Kinetische Plasma-Simulation von der Kelvin-Helmholtz Instabilität an der Erdmagnetopause
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Wissenschaft

Junger Klagenfurter erforscht Weltraum

Das Grazer Institut für Weltraumforschung beschäftigt sich seit 50 Jahren mit der Physik von Weltraumplasmen und den Atmosphären von Planeten. Bei diesen Forschungen arbeitet auch der Klagenfurter Plasma-Physiker Kevin Blasl mit. Dabei geht es auch um Wasserstoff-Kernfusion.

Dass Blasl heute am Grazer Institut für Weltraumforschung forscht, habe er einem glücklichen Zufall zu verdanken, wie er sagte. Als Praktikant habe er Einsicht in die Arbeit des Instituts bekommen und so dieses Feld der Forschung für sich entdeckt. „Ich habe vorher Teilchen-Physik studiert. Das ist die Forschung von sehr sehr kleinen Dingen. Jetzt erforsche ich den Weltraum, ich forsche als über sehr große Dinge. Das war ein sehr spannender Kontrast für mich“, so Blasl.

Kevin Blasl
IWF Graz
Kevin Blasl

Erforschung des Weltraumplasmas

Als Doktorand arbeitet Kevin Blasl momentan für die Universität Graz und das Institut für Weltraumforschung. Sein Forschungsbereich beschäftigt sich mit der Weltraumplasmaphysik. „Dabei handelt es sich im Endeffekt um die Plasmaforschung im Weltraum mit Hilfe von Satelliten. Plasma ist nichts anderes als ein ionisiertes Gas“, so Blasl. Das muss man sich allerdings etwas abstrakter vorstellen als ein Gas, das man so kennt. „Im Endeffekt bedeutet das, dass man freie Teilchen hat, die miteinander wechselwirken und ein großes Ganzes bilden“.

Dieses Teilchengemisch besteht aus Ionen, freien Elektronen und meist auch neutralen Atomen oder Molekülen. Ein Plasma enthält also freie Ladungsträger. „Plasma ist zum Beispiel in Kernfusionsreaktoren. Es ist der größte Bestandteil des Universums. Es ist extrem wichtig, die Prozesse, die auftreten können, genau zu untersuchen, weil man dadurch einen großen Teil des Universums verstehen kann“, so Blasl.

Vierter Aggregatszustand

Plasma kann verschiedene Arten von Energien haben, sagt Blasl. „Oder auch andere Temperatur, andere Geschwindigkeit, andere Dichte. Die Eigenschaft sind anders, Plasma an sich ist aber nur ein Aggregatzustand, also so wie flüssig, fest, gasförmig gibt es also noch einen vierten Aggregatszustand – nämlich Plasma.“

Die Erde ist innerhalb des Erdmagnetfeldes umgeben von Plasma, aber mit den Sonnenstürmen dringt auch Plasma aus dem Universum durch das Erdmagnetfeld ein. „Diese beiden können in Wechselwirkung treten und das ist dann das Spannende für uns, weil sehr viele verschiedene Effekte passieren können“, so Blasl.

Simulation
IWF Graz
Erde mit ihrem umgebenden Magnetfeld, das den einkommenden Sonnenwind abschirmt und das Magnetfeld dadurch verformt

Wie und warum dieses äußere Plasma in das Erdmagnetfeld eindringt, wird von den Physikern erforscht, erklärt Kevin Blasl: „Das sind sehr komplexe Prozesse, die da auftreten können, es sind auch sehr viele verschiedene Prozesse, die auf verschiedenen Teilen des Magnetfeldes auftreten. Der erste nennt sich magnetische Rekonnexion, das ist nichts anderes als dass Magnetfeldlinien aufbrechen vor der Erde, wo der Sonnenwind auf das Magnetfeld trifft. Dadurch wird die magnetische Energie umgewandelt in Bewegungs- oder auch thermische Energie. Dadurch werden die Teilchen sehr stark beschleunig“.

Nutzen für saubere Energie

Diese Forschungsergebnisse könnte man sich eventuell bei der Gewinnung von sauberer Energie zu Nutze machen. „Plasmaforschung ist vor allem auch in der Kernfusion wichtig, weil wir da noch sehr viele Verluste und Störfaktoren haben. Ebenso einige Effekte, die im Plasma auftreten können, die wir noch nicht ausreichend verstehen, um sie auch verhindern bzw. kontrollieren zu können“, so Blasl.

Da man weltweit das Plasma zu erforschen versucht, können Rückschlüsse gezogen werden. „Wie schaut es aus bei viel höheren Energien, die man beispielweise in einem Kernfusionsreaktor hat. Kann man da irgendetwas neues lernen und mehr verstehen. In der Forschung stellt sich der Nutzen der Forschung oft erst dann heraus, wenn ich es verstanden hab und irgendjemand auf das Problem trifft und dadurch dann vielleicht schon eine Lösung vorliegen hat“, erklärt Blasl.

Daten aus Satelliten

Um saubere Energie mittels Wasserstoff-Kernfusion zu erzeugen, darf es keinen zusätzlichen Energieaufwand geben. „Das ist ein Teilgebiet, das sehr viele Gebiete der Physik braucht, beispielsweise Teilchenphysik, Plasmaphysik oder auch die technische Physik. Alle möglichen Gebiete der Physik, die man sich vorstellen kann, sind in einem solchen Prozess. Wir sind ein Teil davon und können hoffentlich etwas dazu beitragen. Wann das passieren wird, das ist noch offen, aber man kommt immer näher ans Ziel“, so Blasl.

Um das Plasma überhaut erforschen zu können, braucht es Daten von Satelliten, erklärt Blasl. „Die MMS (Magnetospheric Multiscale Mission) ist eine Satellitenmission von der NASA, an der wir beteiligt sind. Das sind vier Satelliten, die immer gemeinsam in einer Pyramidenform fliegen. Sie können ihre Abstände verringern und so verschiedene Größenordnungen untersuchen, je nachdem, was uns gerade interessiert“, erklärt Kevin Blasl.

Sonne mit Magnetosphäre
IWF Graz
Nicht nur die Erde, auch andere Himmelskörper in unserem Sonnensystem bilden Magnetosphären aus

Natürlich gibt es viele verschiedene Weltraummissionen, die auch für unterschiedliche Forschungsgebiete Daten liefern, so der Plasmaphysiker. „In Zukunft werden wir immer mehr hochauflösende Satellitenmissionen brauchen, weil die Prozesse, die wir jetzt verstehen lernen, immer komplexer werden.“

Das sei dadurch motiviert, dass man aus den Simulationen der Supercomputer immer höhere Auflösungen bekomme. „Die Supercomputer liefern uns immer genauere Daten, nur kommen die Weltraummissionen noch nicht nach. Dadurch müssen wir immer neue Missionen ins All schicken, um aufzuholen bzw. Prozesse besser zu verstehen und neue zu entdecken“, so Blasl.