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Politik

Neue Raumordnung beschlossen

Wie lässt sich Zersiedelung eindämmen, wie lassen sich Stadt- und Ortskerne stärken – Nach jahrelangem Ringen beschloss die Landesregierung ein neues Raumordnungsgesetz. Ohne Mobilisierungsabgabe für unbebautes Bauland, aber mit Rückwidmungen. Kritik kommt von FPÖ und Team Kärnten.

Das neue Raumordnungsgesetz ist die Richtschnur für Widmungen in den Gemeinden. Jetzt, nach der Gemeinderatswahl, liegt eine Einigung auf dem Tisch. Zersiedelte Landschaften, betonierte Stadtränder, leere Ortschaften und brachliegendes Bauland seien Sünden der Vergangenheit, Fehler, die man mit dem neuen Raumordnungsgesetz nicht mehr machen wolle, heißt es nun. Doch um alle Interessen unter einen Hut zu bringen, brauchte es viel Zeit und mehrere Anläufe.

Einigung erst nach fünf Jahren Diskussion

Fünf Jahre lang wurde nun zwischen SPÖ und ÖVP um eine Neuregelung gerungen, sagte der Chefverhandler der ÖVP, der Moosburger Bürgermeister Herbert Gaggl. Das neue Gesetz sei jetzt ein gemeinsames Vielfaches aus allen Interessen. „Ich glaube, dass es ein sehr hart diskutiertes Gesetz ist, das wirklich für Kärnten einen Vorreitercharakter hat.“

Hart diskutiert wurde vor allem um die Mobilisierungsabgabe, ursprünglich auch Widmungsabgabe genannt. Diese sollte eingehoben werden, wenn gewidmetes Bauland lange unbebaut bleibt.

Mobilitätsabgabe als „Enteignung“ kritisiert

Von Enteignung war in der Diskussion die Rede, Vertreter der Landwirtschaft sprachen auch von einem massiven Eingriff in das Eigentumsrecht. Gaggl sagte dazu: „Die Mobilisierungsabgabe gibt es nicht, vor allem für alte Widmungen – 30 Jahre und älter – die also nicht zur Verfügung stehen, hier gibt es für die Gemeinden nun mehrere Instrumente, diese mit Aufschließung zu belegen, Bebauungsverpflichtung usw. – hier haben die Gemeinden mehrere Möglichkeiten an der Hand, aber es gibt keine Mobilisierungsabgabe.“

Gestärkt werden im neuen Raumordnungsgesetz vor allem die Orts- und Stadtkerne, um einer Zersiedelung – wie es sie derzeit gibt – entgegenzuwirken. Ist damit die grüne Wiese gerettet? "Wenn sie meinen, die grüne Wiese am Waldrand, der Steilhang mit wunderbarem Ausblick und sonst nix, dann ist diese sicher gerettet. Im Ortskern, wo eine Verdichtung stattfinden soll, nicht, da soll es bebaut sein.

Vorerst keine Stellungnahme des SPÖ-Referenten

Schnellere Verfahren und aufgelassene Höfe, die künftig neu genutzt werden können, sind ebenfalls Eckpunkte im neuen Gesetz, das vom zuständigen SPÖ-Landesrat Daniel Fellner in der Regierung vorgebracht und am Dienstag beschlossen wurde. Das Gesetz muss noch den Landtag passieren, um dann am 1. Jänner 2022 in Kraft treten zu können. Nach zwei Jahren soll es evaluiert werden.

FPÖ gegen Gesetzesentwurf: Zu viele „Giftzähne“

Seitens der FPÖ Kärnten werde es keine Zustimmung zum vorliegenden Gesetzesentwurf geben, kündigte FPÖ-Obmann Gernot Darmann an. Obwohl der Entwurf des neuen Raumordnungsgesetzes bereits im August 2019 in Begutachtung gegangen sei und es mehrere intensive Verhandlungsrunden zwischen Vertretern der Landtagsparteien und unter Beziehung der Fachbeamtenschaft gegeben habe, beinhalte der nun vorliegende Gesetzestext noch immer viele „Giftzähne“, die eine Zustimmung keinesfalls möglich machten.

Neuwidmung: Außerhalb von Siedlungen „unmöglich“

Zahlreiche Bereiche hätten negative Auswirkungen für Gemeinden, wie Bürger. So würden die Kompetenzen und die Autonomie der Gemeinden beschnitten, Neuwidmungen außerhalb der Siedlungsschwerpunkte würden praktisch unmöglich gemacht und die Gemeinden hätten zukünftig im Raumordnungsbeirat keine Parteienstellung mehr. Zudem sei zu befürchten, dass sich das vorliegende Raumordnungsgesetz zu einem Turbo entwickeln könnte, der die Abwanderung der Bevölkerung aus peripheren Regionen beschleunigt.

Außerdem greife das Gesetz in Eigentumsrechte ein, denn Bauflächen, die seit mehr als 20 Jahre gewidmet, aber nicht bebaut sind, müssen von den Gemeinden rückgewidmet werden, und zwar zum Teil ohne dass sie den Grundstückeigentümern eine Entschädigung zahlen müssen. Hier seien langwierige Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert und die Bürgermeister vor Ort würden in schwierige Situationen gebracht, kritisiert die FPÖ.

Auch Team Kärnten dagegen

Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer sate nach dem Beschluss der Regierung, nun verstehe eer, warum man von Seiten von SPÖ und ÖVP mit der Beschlussfassung des Gesetzes bis nach der Gemeinderatswahl zugewartet habe. Die neuen rechtlichen Regelungen drohen dafür zu sorgen, dass wirtschaftliche Entwicklungen, gerade in den Bezirksstädten, enorm erschwert werden. Warum gelten für den Zentralraum Villach und Klagenfurt andere Regelungen als für andere Städte und Gemeinden, das werde das TK nicht mittragen.

Ebenfalls sorgt die Novelle zum Raumordnungsgesetz dafür, dass die Gemeinden in Detailfragen entmachtet werden, ihnen gleichzeitig aber mehr Bürokratie auferlegt werde, was sich beispielsweise bei Raumordnungsverträgen widerspiegle. Es werde künftig für Gemeinden auch nicht mehr möglich sein, Einzelwidmungen zu bekommen. Das berechtigte Ansinnen, die Ortszentren zu stärken, führe im Gesetzesvorschlag jetzt dazu, dass man die Abwanderung aus den ländlichen Regionen weiter massiv forcieren werde, so Köfer.