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Politik

LH Kaiser: Bund letztverantwortlich

LH Peter Kaiser (SPÖ) hat am Dienstag im Ö1-Morgenjournal zur Reisewarnung für Kärntens Nachbarbundesland Tirol und der Verantwortung für Maßnahmenverschärfungen Stellung bezogen. Er sagte, der Bund sei letztverantwortlich, das Mittragen der Entscheidungen durch die Bevölkerung aber wesentlich.

Auf die Frage, ob die innerösterreichische Reisewarnung, wie sie seit Montag für Tirol gilt, mehr als ein politischer Verzweiflungsakt sei, wie Juristen meinen, sagte Kaiser im Gespräch mit Andrea Maiwald: „Es ist der Versuch, etwas zu tun. Das ist nach den ganzen Debatten, die es im Vorfeld gab, erklärbar.“ Für ihn als Kärntner Landeshauptmann habe das bedeutet, dass er rasch mit dem Bundesheer Kontakt aufgenommen habe, um die Straßen, die Osttirol mit Kärnten verbinden, mit zusätzlichen Testmöglichkeiten auszustatten.

1.500 Kärntner pendeln jeden Tag zur Arbeit nach Osttirol. Sie hätten nun eine zusätzliche Möglichkeit, sich in den Teststraßen, die von 8.00 bis 18.00 Uhr betrieben werden, testen zu lassen. „Beim Aus- oder Einreisen, wie immer sie es möchten“, so Kaiser. Das sei die einzige Möglichkeit, den Schutz um eine Nuance zu erhöhen.

„Von Anfang an war eher Konflikt begleitend“

Aus der Distanz heraus sei es schwer, von „Verständnis“ für die Tiroler Position – keine Abriegelung, keine lückenlosen Tests trotz Sorgen wegen der südafrikanischen Virus-Variante – zu sprechen. Günther Platter und der Gesundheitsminister würden sicher vorsichtig an die Situation herangehen, so Kaiser. Allerdings schaffe man mit Begriffen wie „Uneinsichtigkeit“ oder „Gangart verschärfen“ nicht unbedingt das nötige Vertrauen, so der Kärntner Landeshauptmann: „Ich war immer ein Verfechter dafür, dass Bund und Länder engst abgestimmt miteinander Situationen bewerten und dann entscheiden. Hier ist von Anfang an eher der Konflikt mit begleitend gewesen.“

Das gesamte Ö1-Interview mit LH Peter Kaiser (SPÖ) zum Nachhören – mehr dazu in der Radiothek.

Bevölkerung muss Entscheidungen mittragen

Letztendlich sei der Bund im Sinne des Epidemiegesetzes verantwortlich und habe die Letztentscheidung zu treffen: „Es spricht für den Bund, dass man die Bundesländer mit einbezieht. Aber dann sollte man auch versuchen, das, was gemeinsam vereinbart ist, auch gemeinsam zu tragen.“ Es sei – laut Kaiser – richtig, wichtig und unverzichtbar, dass die Menschen „das, was Gesetze und Verordnungen ausdrücken, umsetzen.“ Das müsse das Ziel jedes Handelnden sein.

Wenn sich das Virus so rasch ausbreitet, dass man es nicht mehr eingrenzen könne, sei eine konkrete Verantwortungsübernahme schwierig. Das habe die Pandemie bis jetzt schon gezeigt, so Kaiser: „Ich gehe davon aus und drehe es um, dass jede und jeder das Beste will. Ich kenne niemanden, der eine Freude damit hat, dass sich das Virus weiterverbreitet. Also haben wir ein einigendes Band. Man muss dann halt auch versuchen, das in den Handlungen umzusetzen.“

Impfungen: „Permanentes Nachschärfen nötig“

Dass Impfungen nicht oder nicht so gut wie erhofft wirken würden, sei ein erst kürzlich aufgetauchter Aspekt, so Kaiser: „Es gibt derzeit unterschiedliche Untersuchungen. Die WHO sagt, besser impfen als nicht zu impfen, was zweifelsohne logisch ist.“ Es werde wahrscheinlich ein permanentes Nachschärfen gegenüber eines immer mehr mutierenden Virus notwendig sein, so Kaiser.

Die Zeit sei ein entscheidender Faktor. Rasche Entscheidungen – auf Basis einer gereiften Grundlage – seien gefragt. Es müsse auch berücksichtigt werden, wie sich die Entscheidungen auf die Menschen auswirken. Sie müssten gewonnen werden, um die Entscheidungen mitzutragen. „Das ist von der Formel her die richtige Vorgangsweise. Wie schwierig das in der Praxis ist erleben wir täglich“, so der Kärntner Landeschef.

Kaiser sieht Verantwortung bei allen

Auf die Frage, ob der Gesundheitsminister die Lage noch im Griff habe, meinte Kaiser, alle würden in der Verantwortung stehen: „Die Regierung, genauso wie die konstruktiven Oppositionsparteien. Ich denke, dass die Gemeinsamkeit hier das Einzige ist, mit dem wir auch weiterhin reüssieren können.“ Er appelliere an alle, sich daran zu halten. Die Politik müsse entscheiden und die Entscheidungen müssten gemeinsam getragen werden.

Der Föderalismus stehe der Pandemiebekämpfung nicht im Wege, so Kaiser. Das Gegenteil sei der Fall: „Ich glaube, dass der Föderalismus, wenn er positiv verstanden wird – dass man das, was man gemeinsam entscheidet, auch in der Umsetzung begleitet – wirksamer ist, als so mancher Zentralismus.“ In Anlehnung an Anschober meinte auch Kaiser, es sei ein Prozess des Weiterverhandelns und Beobachtens zielführend. Er gehe davon aus, dass es bald weitere Maßnahmen geben werde, so der Kärntner Landeshauptmann.

Bedürfnisse der Bevölkerung einbeziehen

Angesichts der zweihöchsten Inzidenz Kärntens im Bundesländervergleich sei ihm „nicht wohl“, so Kaiser: „Wir versuchen, in einer Abwägung zwischen Maßnahmen, die das Virus einschränken und nicht verbreiten lassen, aber auch mit Abwägung einen Weg zu finden.“ Darin würden Erwägungen dazu einfließen, wie sehr die Menschen noch belastbar seien und was es ihnen letztendlich helfe, wenn sie zwar mehr Schutz haben, dafür aber Existenzen zerstört werden. Es müsse mit viel reden, überzeugen und bei Entscheidungen mit Klarheit vermittelt werden, so Kaiser.