Evangelische Kirche im Stadtpark
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Soziales

Aus Bauingenieurin wurde Frau Pfarrerin

Eine Frau, die mit nicht ganz typischen Frauenberufen aufhorchen lässt, ist Astrid Körner. Die Diplomingenieurin ist evangelische Theologin, Pfarrerin in Villach und sechsfache Mutter.

Umdenken, neu anfangen, damit hat Astrid Körner kein Problem. Nach einer technischen Ausbildung orientierte sie sich noch einmal ganz neu und wurde Pfarrerin. Heute steht sie der evangelischen Pfarre am Villacher Stadtpark vor.

Am Anfang stand eine Frage: Worum bemühe ich mich?

Der Weg aus der Baubranche zur Kirche war für Körner, wie sie selbst sagt, gar kein überraschender: „Ich habe mit sehr viel Freude im Management gearbeitet, in der Projektentwicklung vor allem – sehr gerne mit anderen Menschen zusammen.“ Es sei ihr immer darum gegangen, Ideen zu entwickeln und den gemeinsamen Gedanken auf den Grund zu gehen, „ich habe nur irgendwann gemerkt: Was ist eigentlich die Sache, um die ich mich bemühe und da habe ich gewusst: Nein, das Baugewerbe wird es nicht bleiben. Ich möchte eigentlich mit Menschen und auch für Menschen arbeiten.“

„Wollte mich einsetzen für Welt der Nächstenliebe“

Ausschlaggebend für diese Entscheidung sei auch ihre Rolle als Mutter gewesen. „Wofür setze ich mich ein, was lebe ich meinen Kindern vor?“ Sie habe sich dann entschieden, evangelische Theologie zu studieren und wollte Pfarrerin werden: „Ich wollte nicht nur dem Sinn und Grund unseres Seins nachspüren, und theologisch ausloten, was mein Leben ausmacht und wohin ich streben möchte, sondern ich wollte wirklich Pfarrerin werden. Mich einsetzen. Mit anderen, für eine Welt die geprägt ist von Nächstenliebe, von Schöpfungsverantwortung, Wert und Würde die wir jeden Menschen zuschreiben.“

Pfarrerin sein als Traumberuf

Auf die Frage, ob sie all das gefunden habe, sagte Körner: „Pfarrerin sein ist sicher ein Traumberuf, weil er immer in Zwischenräumen wirkt. Es ist nicht ein Beruf, wo man von Haus aus weiß: Das ist mein Job, das ist mein Tagesgeschäft oder dorthin strebe ich, sondern ich wurzle in einem Grund, von dem aus ich versuche, mich in die Welt einzuweben, auch Quellen aufzuspüren, wo ein Miteinander geteilt werden kann.“

Als Pfarrerin gehe es in erster Linie einfach darum, „da zu sein“, so Körner. „Hörend da sein, in der Seelsorge, in der Schule, in der Gemeinschaft und Gemeinde im engeren Sinn. Fein hinhören, welche Fragen da sind, Räume öffnen, Wege begleiten und selber auch eintauchen dürfen in andere Geschichten.“

Kinder machen Leben zu einem bunten System

Heute ist es ein buntes Leben mit sechs Kindern und einer nicht kleinen evangelischen Pfarre. Aber wie geht sich das alles aus? „Kinder sind viel Arbeit. Sie machen das Leben zu einem sehr bunten, vielschichtigen System, aber durch Kinder bekommt man unglaublich viel zurück und sie lehren einen ein sehr gutes Ressourcenmanagement.“ Als Pfarrerin lebe sie in einem Pfarrhaus, habe Residenzpflicht. „Die Kinder gehören in dieses Pfarrhaus mit hinein. Das ist auch ein Stück Heimat, für mich und die Kinder.“

Ein wenig sei es auch ein Leben zwischen „Tür und Angel“. Die Jacke ausziehen bedeute für die Kinder: Mama hat Zeit, wenn die Jacke anbleibe wüssten alle Kinder, auch die kleinste mit zwei Jahren, dass sie wohl noch zu tun habe. „Pfarrerin zu sein ist kein Beruf, der um 17.00 Uhr endet. Er geht immer durch, gibt mir aber dann auch die persönliche Freiheit, selber Zeiten zu setzen, die nur für die Familie da sind.“

Auf dem Weg zur Spitze der Diakonie

Ressourcenmanagement nennt die evangelische Pfarrerin als die wichtigste Voraussetzung, um alles unter einen Hut zu bringen. Sie ist 43 Jahre alt, ihre Karriere noch nicht abgeschlossen. Körner ist auf dem Weg an die Spitze der Diakonie: „Es ist ein Weitergehen, kein Wechsel in einen anderen Beruf, das ist mir wichtig.“

Als Konrektorin sei sie im Vorstand der Diakonie De La Tour in einem geistlichen Amt, einem kirchlichen Dienst. Das Aufgabengebiet werde größer, aber auch anders. „Vielleicht ist es ein Stück weit weniger nah dran an den Geschichten der Menschen, aber doch immer diese im Blick habend.“

Es gehe zuallererst um den Dienst am Nächsten, die Hingabe an den Einzelnen, den Menschen – auch für eine große Unternehmensgruppe. Es sei ihre Aufgabe, die Ausrichtung des Unternehmens an christlichen Werten als normative Stimme zu gestalten. „Wer sind wir, was sind wir, wofür machen wir etwas und wo wollen wir hin.“

Selbstverständliche Karriere als Frau in der evang. Kirche

Frauen in der evangelischen Kirche, das sei selbstverständlich, in allen Funktionen: „Die evangelische Kirche ist sehr stolz darauf, zu Recht, dass Frauen genauso Amtsträgerinnen sind, wie ihre männlichen Kollegen. Das war nicht immer so, das musste auch erst erkämpft werden. Aber mittlerweile ist es eine Selbstverständlichkeit, das was uns ausmacht.“

Natürlich verändere sich „Kirche“ wenn immer mehr Frauen Zugang fänden und „gestaltend mitwirken bis in die höchsten Leitungsebenen". Das werde von der Evangelischen Kirche gefördert und gewünscht."Ich habe die Erfahrung gemacht: Möglichkeiten kann man nur ausloten, indem man versucht, sie Wirklichkeit werden zu lassen. Man muss Wege konkret gehen und wirkliche Schritte setzen, erst dann kann ich bemerken, wie sich Räume weiten und Möglichkeiten Wirklichkeit werden.“

Weltfrauentag: Ob Mann oder Frau – „einfach Mensch sein“

Vielfach ausgebildet, geht Körner mutig an jede neue Herausforderung heran. Doch wozu brauche es einen Weltfrauentag? „Der Weltfrauentag ist unaufgebbar wichtig um uns sensibel zu halten oder sensibel zu werden, dass Frauen es weltweit, aber auch in unserer Kultur, ungleich schwerer haben als Männer.“

Die Kultur sei über tausende Jahre von Männern geprägt worden. „Frauen haben immer sekundär gelebt“. Es fange beim Gendern in der Sprache an. Probleme müssten benannt werden, auch Männer müssten erkennen, dass die Frauenfrage auch ihr Thema sei. „Auch Männer leben in Kulturüberformungen, die sie vielleicht auch nicht immer so wünschen. Auch sie wollen vielleicht nicht immer so leben.“

Für ihre eigenen Töchter wünsche sie sich: „Sie sollen ihr Leben mutig in die Hand nehmen“ – da sei sie ganz gewiss – und ihr Recht auf Teilhabe leben. „Natürlich wünsche ich mir für meine Töchter, aber auch für meine Söhne, dass sie gar nicht mehr in diesen Kategorien denken müssen: Mann oder Frau, einfach Mensch sein“.