Waldrapp
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Tiere

Waldrappe müssen allein in Süden ziehen

Der Waldrapp zählt zu den am stärksten bedrohten Vogelarten weltweit und gilt in freier Natur als beinahe ausgestorben. Der Tierpark Rosegg nimmt an einem EU-Projekt zur Wiederansiedelung teil. Bisher wurden die Tiere sogar auf ihrem Zug in den Süden begleitet, in der Pandemie musste man andere Wege finden.

Im Tierpark Rosegg werden seit einigen Jahren Kücken mit der Hand aufgepäppelt und dann in eine kleine Kolonie eingefügt. Damit die Tiere ihr Winterquartier in der Toskana erreichen, wurde der Vogelschwarm in der Vergangenheit sogar mit einem Leichtflugzeug begleitet und quasi angewiesen, wohin er fliegen soll.

Älterer Vogel zeigte Jungen den Weg

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie sei heuer alles anders gewesen, sagte Emanuel Liechtenstein vom Tierpark Rosegg: „Wir konnten unsere Teams zum Beispiel in Italien nicht so bewegen, wie es geplant war. Wir mussten umdisponieren und haben einen interessanten Versuch gestartet. Wir haben einen zugerfahrenen Vogel aus dem Projekt unseren Jungvögeln beigesetzt. Und tatsächlich sind diese Jungvögel in nur kurzer Zeit über Udine Richtung Toskana geflogen und sind jetzt im Wintergebiet eingetroffen. Ein großer Erfolg, also die ersten Jungvögel aus Rosegg, die direkt in ihr Wintergebiet geflogen sind.“

Waldrapp
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Ein schwarz schillerndes Gefieder, eine markanter Schnabel, ein kahler Charakter-Kopf: Der Waldrapp ist ein ungewöhnlicher Ibisvogel

Dank Sender können Vögel genau lokalisiert werden

Die gezüchteten Waldrappe tragen einen leichten Sender auf dem Rücken, mit dem ihre Position in Intervallen gesendet wird. Und so weiß Liechtenstein, dass eine zweite große Gruppe noch unterwegs ist: „Die befindet sich noch westlich von Udine und hat dort offenbar hervorragende Bedingungen vorgefunden. Waldrappen sind Opportunisten, sie bleiben da, wo es ihnen gefällt und sie finden offensichtlich genug Futter dort. Wenn das aber knapper wird, dann werden sie sich auch Richtung Süden bewegen. Es sind zugerfahrene Vögel dabei. Die Vögel sind auch ständig unter Beobachtung und mit Sendern ausgerüstet, so dass wir sie am Bildschirm beobachten können.“

Waldrappe auch im Tierpark

Aber auch im Tierpark Rosegg ist noch eine Gruppe Waldrappe zu finden – sie sind keine Faulpelze, sondern haben eine große Aufgabe vor sich: „Das sind ältere Vögel, die keinen Zugtrieb mehr haben. Aber die haben eine ganz spezielle Aufgabe, die müssen für die Zucht sorgen. Der Großteil der ausgewilderten Vögel stammt aus Rosegg, aus unserem Tierpark, und werden hier geboren. Und so planen wir auch nächstes Jahr wieder sehr viele Jungvögel für unser Wiederansiedlungs-Projekt zur Verfügung zu stellen.“

Das Projekt geht trotz Coronavirus-Pandemie weiter, sagte Liechtenstein. Nächstes Jahr sollen die Jungvögel auf ihrer Reise in den Süden wieder von einem Leichtflugzeug begleitet werden.

Sieben Waldrappen in Italien erschossen

Sieben Waldrappen, die in Österreich im Rahmen eines europäischen Wiederansiedlungsprojekts ausgewildert worden und in diesem Jahr in Richtung Süden geflogen sind, sind in Italien getötet worden. Das ist die negativste Bilanz seit Beginn des Wiederansiedlungsprojekts „Life+“ vor sechs Jahren. In den vergangenen Jahren waren bereits 15 Waldrappen getötet worden.

Wie aus dem Park „Natura Viva“ in Bussolengo bei Verona verlautete, wurden die Zugvögel vor allem entlang der Küstenstrecke zwischen der ligurischen Hafenstadt La Spezia und dem toskanischen Grosseto erschossen. Dies sei ein heikler Korridor für die Migration von Zugvögeln, da diese hier oft Opfer von Wilderern seien, sagte Cesare Avesani Zaborra, wissenschaftlicher Direktor des Parks „Natura Viva“. Er forderte das italienische Umweltministerium zur Einrichtung eines Korridors zum Schutz der Zugvögel auf.