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Land erlaubt Wolfs-Abschuss auf drei Almen

Erstmals erlaubt das Land Kärnten per Bescheid den Abschuss eines Problem-Wolfes. Aber nur, wenn er auf einer von drei Almen gesichtet wird. Das sagte Landesrat Martin Gruber (ÖVP) im ORF-Kärnten-Sommergespräch. Gruber ist der erste Kärntner Jagdreferent, der eine Abschussgenehmigung für einen Wolf erteilte.

Insgesamt 56 Nutztierrisse wurden im Gebiet der Poludnig Alm, der Egger Alpe, sowie der Kirchbach Oberdöbernitzener Wipfelalm und der Nachbaralmen seit 20. Juni nachweislich von Wölfen verursacht. Die betroffenen Almgemeinschaften stellten daher beim Land Kärnten einen Antrag auf Ausnahme von den Schonvorschriften für den Wolf. Die zuständige Behörde beim Amt der Kärntner Landesregierung gab diesem nun nach eingehender Prüfung statt.

„Ich habe immer klar gesagt, dass ich sofort bereit bin, einen Bescheid zum Abschuss eines Wolfes zu unterzeichnen, um die Bauern zu schützen, wenn die Behörde grünes Licht dafür gibt. Das habe ich nun auch umgehend getan“, sagte Jagd- und Agrarreferent Landesrat Martin Gruber am Dienstag im ORF Kärnten Sommergespräch. Es sei eine richtungsweisende Entscheidung, die hier getroffen wurde.

Alternative Maßnahmen laut Experten nicht möglich

Experten und Sachverständige seien im Ermittlungsverfahren um Stellungnahmen ersucht worden. Aufgrund ihrer Einschätzung kam die Behörde zu dem Schluss, dass es keine anderweitige Lösung als die Entnahme des Risikowolfes gibt, um weitere Schäden bei Weidetieren auf den betroffenen Almen zu verhindern. Herdenschutzmaßnahmen seien aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten und der intensiven touristischen Nutzung der Almen faktisch nicht möglich. „Außerdem wären die geschätzten Kosten von über 200.000 Euro für eine durchgängige Zäunung der betroffenen Gebiete so hoch, dass die Weidehaltung für die Tierhalter unwirtschaftlich wäre. Das ist für die Bauern nicht zumutbar“, so Gruber. Auch die Vergrämung des Wolfes wurde als nicht zielführend beurteilt, da es dadurch nur zu einer Problemverlagerung auf umliegende Almen kommen würde.

Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Almwirtschaft im betroffenen Gebiet sei sehr hoch. Gleichzeitig sei der Abschuss aber das einzige Mittel, um weitere Schäden verhindern zu können. "Deshalb sieht die Behörde die Vorgaben der FFH-Richtlinie für Ausnahmen von den Schonvorschriften hier als erfüllt an“, erklärt Gruber. Durch diese EU-Richtlinie wurde der Wolf in Europa unter strengen Schutz gestellt.

Genehmigung bis Ende September befristet

Stellt sich die Frage, wie treffsicher kann eine solche Maßnahme, sprich der Abschuss, sein? Denn nun gilt es ja, genau den einen Problemwolf mit der Bezeichnung 120 MATK zu erwischen. Das dürfte nicht einfach werden, gelten doch Wölfe als scheu und unterscheiden sich äußerlich kaum voneinander. Den einen Problemwolf vorab zu identifizieren wird also nicht möglich sein. Aufgrund der gefundenen DNA bei den gerissenen Schafen gilt es aber als wahrscheinlich, dass nur dieser eine Wolf die drei Almen durchstreift.

Die Abschuss-Genehmigung wurde nun bis 30. September 2021 befristet erteilt, sie gilt jedoch ab sofort. Die Entnahme des aus Italien stammenden Wolfsrüden darf nur in den Eigenjagden Kirchbacher Wipfel, Poludnig Alm und Eggeralm/Zinia von Jägern mit entsprechender Jagderlaubnis erfolgen.

Der Abschuss ist dem Wolfsbeauftragten des Landes Kärnten unverzüglich zu melden. Roman Kirnbauer, Wildbiologe und Sachverständiger für Jagdwesen: „Wenn ein Wolf zur Strecke kommen sollte, müssen uns die Jagdausübungsberechtigten diesen vorlegen, bzw. ihn 48 Stunden gekühlt halten. Wir werden dann selbstverständlich einen DNA-Abstrich machen, um zu sehen, welches Individuum das war.“ Ob die Jäger im Fall des Falles den sogenannten Problemwolf erwischt haben, weiß man also erst hinterher.

Neue Verordnung in Ausarbeitung

Gruber kündigte indes an, weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen zu wollen, um die Bevölkerung und die Almwirtschaft vor Gefährdungen und ernsten Schäden durch Wölfe zu schützen. Er werde auch für Kärnten eine Wolfsverordnung ausarbeiten lassen, wie sie vor kurzem in Salzburg beschlossen wurde.

„Der Wolf hat auf unseren Almen keinen Platz. Deshalb braucht es statt der aufwendigen Bescheidprüfung eine langfristige rechtliche Lösung, an der wir bereits arbeiten, damit wir rascher eingreifen können. Ich werde mich auch weiterhin schützend vor die Kärntner Almwirtschaft stellen“, so der Jagd- und Agrarreferent.

WWF: Konflikte nicht mit Abschüssen lösen

WWF-Wolfsexperte Christian Pichler kritisierte die Wolfs-Abschusspläne: „Rechtswidrige Abschüsse können ungeschützte Schafe nicht dauerhaft schützen. Der nächste Wolf kommt nach und an der Situation für die Almwirtschaft hat sich nichts geändert."

Es müsste von der Politik Unterstützung beim Aufbau von fachgerechtem Herdenschutz geben, der Schafe auch vor Todesursachen wie Unwetter oder Krankheit bewahren. In Österreich leben derzeit etwa 40 Wölfe, in umliegenden Ländern weit mehr – alleine in Italien bis zu 2.700, in Slowenien mehr als 100. „Es werden daher immer wieder Wölfe durch Kärnten streifen, für die ungeschützte Schafherden eine leichte Beute bleiben“, sagte Pichler.

Landwirtschaftskammer begrüßt Abschuss-Bescheid

Von einer überaus wichtigen Entscheidung für die Zukunft der Kärntner Almwirtschaft sprach Landwirtschaftskammer-Präsident Siegfried Huber. Ein ungehindertes Treiben des Wolfes würde dazu führen, dass kein Vieh mehr auf Almen und Weiden aufgetrieben würde und dass diese nicht nur für die landwirtschaftliche Produktion, sondern auch für das Landschaftsbild und damit für den Tourismus so wichtigen Flächen zuwachsen würden, betonte der oberste Bauernvertreter.

Huber begrüßte auch die von Gruber angekündigte Ausarbeitung einer Wolfsverordnung für Kärnten. Diese würde der einstimmig verabschiedeten Resolution der jüngsten LK-Vollversammlung entsprechen, hieß es in einer Aussendung.

Auch die betroffenen Almbauern begrüßten den Bescheid. Auf vier Kärntner Almen hätten die Schafe mitten in der Saison bereits ins Tal abgetrieben werden müssen. Die Almwirtschaft sei ohne Abschuss des Problemwolfs in Gefahr.