Rudi Vouk
Peter Matha/ORF
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Leute

Ehemaliger „Ortstafel-Raser“ im Porträt

Bei der heurigen Feier zu zehn Jahre Ortstafellösung war einer nicht eingeladen: der Unterkärntner Rechtsanwalt Rudolf „Rudi“ Vouk. Er hatte 1994 nach einer Anzeige wegen Schnellfahrens in St. Kanzian Prozessflut ausgelöst und die jahrzehntelange Diskussion um zweisprachige Ortstafeln in Südkärnten erneut ins Rollen gebracht.

Im Staatsvertrag von 1955 sind die Rechte der slowenischen Minderheit beschrieben. Der Artikel 7 sieht auch vor, dass Aufschriften im zweisprachigen Gebiet zweisprachig sein müssen – oder besser gesagt „müssten“. Denn immer wieder im Laufe der Jahrzehnte wurde mit politischen Halblösungen und Gesetzen versucht, Ruhe zu schaffen.

In den 1990er Jahren war es wieder soweit. Der junge Jurist Rudi Vouk wollte es wissen: „Der Verfassungsgerichtshof hat Ende der 1950er Jahre den Fall eines Bleiburgers behandelt, der sich beschwert hat, dass in Bleiburg keine zweisprachige Ortstafel steht. Und der Verfassungsgerichtshof hat gesagt, nein, niemand hat das Recht auf irgendwelche Ortstafeln, weil es ein Verkehrszeichen ist. Und wir haben den Parlamentsparteien gesagt, das ist ein unmöglicher Zustand. Der Artikel 7 ist in diesem Punkt eindeutig nicht erfüllt.“

Vouk fuhr 15 Km/h zu schnell

Man sei aber nicht ernst genommen worden, so Vouk. Der damalige ÖVP-Klubobmann Andreas Khol habe schließlich gesagt, natürlich könne man sich beschweren. Es solle jemand zu schnell fahren und dann könne der Strafbescheid bekämpft werden. Vouk glaubt nicht, dass Kohl das damals ernst gemeint habe, aber er habe sich das gemerkt.

Am 6. September 1994 war Vouk mit dem Auto auf dem Weg nach Hause. um 17.25 Uhr wurde er knapp vor dem Ortsende von St. Kanzian mit einer Laserpistole gemessen: „Da stand ein Polizist und hat mich angehalten. In diesem Moment ist mir die Aussage von Khol durch den Kopf gegangen und so hab ich zum Polizisten gesagt, nein, zeigt mich an.“

Strafverfügung
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Vouk: „Nicht absichtlich zu schnell gefahren“

Er habe die Situation nicht provoziert und sei auch nicht, nachdem er einen Polizisten gesehen habe, absichtlich zu schnell gefahren. Mit 65 statt 50 Km/h war Vouk um 15 Km/h zu schnell unterwegs. Er habe dann zum Polizisten gesagt, eigentlich hätte die Ortstafel zweisprachig sein müssen: „Er hat mich dann komisch angeschaut und ich hab mir gedacht, das bringt jetzt nichts, was werde ich da diskutieren und habe zum Polizisten gesagt, er soll mich anzeigen.“

Die Strafverfügung wurde bekämpft, weil die Ortstafel einsprachig ist, dem Verkehrszeichen also etwas fehlt: „Und das Ganze hat dann sieben Jahre gedauert bis es endlich durch den Verfassungsgerichtshof entschieden wurde. Die Argumentation war immer gleichlautend, so hätte ich 100 Km/h fahren dürfen weil die Ortstafel ist ungültig, sie hätte zweisprachig sein müssen.“

Strafe musste nach jahrelangem Streit bezahlt werden

2001 entschied der Verfassungsgerichtshof, dass nicht wie bisher 25 Prozent der Bevölkerung für zweisprachige Ortstafeln zweisprachig sein müssen, sondern nur zehn Prozent. Rudi Vouk musste seine Schnellfahrstrafe trotzdem zahlen: „Weil es hieß, dass es sich um ein Ortsgebiet handelt, hätte mir auch so auffallen müssen.“ Vouk bezahlte schließlich die Strafe in Höhe von 500 Schilling.

Ernst genommen hätten den Weg des jungen Anwalts zum Verfassungsgerichtshof in der Ortstafelfrage selbst andere Volksgruppenvertreter nicht, sagte Vouk. Bis zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vor 20 Jahren. Mit gravierenden Folgen für Vouk: „Als ich da durch Klagenfurt gegangen bin waren die Blicke alles andere als freundlich. Da gab es Drohbriefe, da gab es Beschimpfungen, alles mögliche.“

Drohbriefe und Beschimpfungen

Auch seien damals Lügen über ihn verbreitet worden, so Vouk. Er sei ein slowenischer Raser, der eine Gefahr für Kinder im Straßenverkehr sei. Das habe ihn nicht kalt gelassen. Der damalige freiheitliche Landeshauptmann, Jörg Haider, habe ihm gedroht, ihm die Lizenz als Rechtsanwalt zu entziehen: „Er hat auch tatsächlich Anzeige erstatte, es wurde ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet, ich musste mich rechtfertigen. Das Verfahren wurde später eingestellt aber es war schon unglaublich, mit welchen Mitteln gearbeitet wurde, nur um vom eigentlichen Problem abzulenken, dass es hier ein Erkenntnis des Höchstgerichts gibt, das man nicht umsetzen will. Es gibt ja viel brisantere Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, wie etwa zur Gleichberechtigung der homosexuellen Ehe oder zur Sterbehilfe.“

Brief an Vouk
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Auch in Japan wurde über Vouk berichtet

Nur zögerlich wurden 2005 die ersten zusätzlichen zweisprachigen Tafeln aufgestellt, manche unter Landeshauptmann Haider wieder versetzt. Mehrere dutzend Nachahmer fand Vouks Schnellfahrbeispiel: „Diese 40 Verfahren waren natürlich nicht mehr alle zufällig wie das erste. Die meisten dieser Verfahren waren erfolgreich sonst hätte es in vielen Orten noch heute keine zweisprachigen Ortstafeln gegeben.“

Einigung 2011 sei ein Kompromiss

2011 einigten sich Konsensgruppe, Land und Bund auf eine 17,5-Prozent-Klausel für zweisprachige Ortstafeln, abseits der Verfassungsgerichtshofs-Entscheidung. Auf die Frage, ob er stolz darauf sei, was er damals ausgelöst hatte, sagte Vouk: „Wenn ich jetzt durch diese Dörfer fahre kann ich mir sagen, ohne mich hätte es das wahrscheinlich nicht gegeben. gleichzeitig verspüre ich aber auch eine Bitterkeit, weil ja damals schon klar war, es ist nur die Hälfte dessen, was sein müsste, rechtlich gesehen. Und ich weiß nicht, ob die Genugtuung oder die Bitterkeit überwiegt.“

Auf die Frage, ob er heute wieder den Weg durch die Instanzen gehen würde, antwortete der 56 Jahre alte Anwalt ausweichend. Seiner Karriere als Anwalt habe die Causa jedenfalls nicht geschadet, er habe viel dadurch gelernt, auch erlangte er so einen Bekanntheitsgrad als Anwalt. „Aber es war nervenaufreibend“, sagte Vouk.

Im Jahr 2012 bekam er wegen seiner Verdienste um die Rechte der Kärntner Slowenen den Tischler-Preis für Verdienste um die Volksgruppe.