Wenn man ihr im Garten begegnet, kann man sie kaum übersehen, denn die Schlange hat eine auffällige Größe, sagte Helga Happ vom Reptilienzoo in Klagenfurt. Sie werde bis zu zwei Meter lang und wirke sehr beeindruckend. Sie sei auch nicht scheu, flüchte nicht vor Menschen, bleibe ruhig liegen und warte ab.
Fürchten braucht man sich vor ihr jedoch nicht, die Äskulapnatter ist nicht giftig. Früher war sie bei den Bauern gerne gesehen, so Happ. Sie sagten, „Schlange beim Haus, geht der Segen nicht aus.“ Die Bauern trockneten das Korn ja auf den Dachböden, was Mäuse und Ratten angezogen habe. Die Nager fraßen nicht nur, sondern verunreinigten das Getreide mit ihren Ausscheidungen. Deswegen seien die Bauern froh um eine Äskulapnatter gewesen, die die Schädlinge fraß, so Happ.
Gute Kletterer
Dachböden sind kein Hindernis, denn Äskulapnattern klettern gut: „Sie hat an den Bauchseiten kleine Hornschilde, die beim Klettern helfen. Wenn man einen Marillenbaum an der Fassade wachsen hat und Siebenschläfer auf dem Dachboden, kann, wenn man Glück hat, eine Äskulapnatter hochklettern und den Lärm minimieren, den die Siebenschläfer nachts machen.“
Das Wissen, dass Schlangen sehr nützlich sein können, sei aber meist abhanden gekommen: „Wir entfernen uns ja immer weiter von der Natur. Wenn dann eine Schlange im Garten auftaucht gibt es gleich Angstzustände und die Leute denken an Giftschlangen. Sie bedenken aber nicht, dass wir nur zwei Giftschlangen haben, aber vier ungiftige“, sagte Happ.
Äskulapnatter flüchtet nicht
Auch, wenn die Äskulapnatter ungiftig ist, kann sie zubeißen, um sich zu verteidigen: „Die nadelspitzen kleinen Zähne können nicht wirklich verletzten. Die Äskulapnatter ist eine selbstbewusste Schlange, sie flüchtet nicht, sondern stellt sich dem Menschen. Sie sind friedliebend und beißen nur, wenn man sie anfasst.“ Beißt sie zu, muss die Bisswunde aber ausreichend desinfiziert werden, wie bei jedem Biss eines Tieres.
Die Äskulapnatter wartet nicht, bis ihre Beute auftaucht: „Schlangen sind üblicherweise Ansitzjäger. Aber die Äskulap- und die Würfelnatter sind aktive Jäger. Die Äskulapnatter hat ein Jagdgebiet von mehreren Quadratkilometern. Wenn man eine solche Schlange im Schuppen oder Garten hat, wird sie immer wieder auftauchen und nach Nahrung suchen.“ Sie verspeist Ratten, Mäuse, Wühlmäuse, Siebenschläfer, Eichhörnchen, Vögel oder Vogeleier. Ihre Feinde sind Greifvögel, die gerne jungen Schlangen erbeuten. Auch Marder, Iltisse und Wildschweine gehören zu den Feinden der jungen Schlangen, ebenso wie Hunde oder Katzen.
Lichte Laubwälder liebt die Schlange
Der größte Feind ist aber der Mensch, so die Schlangenexpertin. Allein die vielen Straßen und zubetonierten Flächen nehmen den Tieren ihren Lebensraum. Erkennbar ist die Äskulapnatter an ihrem hellen Bauch, den man auch von der Seite erkennt. Ihr dunkler Rücken hat manchmal eine helle Strichlierung. Nach der Eiszeit wanderte die Äskulapnatter aus dem südeuropäischen Raum in Kärnten ein. Sie ist eine Wärme liebende Schlange, besiedelt gerne Sonnenhänge bis 700 Meter Höhe und mag lichte Laubwälder, so Happ. Sie werde von Fichtenmonokulturen vertrieben, die nehmen ihr den Lebensraum. Sie besiedle die Flussufer an Drau und Gail, liebe Trockensteinmauern, weil es Wärme und Verstecke gebe. „Sie mag mildes und sanftes Klima“.
In Oberkärnten ist die Äskulapnatter häufiger anzutreffen, in Unterkärnten eher seltener: „Die Menschen dort haben damit zu leben gelernt und sind auch froh, wenn sie eine im Garten haben. Aber manchmal ruft ein Imker an und meldet, dass eine Schlange im Bienenstock ist. Ich muss dann erklären, dass der Honig Ratten anlockt und die Schlange den Ratten folgt.“
Unterbrochene Winterstarre kann tödlich sein
Im Oktober zieht sich die Äskulapnatter in ein frostsicheres Versteck zurück. Sie geht bei Temperaturen unter zehn Grad in die Winterstarre. „Eine winterstarre Schlage ist wie tot, man sieht keinen Herzschlag.“ Problematisch wird es, wenn es im Winter Wärmeeinbrüche gibt. Das war beispielsweise heuer im Februar der Fall: „Dann erwachen die Schlangen, können aber nicht fressen und verdauen. Sie verbrauchen ihre Reserven und wenn es wieder kälter wird, müssen sie zurück ins Winterquartier.“ Wenn sie durch das Aufwachen während der Winterstarre alle Reserven verbrauchen, können sie auch sterben, sagte Happ.
Äskulapnattern fressen nun auch Feldmäuse
Die Äskulapnatter zählt in Kärnten zu den gefährdeten Arten. Einerseits gehen ihre Lebensräume, die Laubwälder, immer mehr zurück, andererseits werden auch Bestände von Mäusen und Ratten weniger. Äskulapnattern fressen jetzt schon Eichhörnchen und holen in Gärten Maulwürfe und Wühlmäuse. Das habe es früher nicht gegeben und sei auch ein Zeichen für unterbrochene Winterstarren, durch die sie besonders viel Futter brauchen, um den nächsten Winter zu überstehen.
Normalerweise kommt die Äskulapnatter im April aus der Winterstarre. Wenn es aber kalt und der Mai so verregnet ist wie heuer, sei das eine Zeit, in der sie nicht fressen können. Wechselwarme Tiere wie Schlangen brauchen für die Verdauung Wärme von außen. Damit dauere der Winter ungewöhnlich lange und der Sommer sei entsprechend kurz.