Für Pestilenz 1554 Titelblatt
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Wissenschaft

Schatz der Unibibliothek „Für Pestilentz“

Aus der Reihe „Kostbarkeiten aus der Bibliothek“ der Alpen Adria Universität Klagenfurt ist in der Onlineausstellung ein Paracelsischer Ratgeber für Pandemiezeiten zu sehen. Der „Pseudo-Paracelsus“ trägt den Titel „Für Pestilentz“ und stammt aus dem 16. Jahrhundert.

Neben etlichen wichtigen und bekannten originalen Paracelsus-Handschriften und gedruckten Erstausgaben besitzt die Universitätsbibliothek Klagenfurt in ihrer Sondersammlung auch den ältesten, gedruckt überlieferten Pseudo-Paracelsus. Er erschien 1554 in Salzburg und trägt den langen, hier gekürzten Titel: „Für Pestilentz. Ajn seer nützlicher vnnd bewerter Tractat der Christlichen gemayn zů nutz vnd wolfart … jn sechs Thayl auß deß weitberuembten vnd hocherfarnen Doctoris Philippj Theophrastj Paracelsj Bůch gezogen …“.

Jede Art von Erkrankung war Pestilenz

Seuchen begleiten und bedrängen die Menschheit seit jeher. Unter Pestilenz verstand man im Mittelalter und der frühen Neuzeit nicht ausdrücklich nur die Pest, sondern jede Art kollektiver Erkrankung durch Ansteckung. Nach der großen Pestepidemie von 1347, die in Europa ein Drittel der Bevölkerung tötete, setzte eine Flut an Pestschrifttum ein: öffentliche Anschläge, Traktate, Einblattdrucke bis hin zu dicken Folianten informierten über prophylaktische und therapeutische Maßnahmen.

Die 24. Ausstellung der Reihe Kostbarkeiten aus der Bibliothek widmet sich einem frühen Seuchenratgeber, der sich auf den großen Arzt Paracelsus beruft. Im Zentrum steht die Druckausgabe „Für Pestilentz“ aus dem 16. Jahrhundert aus dem Besitz der Universitätsbibliothek. Das seltene Objekt ist derzeit in einer Online-Ausstellung und nach Maßgabe der Coronavirus-Regeln auch bald im Original im Lesesaal der Universitätsbibliothek zu sehen.

Paracelsus war berühmtester Arzt seiner Zeit

Auch zu Paracelsus’ Lebzeiten waren Seuchen die Hauptursache für massenhaftes Sterben. Paracelsus war promovierter „Doktor beider Arzneien“, ausgebildet in Leib- und Wundarznei, also Innerer Medizin und Chirurgie, und galt als einer der berühmtesten Ärzte in ganz Europa. Sein Wissen verbreitete sich schriftlich und mündlich rasch unter Ärzten und Badern. Paracelsische Medizin ging weit über den Wissensstand der Volksmedizin hinaus, wie ihn die Ratschläge und Rezepte des vorliegenden Pest-Traktates zeigen.

Aderlass, Schwitzen und Quarantäne

1554, dreizehn Jahre nach Paracelsus´ Tod in Salzburg, erschien dieses Pestbüchlein. In volkstümlicher Manier gibt es Anleitung für Aderlass, Schwitzen, Purgationen, innerlich und äußerlich anzuwendende Medikamente sowie den Aufruf zur Quarantäne und zur richtigen Ernährung. Der Untertitel weist auf Paracelsus hin und der Text erweckt den Anschein, ein Auszug aus Paracelsus´ Werken zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Der wirkliche Autor ist nicht bekannt.

Für Pestilenz 1554 Titelblatt
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Titelblatt des Buches. Rechts: Paul Fürst „Der Doctor Schnabel von Rom“, kolorierter Kupferstich eines Pestdoktors um ca. 1656