Ghislain Marcant in seinem Auto
ORF/Konrad Weixelbraun
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Leute

Französisch auf Rädern mit Ghislain Marcant

Der Franzose Ghislain Marcant fährt mit seinem Auto durch die Bundesländer, um Jugendliche für die französische Sprache zu begeistern. Er sagt, das gelinge immer, so auch bei Klagenfurter Schülern. Er selbst sieht sich nicht als Lehrer im herkömmlichen Sinn, sondern als Motivator.

Ghislain Marcant war kürzlich im Bachmanngymnasium in Klagenfurt, wo er seine Französischstunden in einer Oberstufenklasse gab, bevor es weiter nach Lienz ging. In den Orten, in denen er von den Schulen gebucht wird, verbringt er gerne ein paar Tage. Der VW Caddy ist für ihn mehr als nur ein Auto.

Es ist sein Lebensmittelpunkt für die Zeit der Wanderschaft durch Österreich: „Wenn ich von einem Ort zum anderen fahre bin ich oft auf der Autobahn und Bundesstraße unterwegs. Ich verbringe ziemlich viel Zeit im Auto.“ Er richtete sich sein Gefährt ein bisschen wie ein Hotelzimmer ein. Es bietet ihm sogar eine Schlafmöglichkeit: „Wenn ich ein bisschen müde bin, kann ich auf einen Rastplatz fahren und mich ausruhen. Ein Freund von mir hat mir ein Bett gebaut, das sich hinter dem Fahrersitz befindet.“

Ghislain Marcant in seinem Auto
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Ghislain Marcant

Seine Familie in Südfrankreich sieht er erst wieder Ende November, wenn er 4.000 Kilometer mehr am Tacho seines Autos hat.

„Motivations-Aktion für französische Sprache“ als Mission

Die Aufenthalte in Kärnten seien sehr zeitintensiv, sagt Marcant: „In jedem Gymnasium, wo ich eingeladen bin, ist es sehr intensiv, weil ich in der Früh sehr früh drankomme, oft schon in der ersten Stunde. Im Bachmanngymnasium war um 7.30 Uhr Treffpunkt mit der Lehrerin, weil ja um 7.45 Uhr der Unterricht beginnt.“

Er beschreibt seine Stunden nicht als Unterricht im herkömmlichen Sinne, sondern als „Motivations-Aktion für die französische Sprache“: „Ich verbringe zwischen einer und sechs Stunden pro Klasse und Tag mit den Schülern. Manchmal sind es fünf Tage hintereinander mit einer Klasse. Es kann bis zu 30 Stunden dauern.“

Ghislain Marcant beim Unterrichten am Bachmann Gymnasium
Ghislain Marcant
Interaktion statt Stillsitzen ist bei Ghislain Marcants Unterrichtseinheiten gefragt

Spiel und Spaß stehen im Vordergrund

Er sagt, er werde engagiert, um die Schülerinnen und Schüler zu motivieren: „In meinem Unterricht gibt es keine Grammatik, keinen Wortschatz, keine Noten – es gibt nur Stoff, mit dem die Schüler und Schülerinnen Spaß am Lernen haben. Ich singe ein bisschen, spreche als Native Speaker viel Französisch und ich spiele mit ihnen.“

Viele würden im Anschluss an die Stunden zu ihm kommen und sich bei ihm bedanken: „Wir haben meistens eine sehr schöne Zeit zusammen.“ Viele der Schülerinnen und Schüler würden sich wünschen, dass er viel länger mit ihnen Zeit verbringe, sagte Marcant.

Ghislain Marcant in seinem Auto
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Positive Erinnerungen an eigene Schulzeit fließen ein

Was ist sein Geheimrezept, um bei den Jugendlichen die Begeisterung für die französische Sprache und für das Land, aus dem er kommt, zu entfachen? Er sagt, die Schüler würden sich in den ersten zehn Minuten fragen, was sie erleben werden: „Sie fragen sich: Wer ist er? Was werden wir mit ihm machen? Dann bemerken sie, dass es lustig ist.“

Als er vor 15 Jahren mit diesem Projekt begann, fragte er sich, was ihm selbst bei seinen Lehrern am besten gefallen habe: „Ich habe versucht, nur was schön war, mitzunehmen und alles, was nicht schön war, wegzutun.“ Er sagt, er wisse nicht, ob das ein „Geheimrezept“ sei, aber seine Fähigkeit zum Motivieren liege darin, dass er das Lehren liebe und genauso die Gesellschaft von Jugendlichen: „Ich liebe es, mit Jugendlichen unterwegs zu sein und mit Menschen generell zu sprechen. Ich habe sehr viel Spaß dabei.“

Sightseeing einmal anders

Auch die Lehrerkollegen würden seiner Unterrichtsgestaltung viel abgewinnen: „Die Lehrer laden mich regelmäßig ein – manche jedes Jahr, manche alle zwei, drei Jahre.“ Es bestehe auch die Möglichkeit, ihn als Reiseführer in Frankreich zu erleben: „Die meisten Reisen, die ich mache, sind kreative Reisen. Wir besichtigen Schönheiten Frankreichs, aber die Schüler müssen auch kreativ sein. Sie müssen kleine Videos drehen und Interviews führen. Ich filme die Schüler dabei. Mit den Videos der Schüler und meinen Videos schneide ich einen Film in der Länge von eineinhalb Stunden. Wenn ich die Tournee durch Österreich mache treffe ich die Schüler, die nach Frankreich geflogen sind, und ihre Eltern und wir schauen den Film gemeinsam an. Es heißt dann oft, dass der Film genauso schön wie die Reise ist.“

Ghislain Marcant mit den Schülern des Bachmann Gymnasiums
Ghislain Marcant
Ghislain Marcant mit den Schülerinnen und Schülern des Bachmann Gymnasiums in Klagenfurt

Motivation wird zurückgegeben

Er selbst fühle sich durch das Feedback der Schüler nach seinen Unterrichtsstunden motiviert: „Ich rufe jeden Tag meine Frau in Frankreich an und sage ihr jeden Tag, dass das, was ich gerade mache, sehr schön ist. Man sieht die Schülerinnen und Schüler wie sie lächeln, Spaß und Erfolgserlebnisse haben.“ Er schätze sich glücklich mit seinem Beruf, weil er sehe, dass im Herzen der Schüler etwas übrig bleibe.