Bei Symptomen, die acht bis zwölf Wochen nach Beginn einer Erkrankung mit Covid-19 fortbestehen oder neu auftreten spricht man von Long Covid. Das Problem sei allerdings, dass das Krankheitsbild nicht eindeutig sei, sagt der Vorstand der Lungenabteilung am Klinikum Klagenfurt, Markus Rauter. Es herrsche eine allgemeine Erschöpfung. Viele Patienten würden auch von kognitiven Symptomen berichten: „Der sogenannte ‚Brain fog‘, also der wörtlich übersetzte ‚Gehirnnebel‘, aber auch Konzentrations- und Schlafstörungen, sowie Angstzustände zählen dazu.“
Milder Verlauf schützt nicht vor Long Covid
Die 35 Jahre alte Corinna Uggowitzer, die im Vorjahr – damals noch ungeimpft – an Covid erkrankte, schmeckt und riecht noch heute nichts. Sie ist erschöpft und bekommt schwer Luft: „Der Druck ist nach wie vor da. Ich bin sehr erschöpft. Gegen den Schlafmangel habe ich Medikamente bekommen, die halbwegs helfen. Ich habe noch weitere Untersuchungen vor mir. Ein Reha-Antrag wurde mir bereits bewilligt. Ich hoffe, dass es danach besser ist.“ Weitere Symptome von Long Covid sind Kurzatmigkeit, Herzrasen, Schwindel, Antriebslosigkeit oder anhaltender Durchfall. Auch Haarausfall kann auftreten.
Therapien bei Long Covid
Zehn bis 20 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die mit Covid-19 infiziert waren, bekommen laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Long Covid. Auch eine dritte Impfung und ein leichter Verlauf schützen nicht vor den Spätfolgen. Wichtig seien deshalb Therapien, um Long Covid zu mildern.
Markus Rauter sagte, je höher der Schweregrad der Erkrankung sei, umso höher sei auch das Risiko für ein Long Covid-Syndrom: „Ein milder Verlauf ist kein Ausschlussgrund. Auch Patienten, die nur leicht erkrankt waren, können an einem Long-Covid-Syndrom leiden.“
Reha für Long Covid-Patienten in Althofen
Im Humanomed Zentrum Althofen befindet sich Kärntens einzige Lungen-Rehabilitation. Von den 65 Patienten, die hier behandelt werden, haben 40 eine Coronavirus-Infektion hinter sich. Die Auswirkungen der dritten Welle seien nun zu spüren, heißt es vom Ärzteteam. Auch Friedrich Lampl aus dem Gurktal hatte sich im Herbst, obwohl zweimal geimpft, infiziert.
Das Krankenhaus blieb ihm erspart, doch dann merkte er kurz nach der überstandenen Infektion, dass er Probleme mit der Lunge und in den Beinen hatte: „Ich habe erst später erfahren, dass ich auch eine Lungenentzündung hatte. Dass etwas nicht in Ordnung ist merkt man natürlich. Es geht in die Gelenke und bis in die Füße hinunter. Das ist auch jetzt noch mein Schwachpunkt. Ich bin hier, dass man das weiter behandelt und dass es dann besser wird.“
Regelmäßige Übungen führen zu alter Form zurück
Drei Wochen lang dauert die Therapie. Der Weg zurück in die Normalität ist oft lang und mühsam. Das allgemeine körperliche Training sei wichtig, sagt Physiotherapeutin Marie-Theres Kerschbaumer: „Durch Kraft- und Ausdauertraining werden die Leute wieder fitter.“
Auch zu Hause sollten die Übungsaufgaben gemacht werden, sagt der ärztliche Leiter im Humanomed Zentrum Althofen, Michael Muntean: „Es gibt Hilfe für Patienten mit der Long-Covid-Symptomatik. Wir versuchen mit allen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, diesen Patienten wahrlich unter die Arme zu greifen, damit sie wieder auf die Beine kommen und Kraft, Ausdauer und all das finden, um ihren Alltag zu Hause wieder gut bewältigen und im Idealfall auch wieder ins Berufsleben einsteigen zu können.“
Nur wenige Daten zu Auswirkungen auf Dreifachgeimpfte
Noch keine Daten gibt es, ob Long Covid bei dreifach geimpften Menschen seltener vorkommt oder leichter verläuft. Laut Michael Muntean gibt es Anzeichen dafür, dass zumindest die quälende Müdigkeit nach einer Dreifachimpfung nicht so häufig auftritt. Wer befürchtet, Long Covid zu haben, sollte sich an den Hausarzt und die Fachärzte wenden.
Ähnlichkeit zu ME/CFS
Experten sehen auch starke Ähnlichkeit von Long Covid und ME/CFS, der Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. Hier ist bekannt, dass Belastung bzw. Bewegung bei manchen Patienten zu einer Verschlechterung führen kann, eine genaue Abwägung der Therapie ist also in jedem Fall individuell nötig. Betroffene müssen auf Pacing achten, also ihre Kräfte einteilen und es langsam angehen. Auch ME/CFS entwickelt sich oft nach Virusinfektionen.
In Deutschland sammeln ME/CFS-Betroffene gerade über Crowdfunding Forschungsgelder, die Aktion wird auch in Österreich unterstützt. Auch immer mehr Kinder und Jugendliche sind von Long Covid betroffen, es gibt nun eine eigene österreichische Selbsthilfegruppe.