Soziales

Krise trifft Menschen mit Behinderung stark

Am Donnerstag ist der Tag der Menschen mit Behinderung. Aus diesem Anlass zog die Kärntner Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung Bilanz. Obwohl es positive Veränderung gegeben habe, brauche es noch weitere Schritte, vor allem, da die CoV-Krise Menschen mit Behinderung noch stärker treffe.

Die Anwältin für Menschen mit Behinderung, Isabella Scheiflinger, blickte auf ein Kalenderjahr zurück, das trotz der aktuellen Coronavirus-Krise auch Verbesserungen für die Kärntner Menschen mit Behinderung brachte. Vor allem die Installierung eines gut ausgestatteten Kärntner Landesmonitoringausschusses zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention auf Landesebene hob Scheiflinger hervor.

Tag der Menschen mit Behinderung

Die Coronavirus-Krise trifft Menschen mit Behinderung besonders stark, darauf wird am Donnerstag, am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, aufmerksam gemacht.

Umsetzung von UN-Konvention vorantreiben

„Der Monitoringausschuss, dem neben Vertretern der Wissenschaft und der Menschenrechte ausschließlich Menschen mit Behinderung angehören, ist ein sehr kompetentes und fachlich unabhängiges Fachgremium um die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Kärnten voranzutreiben“, so Scheiflinger, die Mitte des Jahres auch die Leitung der Geschäftsstelle des Landesmonitoringausschusses übernahm.

Viele Sorgen und Anfragen

Scheiflinger sagte: „Viele Menschen mit Behinderung haben Zukunftsängste, Existenzängste, viele Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sind arbeitslos. Daraus resultierend haben sie finanziellen Sorgen. Wir haben viele Anfragen, wohin sich die Menschen wenden können, um mehr Geld zu bekommen.“ Viele Anfragen kommen zum Thema Assistenz, was sei, wenn die Assistenz erkranke. Das Helfersystem stehe unter großem Druck, das färbe ab. Viele Menschen fühlen sich einsam, so Scheiflinger. Man müsse ihnen das Signal geben, dass Hilfe auch in der schweren Zeit möglich sei. „Das versuchen wir, zu vermitteln und arbeiten eng mit Vereinen und Dienstleistern zusammen, wie dem Verein Mena, der sich speziell um einsame Menschen mit und ohne Behinderung kümmert.“

Isabella Scheiflinger Anwältin für Menschen mit Behinderung
ORF
Isabella Scheiflinger

Positiv sei, dass im Jahr 2020 eine wichtige Gesetzesnovelle beschlossen worden sei, die nun verhindert, dass bei im gemeinsamen Haushalt lebenden pflegenden Angehörigen das Pflegegeld im Rahmen des Sozialrechtes als Einkommen angerechnet wird: "Die bisherige Regelung hat für viele pflegende Angehörige, die ohnehin häufig sehr belastet sind, auch noch zu großen finanziellen Sorgen geführt“, so Scheiflinger.

Finanzielle Verbesserungen durch Gesetzesänderung

Zusätzlich positiv beurteilt sie auch die Änderung des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes im Zuge der Einführung des mit Anfang 2021 in Kraft tretenden Kärntner Sozialhilfegesetzes. Es wird für Menschen mit Behinderung finanzielle Verbesserungen mit sich bringen. So werde etwa auf die bisher erfolgte indirekte Anrechnung der Familienbeihilfe bei Menschen mit Behinderung zukünftig verzichtet und darüber hinaus ein weiterer finanzieller Zuschlag für Menschen mit Behinderung gewährt, sagte Scheiflinger.

Trotz dieser positiven Entwicklungen bzw. Erfolge mache natürlich auch die Covid-19-Krise bei den Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörige bemerkbar. Die Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen wie zum Beispiel Besuchsverbote, die Vermeidung der Sozialkontakte oder aber veränderte Strukturen im Alltagsleben belasten Menschen mit Behinderung.

Große Belastung für Angehörige

Zusätzlich seien Angehörige häufig mehrfachbelastet und die Aufgaben wie Unterricht Zuhause, Homeoffice, Hausarbeit sowie Betreuungsverpflichtungen gegenüber ihren Kindern mit und ohne Behinderung, seien oft schwer in Einklang zu bringen. Scheiflinger verkennt aber auch nicht die hohe und seit Monaten andauernde Belastung des Pflege- und Assistenzpersonals in den jeweiligen Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderung gefördert, begleitet oder ausgebildet werden.

Probleme auf dem Arbeitsmarkt

Im Bereich des Arbeitsmarktes gebe es aufgrund von Covid-19 große Herausforderungen: „Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der arbeitssuchenden Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen um ca. 15 Prozent gestiegen“, so Scheiflinger. Die Arbeitslosigkeit der Menschen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen sei somit mehr als doppelt so stark gestiegen wie bei den Menschen ohne gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen.

Für die Anwaltschaft zeigt diese Zahl auch auf, dass gerade am Arbeitsmarkt Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen besonders stark von der aktuellen Covid-19 Krise betroffen seien. Scheiflinger fordert hier dringend zusätzliche Anreize, um Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen/Behinderungen auch in Zeiten der aktuellen Krise in Beschäftigungsverhältnissen zu halten.

Ziel: Gleichstellung aller Menschen

Als weiteres wichtiges Ziel nannte Scheiflinger die gesetzliche Gleichstellung von allen Menschen mit Behinderung auf Kärntner Landesebene und verwies darauf, dass Menschen mit psychischen Behinderungen von einzelnen Leistungen des Kärntner Chancengleichheitsgesetzes weiterhin ausgeschlossen werden.

Darüber hinaus bedürfe es mehr mobiler Unterstützungsleistungen für Menschen mit psychischen Behinderungen, um auch Ihnen ein möglichst langes und selbstbestimmtes Leben im privaten Wohnbereich ermöglichen zu können. Derzeit sei die aktuelle landesgesetzliche Situation sowie das Leistungsangebot keinesfalls ausreichend, sagte die Anwältin für Menschen mit Behinderung.