Landeshauptmann Peter Kaiser
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Politik

Kaiser von Schulschließungen überrascht

Nach dem am Samstag durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verkündeten zweiten Lockdown, um das Coronavirus einzudämmen, hat Bildungsreferent LH Peter Kaiser (SPÖ) aufgrund der steigenden Infektionszahlen von einem notwendigen logischen Schritt gesprochen. Überrascht zeigte er sich über die Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen.

Kaiser sagte am Abend in einer im Internet abgehaltenen Pressekonferenz, er habe am Vormittag mit Kanzler, Vizekanzler und Gesundheitsminister telefoniert und versucht, sie davon zu überzeugen, die Kinderbildungs- und Betreuungseinrichtungen und Schulen vom Lockdown herausnehmen. Leider sei das nicht angenommen worden.

Zweiter Lockdown kommt ab Dienstag

Die Bundesregierung hat am Samstag einen zweiten Lockdown angekündigt. Ab Dienstag wird das Land wieder auf den Minimalbetrieb heruntergefahren.

„KURZsichtigkeit mit Langzeitfolgen“

„Kinder haben nicht nur eine Schulpflicht, sondern auch ein Recht auf Schule und Bildung, sowie soziale Kontakte“, so Kaiser. Zudem haben auch viele Eltern vor allem in systemerhaltenden Berufen – Ärzte, Krankenhauspersonal, Rotes Kreuz, Supermarktpersonal – keine Möglichkeit einer alternativen Betreuung.

„Hier sprechen wir von einer KURZsichtigkeit mit Langzeitfolgen – denn hier wird vielen Kindern nachhaltig Schaden zugefügt, für den die Bundesregierung Verantwortung trägt“, so Kaiser. In Kärnten werde jedenfalls, gemeinsam mit der Bildungsdirektion, alles unternommen werden, möglichst allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu ermöglichen.“

Papierunterlagen für Volksschüler

Distance Learning bzw. Betreuung in der Schule werde angeboten, wenn es nötig sei. Auch Lernhilfe stehe an den Schulen zur Verfügung. Im Koordinationsgremium heiße es von den Experten, die Gefahren im Schulbereich seien geringer. Schutzmaßnahmen könnte man verstärken.

Volksschulen sollen Papierunterlagen bekommen, kündigte Kaiser an. Viele kleinere Kinder können ja jetzt noch nicht lesen, sie bräuchten gute Unterlagen. Die Eltern müssen Unterlagen abholen können, so Kaiser.

Kaiser hätte Gruppenwechsel bevorzugt

Bei Zehn- und 14-Jährigen würden – bei Anwesenheit in Schulen – dieselben Inhalte vermittelt, wie bei den Kindern, die Zuhause bleiben und lernen. Nachteile seien laut Kaiser zu verhindern: „Ich hätte es lieber gesehen, wenn der Präsenzunterricht etwa mit Gruppenwechsel vormittags, nachmittags oder weniger Stunden über die Bühne gegangen wäre.“

Aber man habe die Grenzen des Lockdown light erreicht. Wenn man es bis 7. Dezember schaffe, die Infektionszahlen zu senken, komme das auch den Maturanten zugute. Hier mache sich Kaiser ein bisschen Sorgen.

Kaiser fürchtet Personalausfälle in Krankenhäusern

Auch Bedienstete des jetzt so notwendigen Krankenhauspersonals haben Familien und Kinder – sie sind in der jetzigen Zeit, wo es darum geht, sämtliches Personal zur Verfügung zu haben, besonders gefordert, so Kaiser: „Mit der Schließung von Schulen und Kinder- und Betreuungseinrichten wird ihnen ein weiteres Problem aufgebürdet – das bestätigt auch Krankenhaussprecher Primarius Rudolf Likar. Es darf zu keinen Personalausfällen in Krankenhäusern aufgrund der Betreuungspflicht kommen“, warnte Kaiser bereits kurz nach Bekanntgabe der Maßnahmen für den Bildungsbereich.

Ziel: Infektionszahlen senken

Für Kaiser steht fest: Lockdown ja, denn das Coronavirus müsse in den Griff bekommen und die Infektionszahlen gesenkt werden: „Daher halten wir uns an die Covid-Regeln, halten wir Abstand, damit schützen wir uns selber und damit auch unser Gegenüber.“

474 Neuinfizierte gebe es mit Stand Samstag in Kärnten. Das seien 38 Prozent aller Getesteter. 279 Personen werden derzeit im Spital behandelt, das seien um fünf mehr als bisher. Intensivmedizinisch werden 22 Personen betreut, gleich viele wie am Vortag. Insgesamt 13 Personen sind seit Freitag in Kärnten am oder mit dem Coronavirus gestorben. Antigentests können ab nächster Woche in Teststraßen eingesetzt werden, kündigte Kaiser an.

Zusammenfassung der neuen Regeln

Dann fasste der Landeshauptmann erneut die neuen Regelungen zusammen, die ab Dienstag gelten: Die Ausgangsbeschränkungen sind 24 Stunden lang zu berücksichtigen, mit vier Ausnahmen (Arbeit, Grundbedürfnisse, Pflegen anderer und Sport, sowie bei Gefahr von Leib und Leben). Man darf niemanden treffen, abgesehen von Personen aus dem eigenen Haushalt nur jeweils eine andere Person.

Zusammenfassung und Analyse der Pressekonferenz

Günther Mayr aus der ZIB-Wissenschaftsredaktion und Andreas Mayer-Bohusch von der ZIB-Innenpolitik mit einer Zusammenfassung und Analyse der Pressekonferenz der Bundesregierung anlässlich des dritten Corona-Lockdowns.

Die größte Ansteckungsgefahr gehe laut Kaiser von Begegnungen aus. Er appellierte, dies zu beachten. Bei der Arbeit sei das schwierig, räumte Kaiser ein. Dort solle der Abstand eingehalten und Masken getragen werden; regelmäßige Hygiene und Lüften seien angebracht. Für öffentliche Orte gelten die bisherigen Regeln weiterhin.

Koordinationsgremium will offene Fragen klären

Das Koordinationsgremium des Landes werde am Sonntag die Verordnung im Detail anschauen und offene Fragen durchgehen. Am Montag werde man sich wieder zusammensetzen. Die Frequenz während des Lockdowns werde verstärkt, man treffe sich jeden zweiten Tag.

Kaiser ersuchte abschließend alle Kärntnerinnen und Kärntner, ihren Teil dazu beizutragen, um die Lage in den Griff zu bekommen: „Das ist eine sehr ernste Situation, wir haben auch in Kärnten Anstiege, die wir bisher nicht hatten.“ Nur gemeinsam könne man der Pandemie begegnen.

Kaiser weist Kritik an Ländern zurück

Auf die Kritik des Vizekanzlers an den Ländern angesprochen, meinte der Kärntner Landeshauptmann: „Wir hatten Maßnahmen ergriffen, sogar noch strengere bei Heimen und Spitälern als die Bundesregierung.“ Die Lockerungen hätten leider auch mit sich gebracht, dass die Infektionen wieder in die Heime gekommen seien. Man habe hier aber früh gehandelt.

„Ich möchte mich nicht auf das Niveau der permanenten Schuldzuweisungen begeben.“ Von vielen Seiten sei auch kritisiert worden sei, dass der Lockdown light schon zu spät gekommen sei. Wer ohne Schuld sei, der werfe den ersten Stein, sagte Kaiser abschließend in Richtung Regierung.

Weitere Reaktionen

Für Kärntens ÖVP-Chef Martin Gruber gibt es keine Alternative zum zweiten Lockdown. Er appelliert an die Bevölkerung, sich an alle Maßnahmen zu halten.

FPÖ-Chef Gernot Darmann kritisiert den neuerlichen Lockdown aufs Schärfste, die Schließung der Kindergärten und Schulen sei Garant für absolutes Chaos.

Für Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer ist zweite Lockdown ein „Supergau“ für Schüler, Eltern und auch die Wirtschaft. Er befürchte, dass viele Betriebe das finanziell nicht überleben werden.