Leere Sessel und Schulbänke vor Tafel
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Bildung

Schulabmeldungen steigen weiter

Bis dato sind in Kärnten 420 Kinder von ihren Eltern vom Schulunterricht abgemeldet worden. Sie sollen zu Hause unterrichtet werden. Die Bildungsdirektion betrachtet die Entwicklung mit Sorge, es gibt aber (noch) keine Handhabe, den Heimunterricht zu verweigern oder zu kontrollieren. Kritik kommt auch von Psychologen.

Mehr als 150 Jahre alt ist das Gesetz, auf dem der häusliche Unterricht beruht. Es wurde geschaffen, um dem Adel damals Hauslehrer zu ermöglichen. Im Jahr 2021 melden aber Eltern aus allen Gesellschaftsschichten ihre Kinder von der Schule ab, wegen Kritik am Schulsystem im Allgemeinen und aus Protest gegen die Coronavirus-Maßnahmen im Besonderen.

Wer nicht testet, bekommt Online-Unterricht

Schuljuristin Mirella Hirschberger-Olinovec von der Bildungsdirektion sagte dazu, das Argument sei, dass Eltern ihre Kinder nicht testen oder auch keine Maske tragen lassen wollen. Man versuche, die Eltern aufzuklären, dass man deswegen nicht gleich die Kinder abmelden müsse. Denn, wenn man zur Testung keine Zustimmung gibt, dürfen die Kinder zuhause unterrichtet werden. In diesem Fall hätten die Kinder noch Kontakt zur Schule, was beim häuslichen Unterricht nicht mehr der Fall ist, sagte die neue Bildungsdirektorin Isabella Penz. Die Eltern seien mit den Lehrplänen auf sich gestellt, und da liegt bei ihnen auch der Druck, dass das Kind am Ende des Schuljahres bestimmte Kenntnisse haben müsse.

Anträge werden fast nie abgelehnt

Für die Schulabmeldung reicht ein einfaches Formular. Ablehnen kann die Bildungsdirektion den Antrag so gut wie nie. Das wäre nur möglich, wenn „die Gleichwertigkeit des Unterrichts“ nicht gegeben sei. Ob für diese Gleichwertigkeit ein studierter Lehrer nötig ist, lässt das Gesetz offen, sagte Hirschberger-Olinovec: „Ob das eine Nachbarin ist, die Französisch kann oder jemand aus der Familie, sie müssen es nur glaubhaft machen.“

Zu erwarten sei, dass Eltern sich nun zusammenschließen und ihre Kinder von daheim aus online abwechselnd unterrichten. Das sei zwar nicht erlaubt, aber auch nicht überprüfbar, sagte der pädagogische Leiter der Bildungsdirektion Klaus-Peter Haberl: „Der Heimunterricht ist laufend nicht kontrollierbar. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen erfolge die Überprüfung durch die Externistenprüfung, die am Ende jedes Schuljahres abzulegen ist. Das ist eigentlich zu spät.“

Bildungsministerium will Regeln ändern

Diese Prüfung müssen die Kinder an einer Schule ablegen, die sie österreichweit aussuchen können. Wer durchfällt muss das Schuljahr in einer öffentlichen Schule wiederholen. Das Bildungsministerium kündigte nun strengere Regeln an. Schon nach dem ersten Semester soll künftig der Lernstand der Kinder erhoben werden – im kommenden Schuljahr rechnet damit in der Bildungsdirektion niemand. Haberl sagte, es müssen verfassungsrechtliche Bestimmungen geändert werden, worüber der Nationalrat befinden müsse.

Penz setzt auf Aufklärungsgespräche, denn es gehe ja auch um soziales Lernen in der Schule. Diese Erfahrungen könne man im Wohnzimmer allein nicht machen. Die Rückkehr an die Schule stehe jedenfalls auch während des laufenden Schuljahres offen, so die Bildungsdirektorin.

Kritik gibt es von Pädagogen aber auch aus psychologischer Sicht gibt es Bedenken. „Es ist natürlich nicht so einfach, der Beruf des Lehrers hat eine mehrjährige Ausbildung hinter sich. Da geht es auch um Methodik und Didaktik, wie man Lerninhalte gut vermittelt an Schülerinnen und Schüler und vor allem Kinder die vielleicht Lernschwierigkeiten haben brauchen natürlich eine besondere Unterstützung. Das wird es vielleicht auch davon abhängen, wie es den Eltern dann finanziell möglich ist, eine zusätzliche Lernunterstützung zu organisieren“, so Schulpsychologin Ina Tremschnig.

Schule als soziales Umfeld ebenso wichtig

Die Kinder werden also, wie es das Gesetz erlaubt, zuhause unterrichtet und müssen nur am Ende des Schuljahres eine Externisten-Prüfung an einer Schule ihrer Wahl ablegen. Eltern brauchen für den Unterricht keine besonderen Voraussetzungen, zu fordern wäre, dass sie so etwas wie ein Konzept für das Schuljahr oder einen en Unterrichtsplan vorlegen müssen, so Tremschnig.

„Ein wichtiger Part aus meiner Sicht ist auch die Schule als soziales Beziehungsfeld, wo alle diese Fähigkeiten und Kompetenzen erlernt werden können und das ist vor allem für Kinder sehr wichtig und das ist im häuslichen Unterricht in dieser Form meist nicht möglich, nämlich auch den Umgang mit Gleichaltrigen zu lernen, wie geht man miteinander um, Rücksicht zu nehmen, auch warten zu können, hilfsbereit zu sein, Probleme zu lösen, mit Problemen fertig zu werden, Konfliktlösefertigkeiten zu erlernen. All das ist neben der Wissensvermittlung ein Part in der Schule“, so die Schulpsychologin.