Soziales

Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben

Am Mittwoch ist der Tag der Inklusion. Aus diesem Anlass übergaben Vertreter der Lebenshilfe und des Behindertenrates, unter ihnen mehrere Kärntner, in Wien 8.000 Unterschriften an Bundeskanzler Sebastian Kurz. Ihre Forderung: Ein inklusiver Arbeitsmarkt und faire Entlohnung für Menschen mit Behinderung.

Bisher erhalten viele Menschen mit Beeinträchtigung nur ein Taschengeld, weil ihre Leistungen nicht als Erwerbsarbeit eingestuft sind. So wie beispielsweise Oskar Obkircher, der in der Gärntnerei der Lebenshilfe Ledenitzen arbeitet oder Roland Kainz, der in der Werkstatt der Lebenshilfe Wolfsberg regionale Schmankerln wie Liköre herstellt. Wegen ihrer intellektuellen Beeinträchtigung sind beide offiziell als nicht arbeitsfähig eingestuft. Daher erhalten sie für ihre Leistungen 40 Euro Taschengeld im Monat, ohne Anspruch auf Sozial- und Pensionsversicherung oder Kollektivvertrag. Für mehr Unterstützung werden sie bisher von Gutachter zu Gutachter geschickt.

Das Recht selbst seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ist in der UN-Behindertenrechtskonvention verankert, sagt die interimistische Generalsekretärin der Lebenshilfe, Carina Pimpel: „Jeder Mensch soll einen Rechtsanspruch auf einen Arbeitsplatz haben, der an seinen Fähigkeiten, Ressourcen und Bedarf orientiert ist.“

Forderung nach angemessenem Gehalt

Dafür erarbeitete die Lebenshilfe ein Zwei-Säulen-Modell, das sie Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwochnachmittag vorstellten. Demnach sollen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung je nach Fähigkeiten zwischen dem regulären Arbeitsmarkt, integrativen Betrieben und Werkstätten wechseln können – gegen ein richtiges Gehalt samt Sozialversicherung und Pensionsanspruch.

Das wünscht sich auch Roland Kainz: „Ein selbstbestimmtes Leben im Prinzip, dass man als Erwachsener angesehen wird und nicht quasi als Kind. Dann kannst du deine Wohnung zahlen und vielleicht einmal verreisen. Das Gehalt kann man z.B. auch für Assistenz, für Hilfsmittel oder für die Pflege verwenden“.

Anreize für Unternehmen

Betriebe, die Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beschäftigen, sollten nach dem vorgeschlagenen Modell einen Lohnkostenzuschuss erhalten, finanziert über einen Inklusionsfonds von Bund und Ländern. Und der Unterstützungsbedarf solle nicht mehr allein medizinisch beurteilt werden. Auch die Fähigkeiten und Interessen der Menschen mit Beeinträchtigung seien zu berücksichtigen, fordert die Lebenshilfe ganz im Sinne der Selbstbestimmung.

Beschäftigungsinitiative des Landes

Auch Sozialreferentin Beate Prettner (SPÖ) fordert einen „Lohn statt Taschengeld“ für Menschen mit Beeinträchtigung. „Ein selbstbestimmtes Leben bedeutet auch Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Einer Beschäftigung nachzugehen, teilzuhaben an der Arbeitswelt und damit am sozialen Leben ist ein ganz wesentlicher Baustein nicht nur für Selbstbestimmtheit, sondern auch für Selbstbewusstsein. In Kärnten sind wir mitten in der Umsetzung einer weiteren Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderung. Bis 2022 werden wir 181 zusätzliche Arbeitsplätze für sie schaffen“, so Prettner. Umgesetzt werden diese 181 Plätze in 14 Projekten. Es handelt sich um unterschiedliche Beschäftigungsformen, wie beispielsweise Beschäftigungswerkstätten, Tagesstätten oder Arbeitsplätze im Rahmen des Chancenforums, so die Sozialreferentin.