Familie Dominkus sitzen bei Tisch
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Hörende Kinder, gehörlose Eltern

Rund 10.000 Menschen in Österreich sind gehörlos oder schwerhörig. Sie kommunizieren mit Händen, Gestik, Mimik. Familie Dominikus aus Gotschuchen hat drei Kinder. Die einzige Besonderheit: Die Eltern sind gehörlos, die Kinder hörend. So wurde die Gebärdensprache zur Muttersprache.

Marie und Johannes Dominikus wurden beide gehörlos geboren. Der 51-jährige Lackierer und die 46-jährige Schneiderin sind seit 25 Jahren verheiratet. Sie haben drei Kinder und alle drei hören. Kinder von gehörlosen Eltern sind zu 90 bis 95 Prozent immer hörend. Sie wachsen mit zwei Sprachen und zwei Kulturen auf.

Ehepaar Dominikus
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Wichtig ist den Eltern, dass die Kinder mit der Gebärdensprache aufwachsen

„Haben uns keine Sorgen gemacht“

Marie Dominikus sagte, man habe gewusst, man wolle Kinder haben, man habe sich aber keine Sorgen gemacht, wie es wird. „Uns war wichtig, dass wir von Anfang an gebärden, dass die Kinder diese Sprache auch lernen. Das war ganz klar, dass sie es natürlich lernen, auch wenn sie Fehler machen. Mit der Zeit, wie auch bei hörenden Kindern, wird das besser und man kann fließend kommunizieren.“

Die Kinder Dominikus
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Die drei Kinder der Familie

Tochter Marie ist 18 Jahre alt. Sie sagte, in ihrer Kindheit sei ihr nicht wirklich aufgefallen, dass die Gebärdensprache nicht für anderer Kinder auch normal ist. „Es ist meine Muttersprache. Erst im Kindergarten ist aufgefallen, dass die anderen Kinder mit den Eltern in Lautsprache sprechen.“ Es habe für sie aber keinen Unterschied gemacht. Marie möchte Pharmazeutin werden. Die Liebe zur Gebärdensprache teilt sie mit ihrem älteren Bruder Fabian.

Marie Dominikus
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Gleichzeitig viel vermitteln

Er möchte diese besondere Sprache zum Beruf machen: „Dass ich Gebärdensprachdolmetscher werden will, weiß ich seit 14. Jetzt mache ich in Graz die Ausbildung.“

Tag der Gebärdensprache

Gehörlose Personen sind auf die Gebärdenspräche im täglichen Leben angewiesen. Dennoch gibt es viel zu wenige Menschen, die sie beherrschen. In Tirol werden deshalb vermehrt Kurse angeboten.

Eva Sacherer ist bereits von Berufs wegen Gebärdensprachdolmetscherin. Die Sprache sei eine visuelle und habe den Vorteil, dass man auf 3D-Ebene sprechen könne und damit gleichzeitig sehr viele Dinge vermittle. „Für Hörende ist das immer sehr überraschend, weil sie glauben, es ist eine Aneinanderreihung von Wörtern. Das ist es aber überhaupt nicht, weil wir den Raum, den wir zur Verfügung haben, nutzen.“

Johannes Dominikus
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Vater: „Das ist meine Sprache“

Familienvater Johannes Dominikus sagte: „Ich habe die Gebärdensprache in der Community oder im Leben draußen immer ganz stolz verwendet, weil es ist meine Sprache. Meine Kinder sollen das auch lernen und wenn sie erwachsen sind, dann sollen sie stolz ihre Sprache auch verwenden können.“

Das jüngste Kind ist Maxi Dominikus. Er sagte, in der Schule fragen ihn seine Kameraden immer wie das so ist und einige wollen die Gebärdensprache auch lernen. Sein älterer Bruder Fabian sagte, er habe seine Eltern einmal gefragt, ob sie lieber hören oder lieber sprechen können würden. Sie hätten gesagt, sprechen. Denn dann könnten sie den Hörenden sagen, dass sie gleich denken, gleich handeln, wie sie. „Das hat mich schon beeindruckt.“