Blätter in der  Galerie
Jo Hermann
Jo Hermann
Kultur

Bockelmann widmet sich Vergänglichkeit

Zum 40-Jahr-Jubiläum der Galerie im Schloss Porcia in Spittal/Drau zeigt Manfred Bockelmann seine Werke. In der Ausstellung „Baum und Blatt“ geht es ums Verwelken, Vergehen und Sterben. Bei drei Führungen konnten die Besucherinnen und Besucher die Geschichten hinter den Kunstwerken erfahren.

Ein Merkmal seiner Arbeit sei der Straßenrand, so Bockelmann. Er versuche Dinge zu zeigen, die wir kennen, aber nicht wahrnehmen. Mit den Blättern, die die Farbe verlieren und zu Boden fallen, erinnerte sich der Künstler an die eigene Vergänglichkeit. Seit sechs Jahren setzt er sich mit diesem Thema eindringlich auseinander.

Manfred Bockelmann
Jo Hermann
Manfred Bockelmann

„Das ist etwas worüber jeder nachdenkt aber in der Regel nicht darüber spricht. Als Künstler müssen wir uns solcher Themen annehmen, das gehört einfach zum Leben dazu und ich hab festgestellt, wenn man die Dinge versucht zu verdrängen, die einem belasten, damit befreit man sich nicht. Es ist besser man setzt sich damit auseinander und ich versuche ja auch über die Ästhetik diese Themen so aufzubereiten, das Menschen davor keine Angst haben müssen.“

Tod des Bruders als großer Schock

Auch der Tod seines Bruders, Udo Jürgens, im Jahr 2014 hat ihn dazu gezwungen sich mehr mit dem Tod zu beschäftigen: „Ich bin ja der Jüngste gewesen in der Familie und der Nachteil des Jüngsten ist, dass er sich in der Regel von allen verabschieden muss. Insofern ist da das Erlebnis Sterben ganz anders als wenn man der Älteste ist in einer Familie. Aber wenn man diese Trauerarbeit für jeden einzelnen, der einem verlässt, leistet, dann ist dieses Thema nicht wegzudenken.“

Seinen Bruder vermisse er sehr, sein Tod war ein Schock, so Bockelmann: „Für Udo war das bestimmt in einer gewissen Weise grandios weil er hat gar nicht gemerkt, dass er stirbt. Aber für uns war es natürlich ein Schock weil auf den Tod von Menschen, die man schätzt und liebt kann man sich ja einstellen, wenn sie älter sind. Aber wenn das so überraschend kommt dann ist man unvorbereitet und dann ist das umso schwieriger.“

Trost in der Kunst und Kultur

Manfred Bockelmann fasste sich auch mit dem Unfassbaren am Tod auseinander, aber auch mit dem, was Menschen nach dem Tod hinterlassen. Für ihn ein tröstlicher Gedanke: „Ein Mensch ist irgendwie noch am Leben wenn man an ihn denkt, auch wenn er nicht mehr physisch anwesend ist.“

Gemälde in der Galerie
Jo Hermann
Blätter werden blau angemalt

Vor allem die Musik, Bilder und die Kunst generell würden Menschen über den Tod hinaus unvergessen machen: „Wir brauchen ja nur an die Klassik denken, wie etwa Mozart, er hat ein dramatisches Leben hinter sich, ist vereinsamt und verarmt gestorben aber seine Musik erfreut täglich unendlich viele Menschen. Und diese Energie, die er aufgebracht hat, hat sich vervielfältigt.“

Ästhetik für das Vergängliche

Um den sterbenden Blättern, die er sehr detailliert mit Kohle zeichnet, einen ästhetischen Abgang zu geben, werden sie blau angemalt, so der Künstler: „Ästhetik ist kein Kriterium für Kunst, es muss nicht unbedingt alles schön sein was Kunst ist. Aber für mich ist es ganz wichtig, dass Leute sich das anschauen und dann sagen, auch was Ernstes ist wunderschön.“

Mit Kohle zeichnete Bockelmann verwelkende Blätter, was durchaus eine Herauforderung sein kann: „Jetzt sind die Blätter ja alle an den Bäumen und da sind sie zweidimensional. Das bedeutet, das können auch Kinder mehr oder weniger zeichnen aber wenn das Blatt auf den Boden fällt dann fängt es an sich zu verändern, es rollt sich ein und dann wird es eine echte Herausforderung das zu zeichnen. Das ist dann für einen Künstler eine Herausforderung man will das dann richtig gut machen.“

Zwei Gemälde
Jo Hermann

Inspiration durch Wahrnehmung

Inspiriert wurde er von einem kanadischen Ahornbaum, der auf dem Hof in Ottmanach steht. Ideen zu seiner Kunst entstehen durch Wahrnehmung.Er sei nicht jemand, der sucht, sondern jemand, der findet: „Wenn man teilnimmt am Weltgeschehen dann kommen automatisch auch Ideen. Ich bin jemand der sich enorm aufregen kann über politische Ereignisse, die mir nicht gefallen. Ich versuche eben meine Umgebung wahrzunehmen, daraus beziehe ich meine Motive.“

So kam es auch zu dem Thema „Atombombe“, als der Künstler vor zwei Jahren an der Biennale in Venedig teilnahm: „Das war eine Reaktion von mir auf die Tatsache, dass der Trump den Atomabrüstungsvertrag aufgelöst hat.“

Führung in der Galerie
Elisabeth Kleinwächter
Bockelmann bei einer Führung

Zu viel Information bei der Biennale

Seine Werke stellte Bockelmann im Palazzo Bembo aus. Zwei Jahre danach gab es aufgrund der CoV-Pandemie keine Biennale. Derzeit findet die Biennale wieder statt, Bockelmann besuchte die Veranstaltung in Venedig, bevor er nach Spittal kam: „Die Architektur-Biennale, die momentan stattfindet, ist natürlich so überladen mit Inhalten und mir ist es schwer gefallen, eine Perspektive für die Zukunft zu entdecken, die mir irgendwie ein Bild gibt. Es ist die Fülle der Veranstaltung. Das ist zwar ein tolles Fest für die Stadt, aber wir können diese Masseninformation nicht aufnehmen und das ist sehr erschöpfend, finde ich.“

In dieser Fülle sei es auch schwierig, eine gewisse Grundstimmung wahrnehmen zu können, so der Künstler: „Junge Leute haben oft das Gefühl sie können die Welt verändern. Wenn man älter wird dann weiß man, dass sehr viel Schall und Rauch ist.“

„Baum und Blatt“ noch bis 25. Juni

Obwohl Bockelmann schon bei der Biennale in Venedig oder in New York ausstellte, freut er sich zum 40-Jahr-Jubiläum in der Galerie im Schloss Porcia seine Werke zu zeigen: „Es ist mir im Grunde genommen als Künstler vollkommen egal, wo ich ausstelle. Entscheidend sind immer die Räume, die Menschen sind ja immer dieselben mehr oder weniger. Also ob jetzt Leute in New York in eine Galerie gehen oder in Spittal an der Drau, entscheidend ist, dass sie etwas mitnehmen und dass sie dem Künstler das Gefühl geben, dass er nicht umsonst etwas macht.“

Die Ausstellung „Baum und Blatt“ kann noch bis zum 25. Juni besucht werden.