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Kindesmissbrauchs-Prozess erneut vertagt

Der Missbrauchsprozess gegen ein Kärntner Ehepaar ist am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt fortgesetzt und erneut vertagt worden. Das Paar soll zwei Töchter in einem Zeitraum von mehreren Jahren sexuell missbraucht und vergewaltigt haben, was die Angeklagten zurückweisen.

Wie am ersten Prozesstag vor knapp einem Monat bekannten sich die Angeklagten nicht schuldig. Davon wich das Ehepaar auch zu Beginn der Verhandlung am Dienstag nicht ab. Zwar soll es immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den Eltern und den Mädchen gegeben haben, besonders mit dem Stiefvater, einem pensionierten Lehrer, die Missbrauchs- und Vergewaltigungsvorwürfe wies das Paar jedoch zurück – mehr dazu in Prozess wegen Kindesmissbrauchs vertagt (kaernten.ORF.at; 29.4.2021)

Strenge Erziehung und indirekte Andeutungen

Staatsanwältin Tanja Wohlgemuth warf dem Ehepaar vor, über zehn Jahre lang die zwei Töchter sexuell missbraucht zu haben. Die mittlerweile erwachsenen Frauen, die aus einer vorangegangenen Ehe der Frau stammen, gaben an, dass vor allem der Stiefvater des Öfteren sexuelle Handlungen vollzog und die Mutter jene nicht beachtete oder sogar unterstützte. Am ersten Verhandlungstag im April hatten Nachbarn und enge Bekanntschaften der Familie ausgesagt, von Gewalt nichts bemerkt zu haben.

Bei der Prozessfortsetzung wurden nun 27 Zeugen einvernommen. Ehemals enge Freunde und Schulkollegen der beiden Schwestern gaben an, zum damaligen Zeitpunkt von sexuellen Misshandlungen nichts bemerkt zu haben. Erst Jahre später erzählten die Schwestern von den angeblichen Vorkommnissen. Das Erziehungsverhalten des Stiefvaters beschrieben einzelne Zeugen als „sehr streng“. „Regelverstöße wurden mit Gewalt bestraft“, sagte ein Zeuge aus. „Sie wies auffällige Verhaltensweisen auf und machte indirekte Andeutungen“, erzählte ein Zeugin über eine der beiden Schwestern.

Gegensätzliche Aussagen zu blauen Flecken

Gegensätzliche Aussagen der Zeugen entstanden bei der Frage, ob die Schwestern blaue Flecken am Körper hatten. So erinnerten sich ehemalige Freundinnen der Geschwister an blaue Flecken an verschiedenen Körperteilen der Mädchen. Dass körperliche Gewalt oder eine Misshandlung zu diesen Flecken geführt hatte, sagten die Schwestern damals nicht.

Enge Bekannte der Angeklagten sagten aus, zu keinem Zeitpunkt derartige Verletzungen oder sexuelle Handlungen gegen die Töchter wahrgenommen zu haben. Einige Zeugen sprachen von einem „gewöhnliches Familienverhältnis“. Der Umgang der Mutter mit den Kindern sei „immer liebevoll gewesen“, berichtete eine Zeugin. „Ich kann nichts Negatives sagen. Die Vorwürfe kann ich mir auch überhaupt nicht vorstellen“, meinte eine weitere. „Wenn der Stiefvater zu streng war, hat sie die Kinder verteidigt“, sagte eine weitere Zeugin aus.

Auch Neffe und Ex-Freund einvernommen

Einvernommen wurde auch der Neffe des Erstangeklagten, der laut Aussage der Schwestern die Frauen im Kindesalter im Intimbereich berührt haben soll. Weiters wurde der Ex-Freund einer Schwester befragt, der sie in den Jahren 2013 und 2014 mehrmals vergewaltigt haben soll. Beide Zeugen verneinten die Vorwürfe, Strafverfahren gab es in diesen Fällen keine.

Laut Aussage der Schwestern soll der 67-jährige Hauptangeklagte gemeinsam mit zwei Freunden auch einen Pädophilen-Ring in Nepal führen. Dabei soll es sich jedoch laut Zeugenaussagen um ein Kinderhilfsprojekt handeln. „Daran gibt es gar nichts auszusetzen“, so ein Zeuge. Richter Gernot Kugi vertagte die Schöffenverhandlung, ein neuer Termin stand noch nicht fest.