Letzte Kundgebung vor Wahl in Laibach
ORF
ORF
Politik

Parlamentswahl in Slowenien

Die slowenische Parlamentswahl am Sonntag wird spannend. Umfragen lassen ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den ersten Platz zwischen der rechtskonservativen SDS des aktuellen Regierungschef Janez Jansa und der grün-liberalen Freiheitsbewegung (Gibanje Svoboda) des politischen Quereinsteigers Robert Golob erwarten.

Golob gilt mit seiner Partei Freiheitsbewegung als Hoffnungsträger all jener, die dem amtierenden Regierungschef Jansa einen autoritären Kurs vorwerfen. Unentschieden ist auch noch der Kampf um die hinteren Plätze, der für die Mehrheitsverhältnisse für eine stabile linksliberale Regierung unter der Freiheitsbewegung fast noch wichtiger sein wird.

Wie ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz berichtete, habe es von Jansa „wieder einmal“ kein Interview zur Wahl gegeben. In seinem Wahlkampf betonte er die Bedeutung von Kontinuität und Stabilität ohne Experimente. Im Wahlkampf Golobs geht es unter anderem um den Ausbau erneuerbarer Energie, ohne den Verzicht auf Atomkraft, um den Ausbau des Gesundheitssystems und um die Mediengesetzgebung.

Slowenien wählt neues Parlament

Slowenien wählt am Sonntag ein neues Parlament, 20 Parteien treten an. Erwartet wird ein knappes Rennen zwischen der Partei des rechtskonservativen Regierungschefs Janez Janša und der Partei „Freiheitsbewegung“ von Robert Golob.

Politologe: Keine Erlöser, nur falsche Propheten

Bisher scheiterten Bündnisse gegen die konservative Regierung an der mangelnden politischen Erfahrung und der Zerstrittenheit der Parteien, sagt der Laibacher Politologe Miha Kovač.

Kovač: „Unser größtes Problem ist, dass wir einerseits Politiker der Mitte haben, die nicht imstande sind, eine weitsichtige Politik zu führen. Gleichzeitig haben wir ein Wählerpotential auf der Linken und in der Mitte, das alle vier Jahre einen neuen Messias erwartet und dieser erweist sich dann als erfolglos. In der Politik, so heißt es, gibt es keine Erlöser, nur falsche Propheten.“

Wahlplakat von Janez Jansa
ORF
Wahlplakat des amtierenden Regierungschefs Janez Jansa

Golob führt in Umfragen

Im Duell um den Wahlsieg führt der frühere Topmanager Golob, der den grünen Wandel zur Top-Priorität gemacht hat, vor dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Jansa, der wegen seines als autoritär kritisierten Kurses umstritten ist. Die Freiheitsbewegung führt in allen Umfragen vor der SDS, der Abstand ist jedoch zu gering, um von einem entschiedenen Rennen zu sprechen.

Eine jüngste Prognose des Instituts Ninamedia für die Tageszeitungen Vecer und Dnevnik sieht die Freiheitsbewegung mit 26,7 zu 24,6 Prozent vor Jansas SDS. Ähnlich eng ist der Unterschied bei der Umfrage der Agentur Mediana für die Tageszeitung Delo mit 26,1 zu 24,4 Prozent.

Wahlbus von Robert Golob
ORF
Wahlbus des Herausforderers Robert Golob

Weitere drei Parteien vor Einzug ins Parlament

Von insgesamt neun Parlamentsparteien können neben der SDS noch drei Parteien sicher mit dem Einzug ins Parlament rechnen. Von den bisherigen Oppositionsparteien liegen die Sozialdemokraten (SD) laut Ninamedia bei knapp acht Prozent, die Linke (Levica) bei 7,7 Prozent. Leistbares Wohnen zählt zu ihren zentralen Forderungen. Der mitregierenden christdemokratischen NSi (Neues Slowenien) werden sieben Prozent vorhergesagt.

Mit dem Wiedereinzug ins Parlament dürften laut der jüngsten Trendmessung zwei liberale Oppositionsparteien, die LMS (Liste von Ex-Premier Marjan Šarec) und die Partei von Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratušek (SAB), rechnen. In vergangenen Tagen waren sie noch knapp unter der Vier-Prozent-Hürde gewesen, nun liegen sie jeweils bei vier Prozent.

Taktische Wahl für Linksliberale

Die Botschaft, dass alle vier linken und liberalen Oppositionsparteien, die bisher im Parlament einen Anti-Jansa-Block bildeten, den Wiedereinzug schaffen müssen, um eine stabile linksliberale Regierung unter der Freiheitsbewegung bilden zu können, scheint bei den Wählern angekommen zu sein, schreibt Dnevnik am Freitag. Der Aufwärtstrend der LMS und SAB bestätigt demnach die Erwartungen der Experten, dass viele linksliberale Wähler taktisch abstimmen werden.

Eng dürfte es hingegen für die mitregierende liberale Partei Konkretno, die im Wahlbündnis „Verbinden wir Slowenien“ antritt. In der vergangenen Woche schwankte sie zwischen Wiedereinzug und Rauswurf, nun liegt sie bei 3,2 Prozent. Unter Berücksichtigung der Schwankungsbreite könnte das aber reichen, um im Parlament zu bleiben.

Auch in Slowenien Covid-Protestpartei

Für eine Überraschung könnte die CoV-Protestpartei Resnica (Wahrheit) sorgen, die laut Ninamedia derzeit bei drei Prozent liegt. Die Partei, die im vergangenen Herbst Massenproteste gegen die Coronavirus-Maßnahmen anführte, liegt innerhalb der Schwankungsbreite für den Einzug ins Parlament.

Gerechnet wird mit einer deutlich höheren Wahlbeteiligung als bei den Wahlen 2018, als diese bei 52,6 Prozent lag. Dazu soll maßgebend auch eine beispiellose Mobilisierungskampagne der Zivilgesellschaft beitragen. Laut der Meinungsforschungsagentur Valicon, kann man bestimmt eine Beteiligung von 62 Prozent erwarten. Sie könnte aber auch die 70-Prozent-Marke erreichen. So hoch war die Wahlbeteiligung bei slowenischen Parlamentswahlen zuletzt im Jahr 2000 gewesen.

Höchste Wahlbeteiligung bei vorzeitiger Stimmabgabe

Bei der vorzeitigen Stimmabgabe wurde immerhin schon ein Rekord verzeichnet. Insgesamt 7,7 Prozent der 1,7 Millionen wahlberechtigten Slowenen nützten die Möglichkeit, schon vor dem Wahlsonntag abzustimmen, wie die staatliche Wahlbehörde mitteilte. Zwischen Dienstag und Donnerstag haben so mehr als 130.000 Wähler bereits gewählt, was die bisher höchste Beteiligung bei der vorzeitigen Wahl ist.