Gesundheit

Experte: Kärntner bei CoV zu unbekümmert

Kärnten war bei den CoV-Infektionen bisher begünstigt, das werde sich ändern. Das sagte der Infektionsexperte des Landes Kärnten, Heimo Wallenko. Die Epidemie breite sich langsam im Land aus, es gebe mehr Cluster, die Bevölkerung sei zu unbekümmert. Es gibt auch immer mehr Fälle in Heimen.

Ein Coronavirus-Cluster in einem Klagenfurter Pflegeheim weitet sich aus. Seit Montag wurden weitere neun Bewohner und vier Mitarbeiter positiv auf Corona getestet. 100 Tests des Umgebungsscreenings waren noch ausständig. Am Dienstag gab es insgesamt 269 aktuell Infizierte in Kärnten, davon waren 32 Neuinfektionen, elf Menschen sind im Krankenhaus, davon zwei auf der Intensivstation. Im Schulbereich sind aktuell zwölf Klassen an neun Schulen geschlossen.

Experte: Kärntner bei CoV zu unbekümmert

Kärnten war bei bei den CoV-Infektionen bisher begünstigt, das werde sich ändern, sagt der Infektionsexperte des Landes Kärnten, Heimo Wallenko. Die Epidemie breite sich langsam im Land aus, es gebe mehr Cluster, die Bevölkerung sei zu unbekümmert. Er mahnt zu mehr Vorsicht, um Ausgangsbeschränkungen zu vermeiden.

Pflegeheime in drei Bezirken betroffen

Derzeit gibt es in drei Bezirken Coronavirus-Fälle in Pflegeheimen, neben dem Heim in Klagenfurt gibt es im Bezirk St. Veit/Glan zwei Bewohner eines Pflegeheims, die mit Covid-19 infiziert sind. Die Mitarbeiter wurden alle negativ getestet. In einem Pflegeheim im Bezirk Völkermarkt sind vier Mitarbeiter und 13 Bewohner betroffen, einer davon ist im Krankenhaus. Dazu kommt noch ein Zentrum für psychosoziale Rehabilitation im Bezirk St. Veit/Glan, dort sind vier Mitarbeiter und 15 Bewohner infiziert.

In Kärnten gibt es insgesamt 79 Altenwohn- und Pflegeheime, 22 sogenannte „Alternative Lebensräume“, zwölf Tageszentren, zwölf Mobile Dienste und 28 Zentren für psychosoziale Rehabilitation. Für diese insgesamt 170 Einrichtungen sind zusammen 6.840 Plätze bewilligt.

Besucherregelung für Heime geplant

Weil die Zahl der Coronavirus-Fälle in Pflegeheimen weiter steigt, plant Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) jetzt einheitliche Besucherregeln in den Heimen. Nachdem bundesweite Maßnahmen immer noch auf sich warten lassen, sei der Schritt notwendig geworden, so Prettner. Die Ampelfarben sollten einheitlich mit Regeln hinterlegt werden, sagte Prettner. Außerdem sollten jene Heimbetreiber, deren Mitarbeiter wegen CoV ausfallen, organisatorisch mit der Suche nach Ersatzkräften unterstützt werden.

Wegen Coronavirus-Fällen sind derzeit zwölf Klassen an neun Kärntner Schulen geschlossen. Insgesamt waren bisher zehn Lehrkräfte, 22 Schülerinnen und Schüler sowie eine Person aus dem Mitarbeiterkreis infiziert. Insgesamt gibt es in Kärnten 67.581 Schülerinnen und Schüler in 3.075 Klassen an Pflichtschulen, AHS und BMHS sowie Berufsschulen. Unterrichtet werden sie von insgesamt 4.312 Lehrkräften in den Pflichtschulen und 2.850 im AHS/BHS-Bereich.

Zahl 50 für Experten wichtig

Eine 7-Tage-Inzidenz von 50 (wie viele Personen sich binnen einer Woche auf 100.000 Menschen gerechnet anstecken, Anm.) sei für die Coronavirus-Kommission derzeit die Grenze, ab der man sich einen Bezirk zwischen Gelb und Orange genauer anschaue, sagte der Infektionsexperte des Landes Kärnten, Heimo Wallenko. Sie bedeutet die Grenze zwischen mittlerem und hohem Risiko. „Wir brauchen diese Zahlen zur Risikoeinschätzung.“

Diese Zahl werde durch Faktoren wie Alter der Infizierten, Zeit bis zum Abklären von Clustern, Belegung der Spitalsbetten und Intensivbetten, Zahl der Testungen etc. noch ergänzt, so Wallenko. All das fließe in die Risikobewertung ein. Die zentrale Aufgabe seien die Risikoeinschätzung und das Gegensteuern, also Maßnahmen lockern oder verschärfen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Heimo Wallenko
ORF
Heimo Wallenko appellierte an Kärntner, vorsichtiger zu sein

Kärntner Bezirke könnten Farbe wechseln

„Wenn wir Fälle beobachten, sind wir mit dem eigentlichen Infektionsgeschehen schon eine Inkubationszeit hinten nach. Denn sie haben sich vor rund einer Woche angesteckt. Aus den aktuellen Fallzahlen sehen wir daher die Situation von vor einer Woche.“ Man sehe, dass die Cluster zunehmen, auch in Gemeinschaftseinrichtungen. Diese Fälle nehmen österreichweit zu, ob in Schulen, Pflege- und Altenheimen oder Behindertenheimen. Besonders Besucher und Mitarbeiter trügen die Infektion unbewusst in die Institutionen. Die Mitarbeiter sollten sich im privaten Umfeld von riskanten Settings fernhalten, so Wallenko. Das gelte auch für Besucher, die vorher unter vielen Menschen unterwegs waren.

Infizierte pro 100.000

Österreichweit beträgt die 7-Tage-Inzidenz derzeit 82. In Völkermarkt 100,7. St. Veit/Glan 86,2. Klagenfurt-Stadt 55. Klagenfurt-Land und Villach-Stadt 38,5 bzw. 38,6. Hermagor 23,4. Spittal an der Drau 11,8. Villach-Land 13,9. Wolfsberg 7,6 (Stand Montag).

„Das mahnt uns zur erhöhten Vorsicht. Ich könnte mir vorstellen, dass der eine oder andere Kärntner Bezirk bei der nächsten Ampelschaltung die Farbe ändert.“ Noch sei es zu früh in der Woche für eine Prognose.

Wallenko zitierte den deutschen Virologen Christian Drosten, der dazu rät, sich vor Besuchen in Institutionen und bei älteren Verwandten in eine selbst gewählte Vorbereitungsquarantäne zu begeben. Das würde das Risiko für die verletzlichste Gruppe der älteren Menschen vermindern. „Das ist unbequem, würde aber helfen.“

Abstand halten und Masken tragen

Bei privaten Feiern sollte man sich selbst beschränken. Wenn man sich in der Öffentlichkeit in Innenräumen bewegt, sollte man das Maskentragen ernst nehmen. „Man sollte in jedem Bereich außerhalb des eigenen Hauses die Abstandsregel peinlich genau beachten, das ist lebenswichtig für alle Beteiligten.“ In ein überfülltes Gasthaus sollte man nicht hineingehen, wenn Personen auf einer Sporttribüne sitzen, sollte man Abstand halten oder nicht hingehen. Masken sollte man konsequent in geschlossenen Räumen tragen, im Freien sehe er das weniger kritisch, so Wallenko.

Zahlen werden schneller nach oben gehen als gedacht

Generell sehe er in Kärnten eine gewisse Nachlässigkeit. In Italien etwa habe man Lehrgeld gezahlt, in Kärnten sei man durch den lockeren und günstig verlaufenen Sommer verwöhnt. „Ich vermisse das Risikobewusstsein, eine gewisse Vorsicht würde allen guttun.“ Man brauche keine Panik, müsse aber mit Vernunft vorgehen, so Wallenko.

„Wir müssen viel mehr aufpassen, gerade in Kärnten, da sind wir etwas verwöhnt. Es wird schneller gehen, als wir glauben, dass die Zahlen nach oben gehen.“ Ein Lockdown solle vermieden werden, aber dazu müssten sich alle viel mehr anstrengen. Die effektive Reproduktionszahl liege derzeit in Kärnten bei 1,3. Ein Infizierter steckt statistisch also mehr als eine andere Person an, dadurch breite sich die Epidemie immer weiter aus, so der Gesundheitsexperte. Wenn die Reproduktionszahl wieder unter eins gedrückt werden soll, „muss es Einschränkungen geben“, sagte Wallenko.