Der RHI Magnesita Konzern zählt mit seinem Werk in Radenthein wohl zu den größten Gasabnehmern in Kärnten. Steht kein Gas mehr zur Verfügung, würde die Produktion von feuerfesten Materialien stillstehen, die Folgen wären prekär, wie RHI in einer Mitteilung festhält: „Weite Teile der Industrie in Österreich würden lahmgelegt werden, denn unsere Produkte stellen die Basis für Stahl, Zement, Glas und Kupfer dar. (…) Wir müssten mit einem Umsatzverlust von rund 500 bis 750 Millionen Euro rechnen.“

Viele Industriebereiche betroffen
Auch die Industriellenvereinigung (IV) warnt vor enormen Folgen eines Gas-Embargos, man sei hochgradig abhängig von Gas. Neben den bekannten Bereichen, wären auch zahlreiche andere Branchen betroffen, so Timo Springer, Präsident der IV, darunter Papier- und Lebensmittelbranche sowie Landwirtschaft. Er nannte ein Beispiel: „Wenn keine Kartons von der Papierindustrie mehr geliefert werden können, kann man Lebensmittel oder Medikamente nicht mehr verpacken.“

Gas sei derzeit alternativlos, ein Bau neuer Pipelines würde drei bis fünf Jahre dauern und ein Lieferstopp einen Dominoeffekt erzeugen, so Springer: „Die Grundstoffindustrie steht als erstes. In weitere Folge stehen alle nachgelagerten Industriebetriebe still, weil die Vorprodukte nicht mehr verfügbar sein werden.“

Kärntner Milch könnte auf Öl ausweichen
Von einem Gas-Embargo massiv betroffen wäre auch die Molkereiwirtschaft, so wie die Kärntner Milch in Spittal an der Drau, so Geschäftsführer Helmut Petschar: „Gas brauchen wir hauptsächlich für die Energieerzeugung, wie brauchen auch sehr viel Dampf für die Sterilisation und Reinigung unserer Leitungen.“ Dank bestehender Ölleitungen könnte am Standort das Gas ersetzt werden, andere gasgebundene Molkereibetriebe in Österreich würden aber stillstehen.
Die Versorgung der Bevölkerung könnte nicht mehr gewährleistet werden. Der Ausbau alternativer Energiequellen in der Industrie schreite unterdessen zwar voran, man werde damit aber den Energiebedarf so rasch nicht decken können, so die Industriellenvereinigung. „Die echten Auswirkungen sind aus heutiger Sicht allerdings nicht abschätzbar, allerdings zweifelsfrei gravierend“, so Springer.
Kurzfristige Alternativen nicht greifbar
Die Industriellenvereinigung berät auch die Bundesregierung. Springer sagte, alles, was nun zur Beruhigung beitrage, sei gut. Ein kurzfristiges Ersetzen von Erdgas sei jedoch nicht möglich. In den nächsten drei bis fünf Jahren würden sinnvolle Alternativlösungen aufgebaut werden können. Man dürfe davon ausgehen, dass das eine drohende Wirtschaftskrise bedeute, so Springer. Wie viele Arbeitsplätze in Kärnten direkt und indirekt betroffen sein könnten, darauf will sich Springer nicht festlegen: „Das ist ein Szenario, dass man weder durchgespielt hat, noch sich vorstellen will.“

Schnellere Genehmigungsverfahren wären hilfreich
Die Gräueltaten der russischen Armee in der Ukraine sind Auslöser für die verschärfte Gangart des EU-Parlaments. Zu den Massakern russischer Soldaten in der Ukraine will sich Springer nicht äußern: „Wir können nur aus wirtschaftspolitischer und wirtschaftlicher Sicht darauf hinweisen, welche Folgen bestimmte Entscheidungen haben. Mehr kann man dazu nicht beitragen.“
Unterstützend für die heimische Wirtschaft wäre laut Industriellenvereinigung eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Energiealternativen, wie beispielsweise Photovoltaikanlagen.