Screenshot des Spiels Call of duty
ORF
ORF
Soziales

Computersucht steigt in Pandemie

Vor allem unter männlichen Jugendlichen steigt die Anzahl der Computerspielsüchtigen. Die Suchtberatung Klagenfurt betreut 180 Klienten, die den Großteil des Tages vor dem Computer verbringen. Das nahm in der Pandemie noch deutlich zu und ist auch eine Flucht aus der Realität.

Jeden Tag verbringen viele Kinder und Jugendliche in der virtuellen Welt. Vor allem sind es junge Burschen, sagte die Suchtberaterin Sandra Brunner. Der jüngste Klient sei acht Jahre alt, hier gehe es um das Spielen am Handy. Der älteste sei 36, aber die meisten seien zwischen 14 und 25.

Was die Jugendlichen spielen hänge auch sehr von den Spielgewohnheiten der Freunde ab. Jüngere spielen häufiger Minecraft, ältere eher Shooterspiele wo es darum geht, immer höhere Level zu erreichen. Brunner rechnet damit, dass die Spielsuchtberatung der Stadt Klagenfurt in Annabichl die großen Folgen der Pandemie erst zu spüren bekommen werde: „Diese massive Steigerung wird noch kommen. Sie spielen in der Freizeit viel, weil sonst nichts möglich ist. Erst, wenn die Möglichkeiten wieder da sind, wird man erkennen, dass sie sie gar nicht mehr nutzen werden. Die Kinder werden lieber daheimbleiben und am Computer spielen, als alten Hobbys nachzugehen.“

Beleuchtete Gamingtastatur
ORF
Das Gaming-Zubehör verlockt zusätzlich, die Jugendlichen tauschen sich online über ihre Errungenschaften aus

Es sei ein langer Prozess, die Spielsüchtigen in das „richtige“ Leben zurückzubringen. Die Wirkung sei oft so wie bei Drogen, sagte die Suchtberaterin. Man spiele immer mehr, verliere die Kontrolle. Die Gedanken drehen sich ums Spiel, hat keine anderen Interessen mehr und Entzugserscheinungen. Nehme man ihnen das Spiel weg, werden sie aggressiv und werfen mit Tastatur oder Maus, so die Suchtberaterin. Einer der aktuellen Klienten ist 21 und damit genau im Altersschnitt. Er sagte, er hätte Fußball am Computer gespielt, oft ein ganzes Wochenende durch.

Störungsbilder und Gamingsucht

Wie bei allen Therapien geht es auch bei der Spielsuchttherapie darum, dass ein Wille zur Veränderung vorhanden sein muss. Sonst ist jeder Therapieerfolg bald wieder dahin. Das Angebot der realen Welt erscheint Jugendlichen oft zu wenig attraktiv, die Pandemie macht alternative Beschäftigung derzeit auch oft sehr schwierig.

Experten sehen zunehmend auch einen Zusammenhang mit ADHS oder Aspergerautismus. Der rasche Wechseln der Szenen und Aufgaben sei – auch für erwachsene – Menschen mit Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen attraktiv. Sie haben unter Umständen eine gewisse Veranlagung zur Computersucht. Die Belohnungen durch Beute oder Punkte und das Erreichen höherer Level ist für sie sehr befriedigend. Es ist aber nicht so, dass Gamer keinerlei menschlichen Kontakt hätten – die meisten Spiele haben Chatfunktionen, wenn gewünscht auch mit live Videobild. Im Multiplayermodus löst man Aufgaben gemeinsam und bildet ein Team. Mit einem Mausklick hat man aber auch schnell wieder seine Ruhe, was manche Gamer durchaus schätzen.