Südamerika reiste, um Studien zu betreiben, war damals ebenfalls höchst bemerkenswert. Ihr Bild von einer Spinne, die einen Vogelkadaver verspeist, führte zum Namen Vogelspinne.

Maria Sibylla Merian ist in der ganzen Welt bekannt und hat einen ausgezeichneten künstlerischen und naturwissenschaftlichen Ruf. Neben Angelika Kaufmann gilt sie als eine der wenigen Frauen, die sich nachhaltig in die Kunstgeschichte eingeschrieben haben. In Österreich wolle man sie jetzt auch bekannter machen, sagte Schuster.

Echte und gemalte Schmetterlinge
Die Ausstellung in Gmünd sei die bisher umfangreichste Merian-Ausstellung in Österreich, sie erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Kunstkabinett Strehler Sindelfingen, und dem Kunsthistorischen Museum Wien. Gezeigt wird eine umfassende Auswahl an Kupferstichen, Umdrucken und Aquarellen von Merian. Das Landesmuseum Kärnten steuerte Schmetterlinge bei, um dem Werk Merians die echten Tiere gegenüberzustellen. Besucht werden kann sie bis 2. Oktober in der Stadtturmgalerie in Gmünd.