Im Botanischen Garten befindet sich ein kleines Archiv mit einer biographischen Sammlung handschriftlicher Notizen, Briefen und Büchern und biographischen Daten von Botanikern aus Kärnten. Diese werden noch heute für Forschungszwecke herangezogen. Darunter befinden sich auch die Schriften des Klagenfurter Historikers, Zoologen und Botanikers Hans Sabidussi, der sich über viele Jahre der Erforschung des Schneeglöckchens gewidmet hat.
Steueramtsdirektor mit Leidenschaft für Botanik
Sabidussi gilt als vielseitig engagierter Mensch, so Roland Eberwein, der Leiter der Abteilung Botanik im Landesmuseum Kärnten: „Er interessierte sich sehr früh für die Naturwissenschaften. Von Berufswegen her war er Steueramtsdirektor und hatte dadurch eine extreme Genauigkeit mitbekommen. Seine Aufzeichnungen sind äußerst präzise. In seiner Freizeit setzte er sich ehrenamtlich für die Naturwissenschaften im breiteren Sinne ein. Er war auch ehrenamtlicher Kustos für Botanik am Naturhistorischen Landesmuseum, er leitete kurzzeitig den Botantischen Garten und veröffentlichte auch zoologische Schriften und einen Häuser-Kataster von Klagenfurt. Er war sehr vielseitig interessiert.“
Beobachtung der Natur als Leidenschaft
Sabidussis besondere Leidenschaft galt der Phänologie, also der Beobachtung der jährlich wiederkehrenden Wachstums- und Entwicklungserscheinungen in der Natur. Für diese Beobachtungen und Vergleiche braucht man ein ausgewähltes Objekt, erzählt Eberwein: „Es muss immer die gleiche Pflanze möglichst am gleichen Standort sein. Damit sie auch durch jahrelange Beobachtungen vergleichbar ist. In dem Fall ging es um die Blütezeit des Schneeglöckchens in Klagenfurt."
Im Botanischen Garten der Stadt, der sich noch nicht wie heute am Kreuzbergl, sondern noch in der Mießtalerstraße befand, fand Sabidussi jede Menge „Forschungsmaterial“ vor. Verglichen wurden die Faktoren Temperatur, Sonnenschein und meteorologische Daten wie Schneedecke und Ähnliches.
Schneeglöckchen kämpfen sich als erste aus dem Boden
Die Schneeglöckchen kämpfen sich als erste Frühlingsboten durch das kalte Weiß und künden von einem nicht mehr ganz so fernen Frühling. Eberwein: „Ein Schneeglöckchen brauch einen offenen, nicht mehr gefrorenen Boden. Die Blüten sind ja schon im Herbst angelegt und warten nur auf die entsprechende Bodentemperatur und auf Sonnenlicht. Sie reagieren hauptsächlich auf Wärme und Sonnenlicht, wenn die Blüten geöffnet werden sollen.“
Die Blüten schließen bei Regenwetter, aber sie sind unempfindlich, so Eberwein: „Wenn es kurz einmal schneit oder wenn es einen kurzen Kälteeinbruch gibt, bleibt die Entwicklung kurz stehen und geht danach wieder weiter.“
Die Blütezeit endet meistens im Mai. Es hänge aber davon ab, wohin sie gesetzt werden: „Wenn die Schneeglöckchen an der warmen Hausmauer sind blühen sie viel früher als in schattigen Bereichen. Die Blühdauer hängt auch vom Wetter ab. Bei Kälteperioden wird die Blütezeit etwas unterbrochen und dadurch in die Länge gezogen.“
Nur das Schneeglöckchen ist rein weiß
Es müsse laut Eberwein zwischen Schneeglöckchen und Frühlingsknotenblume unterschieden werden. Die beiden sehen einander nämlich sehr ähnlich: „Beide blühen fast zur gleichen Zeit. In Kärnten ist in der Natur die Frühlingsknotenblume viel häufiger anzutreffen als das Schneeglöckchen. Die Frühlingsknotenblute hat verwachsene Blütenblätter, die einen sehr schönen Kelch bilden, der an den weißen Kelchenden gelbe Tupfen hat.“ Schneeglöckchen hingegen sind rein weiß.
Schneeglöckchen blühte im 19. Jhdt. drei Wochen später
Die handschriftlichen Aufzeichnungen, die von Hans Sabidussi akribisch festgehalten und auch veröffentlicht wurden, sind deshalb so wertvoll, weil sie über einen relativ langen Zeitraum von 20 Jahren konstant erfolgten.
"Sie zeigen sehr schön den Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wir haben Ausreißer in der Temperaturkurve, die allerdings nur singulär, also einzeln vorkamen, und nur alle paar Jahrzehnte auftreten. Deshalb rechnet man auch in Mittelwerten. Sie zeigen, dass das Schneeglöckchen zwischen 1880 und 1900 um gut drei Wochen später zu blühen begann als heute“, so der Pflanzenexperte.
1882 war ein ungewöhnlich warmes Jahr
Laut Eberwein geht aus den Schriften auch hervor, dass ein markanter Ausreißer am 6.2.1882 erfasst wurde: „Ein Blühbeginn Anfang Februar ist äußerst ungewöhnlich.“ Sabidussi notierte dazu, dass es ein ungewöhnlich warmes Jahr war. Solche Ausreißer würden nicht sehr häufig vorkommen, aber seien unter solchen Bedingungen durchaus möglich.
Pflanzenwelt Kärntens entdecken
Heute durchwandern Besucher des Botanischen Gartens die faszinierende Pflanzenwelt Kärntens, ergänzt durch Besonderheiten aus aller Welt. Regelmäßig finden dort auch Vorträge zu verschiedenen Themen statt. Der Botanische Garten ist ganzjährig bei freiem Eintritt geöffnet. Feiertags und bei Schneedecke ist er geschlossen.