Hannes Orasche und Kinderschutzbeaufragter
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Coronavirus

Kinderschutzbeauftrager zu Krisenresilienz

Laut dem Kinderschutzbeauftragten des Landes, Raphael Schmid, zählen Kinder und Jugendliche zweifelsohne zu jener Gruppe, die die Coronavirus-Krise am meisten zu spüren bekommen. Stellt sich die Frage, wie sich Positives aus der Krise mitnehmen lässt.

Hannes Orasche: Der Alltag von Kindern und Jugendlichen wurde durchgerüttelt, Schule findet nur bedingt in Klassenräumen statt, wie dringend brauchen Kinder und Jugendliche denn diese tägliche Routine, den geregelten Ablauf?

Raphael Schmid, Kinderschutzbeauftragter des Landes

Was können Jugendliche und Kinder Positives aus dieser Krise mitnehmen? Sozialpädagoge Raphael Schmid, Kinderschutzbeauftragter des Landes, antwortet.

Raphael Schmid: "Ein geregelter Alltag, Verlässlichkeit und Routine sind für Kinder im Aufwachsen etwas Wichtiges. Es bietet Ihnen Stabilität und Orientierung in einer Welt, in der sie sich erstmal zurecht finden müssen. Da bringt natürlich eine Zeit der Unsicherheit, wie wir sie im Moment der Pandemie haben, große Herausforderungen mit sich. Es ist unser Aufgabe als Erwachsene, als Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und als Gesellschaft als solches, uns zu bemühen, einen Fokus darauf zu legen, ihnen Stabilität und Orientierung zu bieten. Das brauchen sie, um sich wohlzufühlen, um gut aufwachsen zu können und das kann man über Routinen, Rituale und einen möglichst geregelten Alltag hinzubekommen. Es ist mir aber auch wichtig zu sagen, dass Kinder und Jugendliche neben Stabilität und Konstanz auch Räume der freien Erprobung und Entfaltung brauchen.

Das müssen wir ihnen zu Verfügung stellen, was natürlich in Zeiten der Pandemie erschwert möglich ist. Hier müssen wir sie loslassen und ihnen das auch zugestehen können. Vertrauen wir grundsätzlich in Kinder und Jugendliche, sie haben uns bewiesen dass sie stark und vertrauenswürdig sind, und vertrauen wir auch den Eltern, Großeltern und Verwandten die tagtäglich ums Wohl der Kinder bemüht sind."

Orasche: Was können Jugendliche und Kinder Positives aus dieser Krise mitnehmen?

Dazu sagte Raphael Schmid: „Von Positivem zu sprechen wäre vielleicht zu weit gegriffen. Wir sehen, dass sie sich hervortun mit außerordentlichen Fähigkeiten. Für diese Fähigkeiten ist ihnen zu gratulieren. Was sind das für Fähigkeiten: Dass sie die derzeitige Situation aus- und durchhalten. Dass sie sich mit den von Woche zu Woche wechselnden, auf den Kopf gestellten Tagesabläufen arangieren können. Dass sie die wechselnden Regelungen und Verordnungen akzeptieren können. Dass sie die so wichtige Freundschaften kreativ aufrechterhalten und uns Erwachsenen im wechselnden Trubel und den Sorgen, die wir haben, aushalten. Das sind auf jeden Fall Fähigkeiten, die im weiteren Leben von Wert sein werden.“

Hannes Orasche: Die Pandemie wird vielleicht wieder eine Epidemie – wie viel wird bei den Jugendlichen und Kindern, die ja jetzt mitten in ihrer Entwicklung stehen, wieviel wird da von dieser Coronavirus-Krise bleiben – wächst tatsächlich eine Coronageneration heran?

Raphael Schmid: "Ich würde davor warnen, von einer verlorenen Generation oder Coronageneration zu sprechen. Die Kinder und Jugendlichen holen sich das, was sie brauchen. Wir sind dazu aufgefordert, sie nicht darin zu bremsen, dort wo es notwendig ist. Dass wir sie unterstützen einerseits, andererseits aber sind wir aufgerufen, ihnen die Stabilität zu geben, die sie brauchen. Ein offenes und sensibles Ohr zu haben für ihre Sorgen und Ängste – auch wenn das bedeutet, dass wir unsere Sorgen und Ängste zurückstellen müssen. Es braucht Geduld, Aufmerksamkeit und Gelassenheit in der Begegnung.

Wenn ich einen österlichen Wunsch formuliere – und ich blicke positiv in die Zukunft – dann bin ich mir sicher, dass wenn wir das alle beherzigen, dass wir auch weiterhin unseren Jugendlichen beim Explorieren, beim Entdecken und Ausprobieren der Welt als sicherer Anker zur Seite stehen können und wahrscheinlich auch innerlich applaudieren können dazu, dass sie sich das, was zwischenzeitlich etwas nach hinten geschoben ist, dann holen."