Heinz Glawischnig
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Heinz Glawischnig – Gestalter vieler Leben

Heinz Glawischnig hat Anfang Dezember seinen 85. Geburtstag gefeiert. Das Atelier des Künstlers in St. Veit war viele Jahre jener Ort, an dem sich Kunst und Politik getroffen haben – nun wird es aufgelassen. Ein Rückblick auf das bewegte und reiche Künstlerleben eines Mannes, der sich selbst immer als Gestalter begriffen hat.

Mit Ende dieses Jahres wird das Atelier Glawischnig endgültig zu einem Teil der Kunst- und Kulturgeschichte. Heinz Glawischnig verabschiedet sich von seinem Atelier beim Rathaus St. Veit, das 60 Jahre nicht nur kreative Wirkungsstätte, sondern auch Treffpunkt und Begegnungsraum zahlreicher Vertreter des kulturellen und politischen Lebens war. Denn hier wurden wesentliche Ideen für die kulturelle Zukunft des Landes eingebracht.

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Aus „Podium“ wurde Club 2

Mit dem Schriftsteller Lorenz Mack gründete Heinz Glawischnig das St. Veiter „Podium", eine leidenschaftliche Diskussionsrunde, die später als Club 2 vom ORF fortgesetzt wurde. Politiker und Künstler konnten direkt miteinander reden, fanden einen Weg, sich auch als Menschen zu verstehen. Vieles wurde dadurch möglich, erinnert sich Heinz Glawischnig: „Diese leidige Frage Volksabstimmung, Kärntner Slowenen und Urkärntner oder wie man das nennen soll – hier haben sie sich getroffen, diskutiert und auch ein wenig gestritten und sich über die Kunst versöhnt.“

Gestalter im besten Wort-Sinne

Heinz Glawischnig verstand sich immer mehr als Gestalter, denn als Künstler. Er gibt und gab dem Gestalt, was ihn nicht zur Ruhe kommen lässt. Dazu kommt, dass der Künstler auch lange Jahre der Kulturamtsleiter von St. Veit war. In seinem Atelier wurde aber eben auch hart gearbeitet und nicht nur gefeiert.

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"Die negativen (gemeint sind: „Erinnerungen", Anmerkung der Redaktion) sind: 50 Kilosäcke mit Gips auf der Schulter, wunde Hände, weil im Ton literweise Glas zu finden war, Auftraggeber, die aufdringlich und lästig waren, weil sie nicht einsehen wollten, dass der Künstler es besser macht als seine Vorstellung und ähnliche Dinge, die einen Künstler nicht unbedingt begeistern.“

Wotruba, Gütersloh und Boeckl als Lehrer

Studiert hat Heinz Glawischnig bei den Besten – dem Bildhauer Fritz Wotruba, dem Maler Albert Paris Gütersloh und bei Herbert Boeckl. 1989 wurde dem Künstler der Berufstitel Professor verliehen. Das hat alles eine Bedeutung, Heinz Glawischnig geht es aber mit seiner Kunst um mehr: „Ich bin ein Gestalter – und ich werde von der Gestaltung gestaltet. Ich werde verändert durch meine Arbeit, mein Leben ist eigentlich ein Suchen, ein immerwährendes Suchen. Ich bewege mich seit ich ein Kind bin, kommt mir vor, zwischen den Sternen. Ich suche hinter den Menschheitsfragen – woher, wohin, warum – und habe natürlich keine Antwort gefunden, aber viele hunderttausend Fast-Antworten, und diese stecken in meiner Kunst drin.“

Noch immer gilt: Kunst wohin man blickt

Zwei Räume des Ateliers sind nun, Mitte Dezember, schon leer. Nur in einem Zimmer ist noch überall Kunst zu finden, darunter unzählige Zeichnungen, kleine Skulpturen, große Fotografien von Projekten im öffentlichen Raum. Es sind die Spuren von jahrzehntelanger Arbeit: „Es ist mir sehr schwer gefallen, dieses Atelier war eben das Atelier – es war der zentrale Kulturpunkt in St. Veit über viele Jahrzehnte.“

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Als Gestalter hat Heinz Glawischnig überall im Land seine Spuren hinterlassen. Von ihm stammt das Grabmal der Dichterin Christine Lavant genauso wie das Kreuz in der evangelischen Kirche in Afritz. „Ich bin oft einer Spannung ausgesetzt, die ich kaum ertragen kann – so wie jeder von uns. Wenn sie sich vorstellen, eine Stecknadel geht auf einen Luftballon zu – es ist der Augenblick, bevor beide aufeinandertreffen, der oft Arbeiten von mir explodieren lässt, der mich zwingt, hunderte von Zeichnungen zu machen, die man oft als Berührungen bezeichnen kann.“

„Habe immer im Extrem gelebt“

Viele der Zeichnungen bestehen aus Linien, weißes Papier, schwarze Striche, ein gezeichnetes Universum, das von der Welt aber vor allem auch über uns erzählt: Verbindungen, Beziehungen, Berührungen, Erschütterungen aber auch Launen durch plötzliche Erkenntnisse. Kunst – als Aufarbeitung von Leid aber auch als Fest des Lebens. „Ich lebe im Extrem, und habe immer im Extrem gelebt, seit ich denken kann. Das abgrundtief Böse, Unerträgliche, Furchtbare, kaum Erleidbare und das größte Glück, das so unendlich ist, dass man dabei sterben könnte. Der Augenblick, wo man die Schöpfung begreift, seinen Platz in der Schöpfung inne hat, für Sekunden besetzt. Da habe ich immer einen Engel, der mir im richtigen Augenblick draufklopft, und sagt: Geh arbeiten, mach was Gescheites, bevor ich mich in dieser Ewigkeit verliere, die unwiderstehlich ist.“

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Kunst als „Wesen, Substanz und Phänomen“

Heinz Glawischnig hat auch immer wieder Kunstwerke für Kirchenräume geschaffen. Das riesige Kreuz aus buntem Glas in der evangelischen Kirche in Afritz ist ein besonders schönes Beispiel. Es schwebt hoch oben und strahlt im Licht. Zur Kunst hat dieser Gestalter eine ganz besondere Beziehung: „Ich halte sie für ein Wesen, eine Substanz, ein Phänomen, mit einem ungeheuren Eigenleben. Während die Hände damit beschäftigt sind, macht sie sich selbstständig und wird etwas ganz anderes. Nur wir hängen unseren Egoismus daran und schwächen das, was ohne uns viel besser ausgedrückt werden könnte.“

Heinz Glawischnigs Skulpturen sind ganz verschieden. Vor der Schule in St. Veit sieht man bunte Blüten, schmale und gerundete Formen dominieren neben geometrischen, wie im Museum Moderner Kunst Kärnten oder den großen Bildern im Sammlungszentrum des Landes Kärnten.

Ablenkung vom Gerede über Kunst: Die „Weiber“

Erklärungen zu seinen Arbeiten abzugeben ist seine Sache nicht, wie Heinz Glawischnig sagt: „Dann versuche ich diesen Menschen abzulenken, indem ich über das letzten Spiel von Sturm Graz oder über den KAC rede. Wenn das nicht nützt, versuche ich es über die Politik und wenn das auch nichts hilft, über die Weiber.“

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Der 85. Geburtstag hat bei Heinz Glawischnig zu einem Umdenken geführt. „Aus dem Grund, dass dieser Geburtstag vielleicht der letzte sein könnte, ist er Anlass für mich, nachzudenken, noch einmal durch mein Leben zu spazieren, die Lichtpunkte zu sammeln, den dunklen Punkten aus dem Weg zu gehen und das, was man als Vergangenheit bezeichnet, etwas zu korrigieren und ein bisschen ins Licht zu rücken.“

Heinz Glawischnigs Werdegang

Der Künstler beendete 1960 sein Studium an der Akademie für bildende Künste mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und kam 1961 über Einladung durch die Stadtgemeinde mit seiner Frau Gerda Glawischnig Petri, einer Goldschmiedemeisterin, nach St. Veit an der Glan zurück.

Er spielte eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung des kulturellen Lebens in St. Veit und trat damit in die Fußstapfen seines Vaters, des Dichters, Liedtexters und Begründers des St. Veiter Kreises – Superintendant Gerhard Glawischnig.

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Der Künstler Heinz Glawischnig wurde mit Landes- und Bundespreisen ausgezeichnet. Von seiner Stadt wurde er mit dem goldenen Verdienstzeichen geehrt und 1967 ernannte ihn der damalige Bundespräsident Rudolf Kirschläger 30-jährig zum Ehrenprofessor, dem höchsten Titel der Republik Österreich. 1989 wurde ihm der Berufstitel Professor verliehen.

Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Schweden, Italien und Slowenien erfolgten in den Jahren bis 1980. Er hielt Vorträge und publizierte in Fachzeitschriften und war regelmäßig in den Medien vertreten. Der ZDF drehte einen Film über die Arbeit des Künstlers. Um 1980 zog sich Glawischnig vom Ausstellungs- und Auftragsbetrieb aus privaten Gründen zurück. Während seiner folgenden 15 Jahre dauernden Tätigkeit als Kulturamtsleiter, war St. Veit/Glan als Kulturstadt ein Begriff und Ort großer kulturellen Ereignisse. Große Feiern zum 85. Geburtstag gab es nicht.