Schneemasssen Apriach
Daniel Buchacher
Daniel Buchacher
Chronik

Nach dem Schneefall: Durchatmen

Der Montag sollte ein Tag zum Durchatmen werden. Die Nacht auf Montag verlief im Lesachtal ruhig, die Schneefälle hörten vorübergehend überall auf. Es wurden auch keine Lawinenabgänge gemeldet, die Temperaturen gingen im Vergleich zum Wochenende etwas zurück. Die Straße ins Lesachtal ist zumindest für Einsatzfahrzeuge wieder befahrbar.

Einig sind sich die Meteorologen jedenfalls in einem Punkt, dass es absolute Niederschlagsrekordmengen waren, die in so kurzer Zeit gefallen sind – mehr dazu in Lesachtal isoliert und ohne Strom (kaernten.ORF.at; 6.12.2020). Mit etlichen Schneepflügen, Traktoren und mit Schneefräsen gelang es noch am Sonntagabend, das Lesachtal von Kötschach-Mauthen aus bis zur Landesgrenze zu erreichen. Fahren können aber nur Einsatzfahrzeuge.

Bernd Radler (ORF) zur Situation in Kötschach-Mauthen

Für das Drau- und das Mölltal gab es bereits am Montagvormittag zwei Koordinationssitzungen der Einsatzkräfte. Mit dem Hubschrauber veschafften sich die Einsatzkräfte einen Gesamtüberblick. Adi Gugganig, von der Lawinenkommission in Flattach sagte, der Regen habe die etwa 80 Zentimeter hohe Schneedecke am Sonntag bis zu einer Seehöhe von 800 Metern komplett durchweicht. „Dadurch sind da viele Schneerutsche herunter gekommen. Über 2.000 Metern gibt es rund zwei Meter Neuschnee, da sind einige Lawinen abgegangen, etwa bei der Zufahrtsstraße zum Mölltaler Gletscher.“

Schneefräse
ORF
Die Aufräumarbeiten im Lesachtal gehen weiter

Als neuralgische Punkte bezeichnete Kurt Schober, der Bezirksfeuerwehrkommandant von Spittal an der Drau das Obere Mölltal, von Stall bis Heiligenblut. „Wenn da wieder ein Schneefall kommt, wird es ziemlich kritisch werden. Bei uns in Flattach, im Unteren Mölltal haben wir die schlimmen Sachen, wo der Schnee in Regen übergegangen ist, es ist fast die gleiche Situation wie bei der Katastrophe 2019.“ Vor einem Jahr sorgte eine ähnliche Wetterlage im November für riesige Schäden – mehr dazu in Nach Unwettern: Lage angespannt (kaernten.ORFat; 19.11.2019). Die Wildbachverbauungen, die seither errichtet worden sind, hätten die Höfe aber diesmal geschützt, sagte Schober.

Lesachtal: Ortschaften frei räumen

Unterstützung sei vom Land gekommen, sagte der Lesachtaler Bürgermeister Johann Windbichler (ÖVP). „Vom Land bekommen wir dankenswerterweise drei zusätzliche Schneefräsen für die Gemeinde Lesachtal, eine ist schon da. Wir haben über 30 Ortschaften in Lesachtal, auch südlich der Gail sehr viele, wo noch die Räumung ansteht. Wir werden den Tag nutzen und fest arbeiten, um halbwegs eine Normalität zu bekommen, was die Infrastruktur betrifft.“

Rekord-Niederschlagsmengen im Bezirk Hermagor

Schon für Dienstag sind wieder Schnee und Regen vorhergesagt, mit bis zu 50 Zentimeter Neuschnee im Lesachtal bis Mittwoch. Abwarten und Schnee schaufeln – so lautet die Devise. Am Montag ist es zu einem spektakulären Rettungseinsatz gekommen. Mit Unterstützung der Feuerwehren kann eine Frau noch rechtzeitig ins Krankenhaus Laas gebracht werden.

Stromausfall: 2.900 Haushalte betroffen

Am Sonntagabend fiel in Lesachtal der Strom aus. Rund 3.000 Haushalte waren laut Kärnten Netz auch am Montagvormittag noch ohne Strom, betroffen sind das Lesachtal und weite Teile des oberen Mölltals. Bis Mittag konnte etwa die Hälfte der Haushalte weder versorgt werden. Nun werde gehofft, dass die Stromversorgung auch der anderen Haushalte während des Tages wieder repariert werden kann. Die Monteure der Kärnten Netz arbeiten mit Hochtouren an der Behebung der Schäden, allerdings ist die Situation teilweise gefährlich, dadurch könnte es da und dort noch länger dauern, bis die Stromversorgung wieder hergestellt ist.

Mit den Schneefräsen wird versucht, die zwei Meter hoch verschneiten Straßen im Tal freizumachen, um entlegene Ortschaften zu erreichen. Die Lawinengefahr liegt weiter zwischen 4 und 5, die Lage bleibe also angespannt, sagte Bürgermeister Windbichler. Wie lebensgefährlich die Situation in den abgeschnittenen Ortschaften werden kann, zeigte am Montagvormittag der Fall einer 50 Jahre alten Frau, die einen Zuckerschock erlitt. Sie konnte von Bergrettung und Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht werden.

Mölltal: Noch immer zehn Gebäude evakuiert

Im oberen Möll- und Drautal sind noch immer zahlreiche Bergstraßen gesperrt. Die Räumarbeiten sind für die Einsatzkräfte aufgrund der Lawinengefahr teilweise noch zu gefährlich. In Flattach sind noch immer zehn Gebäude mit 27 Bewohnern aufgrund der Lawinengefahr evakuiert. Seit 7.00 Uhr tagt der Einsatzstab in Flattach im Mölltal, ab 9.00 Uhr tagt dann laut Bezirksfeuerwehrkommandant Kurt Schober wieder der großen Krisenstab, um das weitere Vorgehen zu koordinieren. Noch am Sonntag wurde ein Hubschrauber angefordert, der vor allem das obere Möll- und Drautal überfliegen soll, wenn es das Wetter zulässt.

Schüler im oberen Mölltal, im Lesachtal, in Kötschach und Rennweg haben am Montag schulfrei. Wenn ein Kind Betreuung braucht, kann es aber in die Schule gebracht werden.

Der Bürgermeister von Kötschach Mauthen, Josef Zoppoth  (FPÖ), beim Interview
ORF/Radler
Der Bürgermeister von Kötschach Mauthen, Josef Zoppoth (SPÖ), beim ORF-Interview

Kötschach-Mauthen: 60 Menschen sitzen fest

In Kötschach-Mauthen selbst waren am Montag Schneeräumtrupps in Begleitung von je zwei Mitgliedern der Lawinenkommission zu sechs abgeschnittenen Ortschaften unterwegs, wo gesamt etwa 60 Menschen festsitzen. Bürgermeister Josef Zoppoth (SPÖ) sagte, zwei Wege seien bisher zur Räumung frei gegeben. Ab Dienstag werde es vermutlich noch einmal schneien, sagte Zopoth, er rechne mit noch einmal 70 Zentimetern Neuschnee bis Donnerstag. „Jetzt haben wir noch etwas Zeit, den Dreck weg zu bringen.“

Schnee zu schaufeln war auch vor der Kirche in Kötschach-Mauthen nötig. Der katholische Pfarrer Sergius Duru ist in Nigeria geboren und zeigte sich von den Schneemassen begeistert. „Seit zwei Monaten bin ich hier und sehe nun zum ersten Mal so viel Schnee. Das ist für mich etwas Besonderes. Es ist schön, aber nicht einfach für mich.“

Der Pfarrer von Kötschach-Mauthen, Sergius Duru, beim Schneeschaufen
ORF/Radler
Der neue Pfarrer von Kötschach-Mauthen, Sergius Duru aus Nigeria, hat seinen ersten Kontakt mit Schnee und gleich viel Arbeit mit dem Schneeschaufeln

Mure verlegte Ossiacher Tauern Landesstraße

War es im Westen Kärntens der Schneefall, so hielt in Unterkärnten der Regen die Einsatzkräfte auf Trab. Im Gemeindegebiet von Flattach (Bezirk Spittal an der Drau) gingen mehrere Nassschneelawinen und Muren ab, acht Häuser musste evakuiert werden. Eine Lawine ging auch in Heiligenblut ab, sie beschädigte ein unbewohntes Ferienhaus.

Auf der Ossiacher Tauern Landesstraße (Bezirk Feldkirchen) kam es zu einem Murenabgang, bei dem die gesamte Straße verlegt wurde. In den Gemeinden Lendorf, Lurnfeld und Sachsenburg (Bezirk Spittal an der Drau) wurden Straßen überflutet, in Sachsenburg war auch ein Wohnhaus betroffen.

Noch zahlreiche Straßen gesperrt

Gesperrt waren Montagfrüh neben Bergstraßen auch einige Hauptverkehrsverbindungen. So waren die Großglockner Straße (B107) und die Mölltal Straße (B106) an mehreren Stellen wegen Lawinengefahr und Schneebruchs nicht befahrbar. Von der Außenwelt abgeschnitten war weiterhin das Lesachtal, die Straße ab Kötschach-Mauthen war ausschließlich für Einsatzfahrzeuge befahrbar. Kein Durchkommen gab es auch am Iselsberg zwischen Kärnten und Osttirol und am Plöckenpass in Richtung Italien, auf zahlreichen weiteren höhergelegenen Straßen galt Kettenpflicht.

In den stark vom Schneefall betroffenen Regionen – also dem Möll- und Lesachtal – blieben am Montag die Schulen geschlossen – mehr dazu in Lawinengefahr: Vielerorts keine Schule.