Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei Festakt
ORF
ORF
Chronik

Van der Bellen entschuldigt sich für „Unrecht“

Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich beim Festakt zur Feier anlässlich 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung bei den Kärntner Slowenen im Namen der Republik für das „erlittene Unrecht“ entschuldigt.

Zum 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung haben Österreich und Slowenien einen historischen Versöhnungsakt gesetzt. Klagenfurt sei „symbolisch die Hauptstadt Europas“, sagte der slowenische Präsident Borut Pahor am Samstag im Klagenfurter Landhaus, wo er gemeinsam mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen Schlussstrich unter Jahrzehnte des Volksgruppenkonflikts zog. Van der Bellen überraschte dabei mit einer Entschuldigung an die Kärntner Slowenen.

CarinthiJa 2020 – 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung

Kärnten feiert am 10. Oktober mit dem 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung ein für ganz Österreich bedeutendes historisches Ereignis. Nach der erstmaligen Anwendung des „Selbstbestimmungsrechts für Völker“ haben sich die Bewohner der Abstimmungszone 1920 mit deutlicher Mehrheit für den Verbleib bei der damals noch jungen Republik Österreich und gegen den SHS-Staat entschieden.

Ein historischer Tag für Kärnten

Der 10. Oktober 2020 war damit ein in mehrerer Hinsicht historisches Ereignis. Nicht nur die Kärntner Volksabstimmung von 1920 jährte sich zum 100. Mal – es war auch das erste Mal, dass ein slowenisches Staatsoberhaupt an einer Feier zum 10. Oktober teilnahm. Vereinbart worden war das Treffen bereits vor einem Jahr von Sloweniens Staatspräsident Boris Pahor und Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Die Präsidenten waren zuvor mit militärischen Ehren im Kärntner Landhaushof empfangen worden. Der feierliche Festakt im Wappensaal begann um 10.30 Uhr und stand im Zeichen des Miteinanders und der Versöhnung beider Kärntner Volksgruppen.

Ankunft des slowenischen Staatspräsidenten Borut Pahor in Klagenfurt vor dem Landhaushof
ORF
Ankunft des Slowenischen Staatspräsidenten Borut Pahor in Klagenfurt

Musikalische Geste des Miteinanders: „Rož podjuna zila“

Der Projektchor „Unser Land“ sang mit „Rož podjuna zila“ eines der schönsten slowenischen Volkslieder für die beiden Präsidenten. Danach zogen sich beiden Präsidenten für ein Vier-Augen-Gespräch in das Landhaus zurück.

Bundesprćsident Alexander Van der Bellen und Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor bei der Festveranstaltung zum 10. Oktober
ORF
Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser im Landhaushof

Historiker: „Volksabstimmung als wichtiger Impuls“

Stefan Karner sagte, dieser Tag habe eine besondere Bedeutung für Kärnten und Österreich – das Land hatte damals mehrere Gebiete verloren, darunter das Miestal z.B., und erhielt durch die Volksabstimmung schließlich etwas zurück. Damals 1920 sei das ein großer Impuls gewesen. Unerwartet sei auch das Abstimmungsverhalten der slowenischsprachigen Kärntner gewesen, wobei auch soziale und wirschaftliche Gründe ausschlaggeben gewesen wären.

Kathrin Stainer-Hämmerle betonte, dass es doch einige Stolpersteine bis zum 100-Jahr-Jubiläum gegeben habe. Im Jahr 2013 bei der Angelobung als Landeshauptmann Peter Kaisers habe es in Kärnten noch einen Aufschrei gegeben. Ein weiteres Beispiel sei die mühsame Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Landesverfassung gewesen.

ORF Kärnten Chefredakteur Bernhard Bieche mit Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle und Historiker Stefan Karner
ORF
ORF Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche mit Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle und Historiker Stefan Karner

Politologin: Slowenisch als Alltagssprache mehr fördern

Die Teilnahme Pahors sei auch in Hinblick auf das Signal in Slowenien zu sehen. „Insofern ist es ein historischer Tag, für das Zusammenlegen, die offenen Grenzen in Österreich und Slowenien. Das sei ein besonderes Zeichen, auch weil der Nationalismus in Europa wieder zugenommen hat.“

Die Verdoppelung der Volksgruppenförderung und die Abstimmungsspende seien in Hinblick auf die Slowenische Volksgruppe in Kärnten nicht zu unterschätzen. Kathrin Stainer-Hämmerle: „In Zukunft wäre es wichtig, das Slowenische als Alltags- und Umgangssprache mehr zu fördern.“

Festveranstaltung zum 10. Oktober
ORF
Militärmusik Kärnten

„Unser Land“ als Vision für alle Kärntner

Miha Kampuš, Vertreter der Initiative „Unser Land“ führte mit Aleksander Tolmeier von ORF Kärnten/Slovenski Spored das Gespräch zum Projekt „Unser Land“. Diese sei als Plattform gegründet worden, er hoffe, dass der 10. Oktober 2020 zu einem Fest der Versöhnung werde. Miha Kampuš: „Es gibt noch vieles zu tun – aber so wie es heute ist, ein Fest der Versöhnung, ein gemeinsames Fest, so habe ich mir das gewünscht.“

Und dennoch: „Wir haben als Menschen beider Volksgruppen noch viel zu tun. Versöhnung stärkt uns, damit können wir unser Land stärker machen“, so Kampuš.

Festansprachen im Zeichen der Versöhnung

Der Erste Landtagspräsident Reinhart Rohr begann den Reigen der Redner: „Heute ist ein ganz besonderer Landesfeiertag – genau 100 Jahre nach der Volksabstimmung 1920. Dieser Tag war die Grundlage für unser freies Heimatland Kärnten. Denn rund zwei Drittel der Kärntner haben sich für die Republik Österreich entschieden. Es war ein Erfolg für unser Land, ein Bekenntnis zum gemeinsamen Zusammenleben.“

Moderatorin Ute Pichler
ORF
Moderatorin Ute Pichler führte durch die 100-Jahr-Feier

Das Zusammenleben sei im Land nicht immer konfliktfrei verlaufen. Schicksalsträchtige Ereignisse hätten Prägungen über Jahrzehnte geschaffen, die erst mühsam aufgearbeitet werden mussten. Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten sei hier ein Durchbruch erreicht worden, so Rohr.

Bürgermeisterin: Lernen wir aus der Geschichte

Die Bürgermeisterin von Klagenfurt, Maria-Luise Mathiaschitz nahm ihre Rede zum Anlass darüber nachzudenken, was jeder Einzelne zu einem besseren Zusammenleben und einem friedlichen Miteinander beitragen könne. Mathiaschitz: „Betrachten wir diese wunderbare Vielfalt als Chance für unsere Zukunft. Lernen wir aus der Geschichte, lernen wir voneinander. Respektieren wir einander, dann ist es uns selbst möglich, Geschichte zu schreiben.“

Festansprache Reinhard Rohr
ORF
Der Erste Landtagspräsident Reinhart Rohr bei Festansprache

„Historischer Akt der Selbstbestimmung“

Manuel Jug vom Zentralverband der Kärntner Slowenen erinnerte – in Deutsch und Slowenisch – an die Abstimmung vor 100 Jahren. „Es war dies ein historischer Akt der Selbstbestimmung, der anerkannt werden muss und nicht in Zweifel gezogen werden darf.“ Die Volksabstimmung sei sowohl von den Nationalsozialisten wie auch von den Kommunisten missbraucht worden.

Das Slowenische sei in der Folge in Kärnten lange Zeit abgewertet worden, obwohl die Volksgruppe ein wichtiger Teil Kärntens war und ist. Manuel Jug hielt eine emotionale Ansprache, in der er die "Lösung der Ortstafelfrage als Kompromiss – aber auch als einen „wichtigen Schritt“ bezeichnete. Auch die Erhöhung der Volksgruppenförderung sei als wichtiges Zeichen der Republik Österreich für die Volksgruppe zu werten. „Gemeinsam müssen wir uns der Zukunft und auch der Vergangenheit stellen. Wir brauchen einfach Liebe – und das ist kein Solo sondern ein Duett.“

Manuel Jug vom Rat der Kärntner Slowenen
ORF
„Liebe ist kein Solo sondern ein Duett“ betonte Manuel Jug vom Rat der Kärntner Slowenen

Konsensgruppe zu Erfolgskurs: Haben uns vertraut

Weiter ging es dann mit der Geschichte der Konsensgruppe – die Proponenten Stefan Karner, Heinz Stritzl, Marjan Sturm und Josef Feldner erzählten, wie es trotz der Vergangenheit möglich war, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Es sei gelungen, weil man sich die gegenseitigen Familiengeschichten erzählt habe und weil alte Positionen aufgegeben wurden und man aufeinander zugegangen sei. Es müsse alles getan werden, um einen neuen Konflikt zu vermeiden, so die Konsensgruppe. Der Dialogprozess sei nicht beendet sondern müsse tagtäglich fortgesetzt werden, wurde betont.

Festakt
ORF

Gruber: Müssen Brücken bauen

ÖVP-Obmann und Landesrat Martin Gruber erinnerte an das Kunstprojekt „Brücken bauen – gradimo Mosotove“ von Initiator Gerhard Leeb. Beim Brückenbauen sei auch das Land Kärnten ein gutes Stück vorangekommen. "Es gibt noch Gräben, die nicht überwunden wurden, aber gerade deswegen ist das Brückenbauen ein Auftrag für beide Seiten.

Gruber: "Wie können Konflikte ohne Waffen ausgetragen werden, wie finden Menschen wieder zueinander? „Zu wissen woher man kommt, bedeutet auch zu wissen, wer man ist.“

Landesrat Martin Gruber
ORF
Martin Gruber betonte, es müssten Brücken des Miteinanders gebaut werden

Der Stolz auf die Heimat und Weltoffenheit dürften kein Gegensatz mehr sein. Er wünsche seinen eigenen drei Kindern, dass sie in einem Land aufwachsen, dass sich nicht mehr nur als Grenzland definiere. „Es lebe unsere Heimat, es lebe unser Bundesland Kärnten in einem vereinten Europa“, so Gruber.

Bundesministerin Raab dankte Pahor für Anwesenheit

Die für Volksgruppenfragen zuständige Bundesministerin Susanne Raab sagte: „Wir feiern ein historisches Jubiläum, der 10. Oktober ist nicht nur für Kärnten, sondern für ganz Österreich ein historischer Tag.“ Das erstmals ein slowenischer Staatspräsident bei der Feier anwesend sei, sei ein sichtbares Zeichen für die Versöhnung. Raab sagte in Richtung Pahor: „Ich danke ihnen für diese wertvolle Geste.“ Erst wenn man „die Schranken in den Herzen und Köpfen“ breche, werde der Weg frei hin zu einer gemeinsame Zukunft für „unsere Kinder“.

Jede der sechs Volksgruppen sei Teil der österreichischen Identität. Ihren Bestand zu sichern, sei eine große Verantwortung der Republik. Mit der Verdoppelung der Volksgruppenförderung komme Österreich dieser Aufgabe nach.

Bundesministerin Susanne Raab
ORF
Bundesministerin Susanne Raab

Grenzen verlieren in Europa an Bedeutung

In einem gemeinsamen Europa habe sich die Bedeutung von Grenzen relativiert – heute seien die Republik Slowenien und Österreich beide Teil der EU – selbst die Coronapandemie werde den Weg des gemeinsamen Dialogs und der Versöhnung nicht aufhalten.

Vizekanzler Werner Kogler begann seine Rede in Slowenisch und begrüßte die Festgäste mit „Dober Dan“ um dann fortzufahren: „Wir als Bundesregierung bekennen uns vollumfänglich zu Artikel 8: Der Bestand und Erhalt der Volksgruppen ist zu erhalten und zu fördern. Nicht mehr, aber schon gar nicht weniger“, so Kogler.

Die slowenische Volksgruppe habe über die Jahre Beeindruckendes vollbracht, vor allem in künstlerischer Hinsicht. „Wenn auch Sprache nicht alles ist, so ist es umgekehrt vielleicht trotzdem so: ‚Mit der Sprache sind wir, oder sind wir nicht‘. So beschreibt es Florjan Lipuš, Träger des Großen Österreichischen Staatspreises.“

Hoffnung Koglers: Feiertag auch für Volksgruppe

Kogler betonte in seiner Rede auch die Schwierigkeiten für die Kärntner Slowenen nach der Volksabstimmung und nach dem Zweiten Weltkrieg um schließlich doch noch das Positive hervorzustreichen: „Sprache und Kultur haben eben starkes Zukunftspotenzial“, ein „Vorbild könnte man werden“. Das zweisprachige Zusammenleben werde mittlerweile von vielen als Vorteil anerkannt. „Das Friedensprojekt der EU habe dazu beigetragen, dass sich neue Horizonte öffnen“ – auf diesem Weg gelte es weiterzugehen. „Dann mache ich mir für die Zukunft der Republik – so dürfen wir hoffen, dass der 10. Oktober in Zukunft auch ein Feiertag für die slowenische Volksgruppe werden kann.“

Vizekanzler Werner Kogler
ORF
Vizekanzler Werner Kogler

Kärnten symbolhaft für Schicksal Europas

Die Kärntner Slowenin und Bachmannpreis-Trägerin Maja Haderlap las ein Gedicht über den mythischen König Kralj Matjaž.

„Kärnten feiert heute einen historischen, einen denkwürdigen Tag“ sagte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser. Das Motto für die Feier, „In Vielfalt geeint“ sei bewusst gewählt worden. Kärntens schmerzhafte Geschichte sei symbolhaft für das Schicksal Europas zu sehen. Die für den 10. Oktober 1920 fixierte Volksabstimmung habe den Menschen die Möglichkeit gegeben, selbst über ihre Staatszugehörigkeit zu entscheiden. „Zum allerersten Mal – nehmen heute zwei Staatsoberhäupter und Freunde Kärntens an der Feier teil. Es ist mir ein tiefes Bedürfnis, mich bei euch beiden für eure heutige Teilnahme zu bedanken“, so Kaiser.

Landeshauptmann Peter Kaiser bei Festakt
ORF
Landeshauptmann Peter Kaiser

„Heute wird deutlich wie kostbar Frieden ist“

Kaiser: „Wenn wir heute der Volksabstimmung des 10. Oktober 1920 gedenken, dann tun wird das nicht mit einem verklärten Blick auf die Vergangenheit. Wir gedenken des 10. Oktober auch im vollen Bewusstsein, das der Weg ein langer, steiniger und blutiger Weg war“. Der Abwehrkampf habe Opfer auf beiden Seiten gefordert. „Ihnen allen gedenken wir“.

Heute werde deutlich, wie kostbar Frieden sein könne. Die Leistungen der slowenischen Landsleute seien viele Jahre bei den 10. Oktober-Feierlichkeiten verschwiegen worden. Das Leid, das Angehörige der slowenischen Volksgruppe erdulden mussten, aber auch der Kampf gegen die Naziherrschaft seien Teil der Kärntner Geschichte. Nun gehe nun darum, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen – und den Blick auf das Gemeinsame in einem vereinten Europa zu richten.

BP Alexander Van der Bellen
ORF

„Danke – Hvala“ allen Beteiligten

Das Erkennen bisher ungeahnter Möglichkeiten habe sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt. Kaiser: „Ich fühle mich allen verbunden, die diesen Kärntner Weg mitgebaut haben.“ Stellvertretend bedankte sich Kaiser ausdrücklich bei der Kärntner Konsensgruppe. Ebenso dankbar sei er seinem Vorgänger als Landeshauptmann, Gerhard Dörfler. „Danke – Hvala, allen an der damligen Lösung Beteiligten.“

Festakt
ORF
Festakt im Wappensaal des Landhauses

Wie bei der Teilnahmen an einem Iron Man „kommt es darauf an, das Ziel im Auge zu haben, manchmal das Tempo herauszunehmen und danach neue Ziele zu suchen.“ In Hinblick auf jene, die mit dem bisher Erreichten unzufrieden seien, sagte Kaiser: „Justamentstandpunkte und überzogene Forderungen helfen niemanden. Wir erreichen die Mitte der Brücke nicht gemeinsam, wenn einer weniger Schritte macht als der andere.“ Kaiser bat die beiden Präsidenten auch um einen Dialog für die Unterstützung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien.

Pahor betonte Wunsch nach Einigkeit

Sloweniens Staatspräsident Borut Pahor begrüßte neben den anwesenden Exzellenzen die Slowenen „diesseits und jenseits“ der Grenze. „Dieses Jubiläum könnte uns weiterhin entzweien, aber ich und mein Freund, der Österreichische Bundespräsident wünschen ausdrücklich, das es uns eint.“ Es gebe das aufrechte Bemühen um ein gemeinsames Haus Europa. Das gemeinsame Begehen werden durch gemeinsame Werte begründet. Klagenfurt sei heute die Hauptstadt des vereinten Europa. Der Fürstenstein sei ein mächtiges Symbol – Fürsten hätten hier einen Eid geschworen – unsere zwei Völker teilen sich diesen Stein, er gehört beiden.

Sloweniens Präsident Borut Pahor
ORF
Borut Pahor, Sloweniens Staatspräsident

„Leben im besten Europa aller Zeiten“

Pahor sagte, dass sich die Verhältnisse für die Kärntner Slowenen sehr gewandelt hätten, heute in Kärnten zu leben sei es sehr viel einfacher. Das Klima dies- und jenseits der Grenze sei durch die Wandlung Sloweniens in einen demokratischen Staat und den EU-Beitritt deutlich verbessert worden. „Deshalb können wir eine friedliche und sichere Zukunft aufbauen, das geht nur gemeinsam.“

Borut Pahor: „Wir leben in der besten aller Zeiten. Seit 75 Jahren leben wir in Frieden, was uns eine ununterbrochene Entwicklung und Fortschritt ermöglicht hat." Das ist das beste Europa, das wir je hatten, es erlaubt uns zu sein, was wir sind. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber die Zukunft. Das Glück ist auf Seiten der Mutigen.“

Gemeinsame Feier braucht Mut auf beiden Seiten

„Ein richtig echter Kärntner wird aus mit nicht mehr werden – denn ich kann nicht singen“ – ein Sager, mit dem Bundespräsident Alexander Van der Bellen zahlreiche Lacher erntete. „Als Tiroler die Geschichte Südtirols“ vor Augen, seien Volksgruppenfragen eine Herzensangelegenheit für ihn. „Zum ersten Mal begehen wir diesen Tag gemeinsam, das braucht Mut auf beiden Seiten. Für mich ist dieser Festakt ein Beweis für die engen Nachbarschaftlichen Beziehungen. Ein Beweis für die gute Gesprächsbasis – war nicht immer so.“

Es sei ein Zeichen, „das Europa wirkt“. 25 Jahre Mitgliedschaft Österreichs in der EU, bei Slowenien wären es 16 Jahre – das spiele schon eine Rolle, ebenso der Schengenbeitritt und die Abschaffung der Grenzkontrollen. Dank Europa seien die Grenzen „weniger spürbar“, so der Bundespräsident.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei Festakt
ORF

Entschuldigung bei Kärntner Slowenen

Kärnten sei ein besonderes Land, so Van der Bellen. Hier lebten Kärntner slowenischer und deutscher Muttersprache gemeinsam. „In der Volksabstimmung vor 100 Jahren haben auch viele Kärntner der slowenischen Volksgruppe für die Zugehörigkeit zu Österreich gestimmt. Ohne sie wäre die Volksabtimmung anders ausgegangen.“ Auch Van der Bellen zitierte Artikel 8 der Bundesverfassung und fragte: „Haben wir uns immer daran gehalten? Leider muss ich zugeben, nein, vieles ist erst nach langem Drängen, spät erfolgt. Für das erlittene Unrecht möchte ich mich hier und heute bei den Angehörigen der Slowenischen Volksgruppe entschuldigen.“ Van der Bellen äußerte dies auch in Slowenisch um dann zu scherzen: „Ich entnehme ihrem Applaus, das es verständlich war.“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei Festakt
ORF
Bundespräsident Alexander Van der Bellen setzte mit seiner Entschuldigung ein historisches Zeichen

Vieles wurde für Kärnten gemeinsam erreicht

Die Kärntner hätten gemeinsam viel erreicht. Es gäbe zweisprachige Ortstafeln, Chöre, Kindergärten, Schulen, Gerichte, zahlreiche Vereine auf Landes- und Gemeindeebene. Seit einigen Tage wisse man, dass es dafür auch mehr Unterstützung vom Bund geben wolle. Er sei überzeugt, dass alle Kärntner ihr Land voranbringen wollten. Es sei noch nicht alles getan. Volksgruppenpolitik müsse den Lebensbedürfnissen angepasst werden. Mit der Kärntner Landeshymne und der Europahymne ging die Feier schließlich kurz nach 13.00 Uhr zu Ende.

CarinthiJa 2020 – 100 Jahre Kärntner Volksabstimmung

Kärnten feiert am 10. Oktober mit dem 100-Jahr-Jubiläum der Kärntner Volksabstimmung ein für ganz Österreich bedeutendes historisches Ereignis. Nach der erstmaligen Anwendung des „Selbstbestimmungsrechts für Völker“ haben sich die Bewohner der Abstimmungszone 1920 mit deutlicher Mehrheit für den Verbleib bei der damals noch jungen Republik Österreich und gegen den SHS-Staat entschieden.

Ökumenischer Festgottesdienst

Ganz im Sinne der Gemeinsamkeit und des Miteinanders fand im Klagenfurter Dom zuvor ein ökumenischer Gottesdienst in beiden Landessprachen statt. Gehalten wurde die Messe von Bischof Josef Marketz und Superintendent Manfred Sauer. Kärnten sei ein Land, das seine Vielfalt als Kreativität, die von Gott kommt, weiterentwickeln dürfe, so der Tenor.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Festgottesdienst zum 10. Oktober
ORF
Ökumenischer Festgottesdienst zum 10. Oktober
Bischof Marketz beim Festgottesdienst zum 10. Oktober
ORF
Bischof Josef Marketz
Festgottesdienst zum 10. Oktober
ORF
Bischof Josef Marketz
Superintendent Sauer beim Festgottesdienst zum 10. Oktober
ORF
Superintendent Manfred Sauer
Festgottesdienst zum 10. Oktober
ORF
Superintendent und Bischof
Beate Prettner bei Festgottesdienst
ORF
Beate Prettner
Elisabeth Köstinger beim Festgottesdienst
ORF
Ministerin Elisabeth Köstinger

Gemeinsame Präsidenten-Termine abseits der Feier

Bundespräsident Alexander Van der Bellen und der slowenische Staatspräsident Borut Pahor nahmen gemeinsam mit Landeshauptmann Peter Kaiser noch mehrere Termine wahr. Nach dem offiziellen Festakt und einem Arbeitsessen besuchten die beiden Staatspräsidenten gemeinsam mit dem Landeshauptmann die mobile Landesausstellung auf dem Neuen Platz. Danach fuhr der Tross weiter zur Landesregierung. Dort wurde eine Lichtskulptur enthüllt, die der Künstler Tomas Hoke im Rahmen des Projekts „Grenzenlos – Brezmejno“ geschaffen hat. Als letzten Termin besuchten Alexander Van der Bellen und Borut Pahor den Hermagoras-Kindergarten im Slomšek Haus.

Während die Präsidenten danach die Heimreise antreten, fuhren Integrationsminsiterin Susanne Raab und Helena Jaklitsch, Ministerin für Slowenen im Ausland nach St. Jakob, wo der 10. Oktober auch als Tag der Begegnung begangen wurde.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Kärntner Flagge an einem Haus
ORF
Kärntner Flagge
Besuch der Präsidenten bei der mobilen Landesausstellung am Neuen Platz
ORF
Die beiden Staatspräsidenten bei der Ankunft am Neuen Platz
Lichtskulptur des Künstlers Tomas Hoke im Rahmen des Projekts „Grenzenlos – Brezmejno“
ORF
Lichtskulptur von Tomas Hoke
Besuch der Präsidenten bei der Landesregierung.  Dort wurde eine Lichtskulptur enthüllt, die der Künstler Tomas Hoke im Rahmen des Projekts „Grenzenlos – Brezmejno“
ORF
Präsentation der Lichtskulptur vor den Staatspräsidenten
Besuch der Präsidenten bei der mobilen Landesausstellung am Neuen Platz
ORF
Bei der mobilen Landesausstellung am Neuen Platz
Besuch der Präsidenten bei der mobilen Landesausstellung am Neuen Platz
ORF
Besuch der mobilen Landesausstellung am Neuen Platz
Besuch im Kindergarten Hermagoras
ORF
Besuch des Kindergartens Hermagoras
Bundespräsident und Landeshauptmann abseits der Feierlichkeiten
ORF
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Landeshauptmann Peter Kaiser

Protest-Demo gegen 10. Oktober-Feier

Während auf der einen Seite gefeiert wurde, wurde auf der anderen Seite demonstiert. Etwa 100 Menschen, vorwiegend Jugendliche, folgten der Aufforderung der Slowenischen Studentinnen und der Plattform Radikale Linke.