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Chronik

Hypo-Prozess gegen Wiener Anwalt

Wegen Scheinrechnungen der einstigen Hypo Alpe Adria Bank in Höhe von 3,8 Millionen Euro hat sich am Donnerstag ein 72 Jahre alter Anwalt aus Wien vor Gericht verantworten müssen. Mit dem Geld wurde die Fairness Opinion, ein Wertgutachten für die Hypo, bezahlt. Ein Urteil dürfte am Freitag fallen.

Die Scheinrechnungen über insgesamt 3,8 Millionen Euro überwies die damalige Hypo im Zuge des Verkaufs an die BayernLB für die Fairness Opinion. Der Rechtsanwalt, der die Rechnungsentwürfe damals geprüft und zur Auszahlung geraten haben soll, muss sich vor einem Schöffensenat wegen Untreue und schwerem Betrug verantworten. Er bestreitet die Vorwürfe.

Landesholding benötigte Gutachten über Wert der Hypo

In dem Prozess am Donnerstag dreht sich alles um die Fairness Opinion. Dieses Wertgutachten sollte 2007 bestätigen, dass der Verkauf der Hypo an die BayernLB den Gepflogenheiten entspricht und der Kaufpreis angemessen ist. Diese Fairness Opinion benötigte die Kärntner Landesholding als damalige Eigentümerin der Hypo dringend, weil es kein öffentliches Bieterverfahren gab. Die Bayern hatten über den Verkauf strikte Geheimhaltung verlangt.

Prozess gegen Anwalt

Scheinrechnungen stehen – nicht nur im Mittelpunkt der derzeitigen ÖVP-Ermittlungen – sie waren heute auch Grund für einen neuen Hypo-Prozess am Landesgericht Klagenfurt. Ein Rechtsanwalt muss sich wegen Untreue und schweren Betruges verantworten.

Die Fairness Opinion kostete 3,8 Millionen Euro, die Landesholding konnte allerdings nur Aufträge bis 60.000 Euro frei vergeben. Daher übernahm letztlich die Hypo die Kosten, aufgeteilt auf drei Scheinrechnungen an die Vienna Capital Partners (VCP). Das ist mittlerweile durch Geständnisse von VCP-Gründer Heinrich Pecina und Ex-Hypo-Vorstand Tilo Berlin bestätigt und hat zu rechtskräftigen Verurteilungen geführt – mehr dazu in OGH bestätigt Schuldspruch gegen Berlin (kaernten.ORF.at; 23.8.2021).

Anwalt: habe vor „Umetikettierung“ gewarnt

Am Donnerstag musste sich der 72 Jahre alte Rechtsanwalt aus Wien wegen Untreue und schweren Betrugs verantworten. Staatsanwalt Andreas Höbl wirft ihm vor, er habe die Scheinrechnungsentwürfe damals für die VCP geprüft und zur Auszahlung geraten. Der Angeklagte bestreitet das. „Ich habe Pecina dringend von der ‚Umetikettierung‘ der Rechnungen abgeraten, vor allem wollte ich damit nichts zu tun haben“, sagte er.

Richter Gernot Kugi fragte, warum die Scheinrechnungen trotzdem bezahlt wurden. Antwort: „Pecina hat sich bei Gott nicht in allem nach mir gerichtet.“ Staatsanwalt Höbl hält ihm seine Zeugenaussage 2016 im Verfahren gegen Pecina, Kircher und Berlin vor. Damals sprach der Anwalt bezüglich der Scheinrechnungen noch von „lässlichen Sünden“. Er habe damals nichts sagen wollen, was Pecina schade, sagte der Angeklagte.

Anwalt: Kein wirtschaftlicher Schaden entstanden

Dass die Hypo und nicht die Landesholding für die Fairness Opinion gezahlt hat, sieht der Angeklagte nach wie vor als in Ordnung an. Die Bank habe vom Verkauf an die Bayern profitiert, es sei kein wirtschaftlicher Schaden entstanden. Im Übrigen habe er geraten, der Hypo-Aufsichtsrat müsse die Kostenübernahme genehmigen. Das habe ihm Pecina versichert, passiert ist es nicht.

Pecina: Anwalt „ein Wissender“

Anschließend wurde Pecina als Zeuge vernommen. Er stellte die Geschäftsbeziehung zu dem Rechtsanwalt etwas anders dar. Er habe ihn fast täglich über den Stand der Dinge informiert, er sei „ein Wissender“ gewesen. Er habe auch niemals davon abgeraten, den Weg mit den Scheinlösungen zu gehen. Im Gegenteil: „Hätte er nur einmal gesagt, das geht nicht, und es wäre nicht passiert.“

Pecina hat seinen ehemaligen juristischen Berater übrigens geklagt, und zwar wegen Falschberatung. Dabei geht es um 4,3 Mio. Euro, die Pecina einfordert. Auf die Frage von Beisitzer Christian Liebhauser-Karl nach dem Stand des Verfahrens erklärte Pecina, dass es derzeit ruhe. Man wolle den Ausgang des Strafverfahrens abwarten, so die Begründung. Eine Verurteilung des Angeklagten hätte jedenfalls Auswirkungen auf das Zivilverfahren.

Drei Ex-Hypo-Vorstände befragt

Donnerstagnachmittag wurden gleich drei ehemalige Hypo-Vorstände als Zeugen vernommen, Josef Kircher, Tilo Berlin und Wolfgang Kulterer. Substanzielle Erkenntnisse zu den Vorwürfen gegen den Anwalt wurden dabei nicht gewonnen. Am Freitag wird der Prozess fortgesetzt, für den Nachmittag wird ein Urteil erwartet