Großglockner
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„Erlebnis Natur“

Die Entwicklung des Glocknergebiets

3.798 Meter hoch ist der Großglockner, Österreichs höchster Berg. Sein Gletscher, die Pasterze, schrumpft jedoch von Jahr zu Jahr. Hubert Sauper aus Döllach im Mölltal befasst sich schon sein ganzes Leben mit dem Glocknergebiet und verfasste bereits sieben Bücher darüber.

Auch, wenn man die Bilder von Schneemassen im Kopf hat, wenn man an das Großglocknergebiet denkt, ist es streng genommen eigentlich ein schneearmes Gebiet, sagte der 85 Jahre alte Buchautor Hubert Sauper: „Ich kann da einen Wissenschaftler zitieren, den Chef der Wildbach- und Lawinenverbauung, der gesagt hat, das Mölltal hat zwischen 1.000 und 2.000 Meter Höhe Steppenklima. Das heißt, trocken, windig und eher schneearm.“

Dieser Hofrat Stritzl, so Sauper, habe aber bei 2.000 Meter Höhe seine Beschreibung beendet: "Und da beginnt im Glocknergebiet erst das hochalpine Gelände, das freie Lichtgebirge. Und da gibt es massenhaft Schnee und natürlich auch Katastrophen. Ich erinnere nur an das Lawinenunglück 1951 in Heiligenblut, bei dem über 20 Tote zu beklagen waren.“

Buchcover
irmgard Ceesay/ORF
Eines der sieben Bücher von Hubert Sauper

Niederschlag hält sich in Grenzen

In Döllach im Mölltal in der Gemeinde Großkirchheim auf 1.000 Metern, wo Hubert Sauper lebt, hält sich der Niederschlag hingegen in Grenzen. Da gibt es, wie Sauper sagte: “Genau die Hälfte des Niederschlags von Kitzbühel. Und Kitzbühel liegt ähnlich hoch wie wir.“

Dass sich das Wetter in den letzten Jahrzehnten im Glocknergebiet verändert hätte, konnte er nicht beobachten: „Ich glaub nicht, dass sich das Wetter in meinen 85 Jahren, ich bin also gleich alt wie die Glockner Straße, wesentlich geändert hat. Es hat immer schon fürchterliche Gewitter gegeben, ich kann mich an ganz grausame Sommergewitter erinnern. Wir haben uns im Haus aber wohl und sicher gefühlt, das haben wir auch von unseren Eltern gelernt, also diese Angst vor dem Bergwetter, die hat uns nicht erreicht.“

Große Veränderungen nach dem 2. Weltkrieg

Der Bau der Großglockner Hochalpenstraße und der Tourismus nach dem 2. Weltkrieg brachten sehr großer Veränderungen mit sich. Bereits Ende der 1920er Jahre wurden die Hänge auf Lawinen beobachtet, um die Großglockner Hochalpenstraße bauen zu können. der Bau war natürlich ein eingriff in die Natur, sagte Sauper. „Also wenn man von Anthropozän spricht, einer Epoche, die der Mensch sozusagen gestaltet hat, wo er sich eingebracht hat in die Natur, auch störend zum Teil, da muss man sagen, ja selbstverständlich, eine Straße schneidet einen Hang an und es werden Mauern errichtet.“

Großglockner Hochalpenstraße von der Luft aus fotografiert
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Die Großglockner Hochalpenstraße

Auch Kraftwerk hinterließ Spuren

Der Bau der Großglockner Hochalpenstraße war ein Segen für die Touristen, doch für die Natur war es ein großer Einschnitt. Auch das Wasserkraftwerk Glockner-Kaprun hinterließ Spuren, so Buchautor Hubert Sauper: „Das war unter dem Begriff Glockner-Kaprun in allen Köpfen. Die Leute waren darauf aus, Arbeit und Brot zu bekommen. Und da hat man gesagt, die aufstrebenden Länder Deutschland und Österreich brauchen dringend Strom, woher, die Wasserkraft. Und wo kommt das Wasser her, aus den Gletschergebieten, aus den höchsten Bergen der Alpen, das war eben der Glockner mit dem längsten Gletscher, der Pasterze.“

Man habe auf der Südseite in Kärnten das Wasser der Pasterze im Quellgebiet und im Leiterbach gesammelt, einen Stollen durch den Tauernkamm bis nach Kaprun in Salzburg bei Zell am See gebohrt und das Wasser hinüber geleitet. Dort sei es mit großen Dämmen gestaut worden. Die größten Turbinen Österreichs seien dort errichtet worden, viele tausende Menschen hätten Arbeit gehabt und die Wirtschaft sei angekurbelt worden, so Sauper.

Begehrtes Glocknerwasser für die Stromerzeugung

Für die Touristen wurde schließlich die Gletscherbahn errichtet, da diese auf 2.500 Meter Höhe beim Endpunkt der Straße auch einmal Gletscherboden betreten wollten. Dagegen erhob der Alpenverein jedoch Einspruch: „Der Alpenverein wurde eigentlich immer enteignet, auch beim Bau der Margaritzensperre, da musste das Wasser bevor es abgeleitet wurde, zuerst einmal aufgestaut werden. Und das waren Baulichkeiten, die gingen über Jahre, auch im Winter. Da gab es sogar schon eine Seilbahn von Heiligenblut bis zu dieser Margaritze unterm Pasterzengletscher. Die Seilbahn ist dann einmal durch eine Lawine beschädigt und dann abgebaut worden.“

Seilschaft auf der Pasterze
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Die Pasterze

Später wollte der Alpenverein als Besitzer die Gamsgrube als naturbelassen erhalten und errichtete mit Hilfe des Nationalparks ein Sonderschutzgebiet: „Wobei errichtet hat das ja die Natur, mit ganz seltenen Pflanzen und Moosen, die es irgendwo vielleicht im Himalaya-Gebirge noch gibt. Und diese Fläche hat nur zwei Hektar, aber die darf niemand betreten. Es ist nur eine kleine Fläche und der Mensch, der Wanderer, der Urlauber, nimmt diese Einschränkung gerne an und ist froh, dass es so etwas gibt.“

Steinwild ist wieder heimisch

Wie sich all die Eingriffe des Menschen auf die Natur im Glocknergebiet auswirkten, traut sich Hubert Sauper nicht wirklich zu sagen: „Die Natur war immer so gewaltig, ich glaub die Natur hat nur ein kleines Lächeln für das Tun der Menschen übrig gehabt.“

Steinbockrudel
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1960 kaufte der Nationalpark aus der Schweiz schließlich Steinwild an, um es wieder anzusiedeln: „Heute hat man ja in Heiligenblut ein schönes Haus der Steinböcke errichtet und stellt diese Bemühungen, die erfolgreich waren, mit Freude den Leuten zur Verfügung in einer herrlichen Ausstellung.“