Broschüre für Lehre ohne Grenzen
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Bildung

Lehre mit Auslandserfahrung

Ein Interregprojekt zwischen Österreich und Italien, das zu Jahresende ausläuft, hatte das Ziel, nicht nur Studierenden, sondern auch Schülern und Lehrlingen Erfahrungen im Nachbarland zu ermöglichen. Vor allem Lehrlinge in Tourismus, Einzelhandel, Logistik und Technik würden profitieren, hieß es von der Wirtschaftskammer.

Trotz Pandemie wird auch im Bildungsbereich seit Jahren grenzübergreifend zusammengearbeitet. Unter dem Motto „Grenzenlose Bildung – grenzenlose Chancen am Arbeitsmarkt“ arbeiten Kärnten, Friaul-Julisch Venetien und die Region Venetien arbeiten seit Jahren gemeinsam daran, dieses Ziel zu verwirklichen. Damit das auch in der Praxis funktioniert, war zunächst einmal eine „Bestandsaufnahme“ nötig.

Prospekt für Auslandspraktikum
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Chancen internationaler Erfahrungen

Welche rechtlichen Grundlagen gelten in den Nachbarregionen? Wo gibt es Anknüpfungspunkte und in welchen Bereichen muss erst eine gemeinsame Basis geschaffen werden? Wie können Unternehmen und Bildungseinrichtungen im Alpen-Adria-Raum ihr Wissen teilen und einen Austausch konkret in der Praxis umsetzen? Fragen wie diesen wurde im Interreg-Projekt „Scet-Net – Senza Confini Education and Training Network“ nachgegangen.

Ziel: Rechtliche und bürokratische Hürden ausräumen

Susanna Penko vom Projektmitglied „GECT EUROREGIO“ hob hervor, dass zahlreiche Hindernisse ausgemacht werden konnten, die es im grenzübergreifenden Austausch zu überwinden gelte – sei es bürokratischer und rechtlicher Natur.

Zum Beispiel gehe es dabei um nationale rechtliche Regelungen, bei denen die einzelnen Regionen keine Handlungsautonomie haben. In Kärnten etwa wird den Schülerinnen und Schülern der Mobilitätszeitraum vergütet. Etwas, das hingegen im italienischen Recht nicht vorgesehen ist. Für den Versicherungsschutz während eines Auslandsaufenthaltes sind bis jetzt die Schulen zuständig. Die zwischengeschalteten Wirtschaftskammern in den Partnerregionen sollen künftig unterstüzend einwirken, hieß es bei der Präsentation.

Susanna Penko
GECT EUROREGIO Senza Confini r.l.
Susanna Penko

Ein Bildungsnetzwerk zwischen Österreich und Italien entstand. Lead-Partner war der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit (kurz EVTZ) EUREGIO Ohne Grenzen, der in engem Austausch mit der Bildungsdirektion Kärnten, der Wirtschaftskammer Kärnten und der Kammer für Handel, Industrie, Handwerk und Landwirtschaft von Julisch Venetien stand. Deren Präsident, Antonio Paoletti, unterstrich, dass die Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen im Grenzraum die gesamte Alpen-Adria-Region wettbewerbsfähiger mache.

Jugendliche arbeiten am Computer
GECT EUROREGIO Senza Confini r.l.
Jugendliche bei der Arbeit am Computer

Engere Abstimmung mit Berufsschulen

Ziel des Projekts war es, pädagogische Modelle für die Einführung grenzüberschreitender Austauschprogramme für SchülerInnen und Lehrlinge ab 16 Jahren zu definieren. So sollen etwa auch im Zuge der Lehrlingsausbildung grenzübergreifende Berufspraktika vermittelt werden, sagte Meinrad Höfferer, Direktor der Wirtschaftskammer Kärnten: „Bei uns ist das ganze Thema mittlerweile bereits auch in unserer Lehrlingsstelle angesiedelt, damit dort dann auch – in Kontakt mit den Lehrbetrieben – aktiv diese Möglichkeit an die Lehrbetriebe, an die Lehrlinge herangetragen werden kann und wir uns in weiterer Folge mit den Berufsschulen eng abstimmen werden.“

Wirtschaftskammer
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Meinrad Höffinger

„Online-Sprachkurse gut angenommen“

Gerade Lehrlinge im Tourismus, Einzelhandel oder im Bereich der Logistik und Technik würden von grenzübergreifenden Erfahrungen profitieren, ist Höfferer überzeugt. Fremdsprachkenntnisse während des Unterrichts zu erwerben und diese dann auch gleich in der Praxis anzuwenden sei für ein späteres berufliches Wirken im Wirtschaftsraum Alpen-Adria unerlässlich, sagte die Kärntner Bildungsdirektorin Isabella Penz: „Am meisten lernt man natürlich in der Praxis. Es hat auch in diesem Projekt Online-Sprachkurse gegeben. Die sind sehr gut angenommen worden. Dann im wirklichen Leben, im wirklichen Wirtschaftsleben in einer Fremdsprache sich unterhalten zu können ist natürlich das größte Lernen.“

Bildungsdirektorin Isabella Penz
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Isabella Penz

Die Digitalisierung und ihre Chancen

Pandemiebedingt fand die Abschlusspräsentation des Interreg-Projekts nur virtuell statt. Auch der Wissensaustausch in zwei Online-Workshops musste während der vergangenen Monate über das Internet erfolgen.

Fazit: Die Digitalisierung könne einerseits – für die Altersgruppe der 16- bis 19-Jährigen – zwischenmenschliche Beziehungen reduzieren, zu Isolation führen, die Möglichkeit einschränken, konkrete Erfahrungen im realen Leben zu sammeln, und dazu führen, dass die Betroffenen weniger in der Lage sind, andere Gebiete als ihr eigenes kennenzulernen, zu erkunden und sich selbst weiterzuentwickeln.

Videokonferenz über digitale Unterrichtsprojekte
GECT EUROREGIO Senza Confini r.l.

Andererseits würden digitale Werkzeuge zur Überwindung von Hindernissen beitragen und den Zugang zu Wissen erleichter und gleichzeitig weniger Kosten verursachen. Barbara Dainelli, eine Vertreterin von ENAIP, dem externen Evaluator des Projekts SCET-NET, wies darauf hin, dass die virtuelle Mobilität die physische Mobilität künftig begleiten werde, insbesondere in der Vorbereitungsphase der SchülerInnen bzw. PraktikantInnen oder LehrlingInnen, sowie bei weiteren geplanten Aktivitäten.

Antonio Paoletti Präsident Handelskammer Julisch Venetiens
Handelskammer Julisch Venetien
Antonio Paoletti

Persönlicher Austausch raschestmöglich angestrebt

„Es war das erst der Anfang eines kulturellen und insitutionellen Austauschs zwischen Österreich und Italien. Wir hoffen, dass dieser sich noch weiter entwickeln wird. Der nächste Schritt ist, dass es auch zu persönlichen Treffen kommt“, so Antonio Paoletti, Präsident der Handelskammer Julisch-Venetiens.

Sobald wieder Betriebspraktika möglich sind, soll der grenzübergreifende Austausch dann auch in Präsenz erfolgen. Zudem sollen weitere italienische und österreichische Regionen einbezogen werden.