Füße Bett
APA/dpa/Karl-Josef Hildenbrand
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Coronavirus

Wenn die Pandemie den Schlaf raubt

Eine internationale Studie zeigt, dass mehr als jeder Dritte Symptome von Schlafstörungen zeigt, je ein Viertel kämpfen gegen Angst und Depressionen. Schlafforscherin Brigitte Holzinger von der MedUni Wien erklärt, was zu einem guten Schlaf beiträgt und warum einen CoV bis in die Träume verfolgt.

Das Coronavirus veränderte das Leben in bisher kaum gekannter Weise. Nicht ganz überraschend wirkt sich die Pandemie deshalb auch auf das Schlafverhalten aus. „In Phasen, wo wir uns bedroht fühlen und wo Angst und Stress steigen, reagieren sehr viele Menschen damit, dass sie nicht mehr so gut oder nicht mehr so lange schlafen können“, sagt Brigitte Holzinger.

Sie ist Psychologin und Schlafforscherin und betreut die internationale Studie, die das Schlafen und Träumen in Covid-Zeiten genauer untersuchte. 22.000 Teilnehmer aus 15 Ländern wurden befragt. Das Ergebnis: Schlafprobleme nahmen zu. In Österreich kämpft jeder Dritte mit Schlaflosigkeit.

Der Schattenriss einer Frau im Gegenlicht in einem dunklen Gang. Illustration zum Thema Mobbing/Depression/Einsamkeit. (gestellte Szene)
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Unsichere Zeiten verstärken oft sorgenvolle Gedanken

Angst macht zunehmend fragiler

Es sei vor allem die Angst, die Menschen schlecht schlagen lässt, so die Expertin: „Angst vor der Infektion, vor finanziellen Problemen oder Angst vor Arbeitsplatzverlust tragen dazu bei, dass man schlecht schläft oder den Rhythmus nicht mehr so einhalten kann. Das wiederum bewirkt, dass wir ängstlicher werden bzw. unsere Gefühlswelt nicht mehr so gut ausgeglichen ist und daher manches nicht mehr so gut ertragen können. Wir werden insgesamt fragiler und unser Nervenkostüm wird anfälliger.“

Ein Teufelskreis setzt sich in Gang. Je weniger und schlechter man schläft, umso schwieriger wird es, mit der Situation umzugehen, so Holzinger. Schlafstörungen begegnet man am besten, indem man versucht, möglichst regelmäßig zu Bett zu gehen und aufzustehen: „Der Schlaf wird durch die innere Uhr gesteuert. Man pflegt sie, indem man sie berücksichtigt. Das bringt mir den bestmöglichen Schlaf und eine Stärkung des Immunsystems. Das ist das, was wir heute brauchen.“

Viele Träume drehen sich um das Virus

Das Virus beschäftigt viele Menschen auch in ihren Träumen, sagte die Schlaf- und Traumforscherin: „Es dreht sich um das Virus, die Leute versuchen, sich im Traum ein Bild davon zu machen und sich vorzustellen, wie es aussieht – vermutlich inspiriert von den Bildern, die man tagsüber sieht.“ Viele würden sich im Traum auch fragen, was sie tun oder wie sie sich schützen können: „Dann träumen viele Leute davon, dass sie die Maske vergessen oder von der Impfung.“ Auch persönliche Themen werden im Traum aufgerollt, wie etwa Beziehungen.

Symbolbild Einsamkeit Psychische Probleme Jugendliche
ORF

Im Schlaf wird Organismus von Unnötigem befreit

Durch Covid-19 verdoppelten sich die Ein- und Durchschlafstörungen. Träume werden deutlich öfter erinnert und verursachen Ängste. Dabei ist ein gesunder Schlaf immens wichtig und lässt uns schwierige Lebensphasen leichter bewältigen, so Holzinger: „Wir ‚putzen‘ unseren Organismus und befreien ihn von Unnötigem.“

Man stellt im Schlaf auch unterschiedliche Ebenen – Körper, Geist und Seele – wieder her: „Es betrifft die körperliche Ebene. Geist meint auch die Leistungsfähigkeit in puncto Konzentration und Gedächtnis. Seele meint, die emotionale Balance wieder zu finden, die Situation gut ertragen und vielleicht auch kreativ damit umgehen zu können.“

Symbolbild Entspannung Tee Kerze Ebookreader auf Bett
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Eine Tasse Tee, ein gutes Buch und Kerzenschein können das „Herunterkommen“ nach einem stressigen Tag erleichtern

Regelmäßige Rituale helfen beim Einschlafen

Möglichst immer zu denselben Zeiten schlafengehen und aufstehen, ein Schlafritual, meditieren, nicht zu spät essen – das sind einige Tipps, wie man einen besseren Schlaf erreichen kann. Ein Bier vor dem zu Bett gehen wirke zwar entspannend, könne aber schnell das Gegenteil bewirken: „Es könnte ein bisschen beruhigen und zumindest das Einschlafen fördern, aber es bleibt oft nicht bei einem Glas. Dann wird unser Schlaf dadurch gestört.“

Die Expertin rät zu Ausdauersport drei bis vier Mal pro Woche, idealerweise im Freien und bei Tageslicht: „Wenn die Sonne scheint regen wir die Melatoninausschüttung an, die ja die innere Uhr mitsteuert.“ Den Raum beim Schlafen abzudunkeln, Geräuschquellen zu vermeiden und elektronische Geräte draußen zu lassen würden ebenfalls einen erholsamen Schlaf begünstigen. Schlafforscherin Holzinger empfiehlt auch, Nachrichten und soziale Medien immer wieder auch „abzudrehen“, um eine gelassenere Haltung zu finden.