Schild 24 Stunden offen
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Wirtschaft

SB-Hütten oft länger geöffnet als erlaubt

Eine Überprüfung der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft St. Veit hat ergeben, dass in mehr als der Hälfte der bis jetzt kontrollierten Selbstbedienungshütten Produkte nicht bäuerlichen Ursprungs angeboten werden. Auch die Öffnungszeiten werden oft überschritten. Es gab anonyme Anzeigen aus dem Handel.

Bauern, die auch Tiefkühlpizza, Coca-Cola und Red Bull verkaufen möchten, dürfen das ohne Weiteres tun, wenn sie eine Gewerbeberechtigung besitzen und sich an die geltenden Öffnungszeiten des Handels halten. Weil Letzteres nicht der Fall war, wird es in St. Veit Anzeigen und Strafen für die Betreiber von Selbstbedienungshütten geben. Vor allem in solchen Fällen, wo das Sortiment zur Hälfte aus nicht bäuerlichen Produkten bestand, hieß es am Montag aus der Bezirkshauptmannschaft St. Veit.

Erweitertes Sortiment: Regeln für Handelsbetriebe gelten

Von den rund 15 Selbstbedienungshütten im Bezirk St. Veit wurden bisher zehn überprüft. Davon hatte die Hälfte ausschließlich Naturprodukte im Sortiment und darf also rund um die Uhr offen halten. Die anderen fünf Hütten boten auch zugekaufte, nicht bäuerliche Waren an. Für sie gilt – wie für den Handel – eine Maximalöffnungszeit von 72 Stunden pro Woche, sagte Arno Kampl, Leiter der Gewerbeabteilung in der Bezirkshauptmannschaft St. Veit.

Bei den Überprüfungen sei vor allem die Nichteinhaltung der Öffnungszeiten aufgefallen: „Wenn jemand ein Handelsgewerbe betreibt – was er tun muss, um auch Nichtnaturprodukte verkaufen zu können – muss er auch die Öffnungszeiten einhalten.“

Waren müssen automatisch ausgefolgt werden

Dass es in den bäuerlichen Selbstbedienungshütten keine Beschäftigten gibt, spiele bei der derzeitigen Rechtslage für die Öffnungszeiten keine Rolle, so Kampl. Ausgenommen seien nur Automaten, wobei hier allein der Grad der Automatisierung das Zünglein an der Waage ist, so Kampl: „Die Hütte insgesamt ist nicht als Automat anzusehen. Der Vorgang der Ausfolgung der Handelsware muss automatisch erfolgen.“

Selbstbedienungshütte  Eier
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SB Hütten sind beliebt, weil immer verfügbar

Dass bäuerliche Selbstvermarkter gemeinsam eine Selbstbedienungshütte betreiben ist laut der Gewerbabteilung üblich und auch erlaubt. Das Entgelt für die Ware müsse aber beim jeweiligen Produzenten ankommen, so Kampl. Die Betreiber der restlichen SB-Hütten im Raum St. Veit werden jetzt angeschrieben. Ihnen drohen bei Nichteinhaltung der Öffnungszeiten Strafen bis zu 1.090 Euro.

Ausnahmeregelung wird geprüft

Das Öffnungszeitengesetz für die SB-Hütten mit nicht bäuerlichen Produkten könnte zum einen vom Nationalrat, in Kärnten aber auch über eine Ausnahmeregelung vom Landeshauptmann geändert werden. Vorausgesetzt, es kann ein besonderer regionaler Bedarf der Bevölkerung bzw. des Tourismus nachgewiesen werden.

Zuletzt hatte sich ÖVP-Landesrat Martin Gruber bundesweit für eine Neuregelung starkgemacht. Er teilte mit, dass die Juristen in den Ministerien derzeit Möglichkeiten für eine Erweiterung der Öffnungszeiten auf 24 Stunden prüfen. Bei einer Lösung gehe es darum, einem möglichen Missbrauch durch den Verkauf von industriell hergestellten Produkten vorzubeugen, unterstrich Gruber. Die primäre Zielgruppe für eine Ausnahmeregelung seien bäuerliche Direktvermarkter und regionale Lebensmittelproduzenten.

Köfer für klare Regeln

Rechtssicherheit und klare Regeln für Betreiber der Selbstbedienungshütten fordert Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer. Neben einer bundesweit gültigen Neuregelung müsse auch Kärnten seine rechtlichen Möglichkeiten, für eine Erweiterung der Öffnungszeiten zu sorgen, nutzen.

Aus der Sicht Köfers dürfe es nicht sein, dass gegen Bauern rechtlich vorgegangen werde. Sie müssten geschützt werden, zumal es sich für sie um ein Zusatzeinkommen handle, dass sie sich mit dem Verkauf ihrer Produkte erwirtschaften.

FPÖ: Falsches Signal

FPÖ-Obmann Gernot Darmann sagte in einer Reaktion, die Strafen, die die BH St. Veit ausschicke, seien ein falsches Signal. Die Gesellschaft sollte diese Initiative der Bauern unterstützen und nicht erschweren. Bis der Nationalrat das Öffnungszeitengesetz ändere, solle Landeshauptmann Peter Kaiser mit einer Verordnung Rechtssicherheit für die Bauern schaffen, so Darmann. Die Selbstbedienungshütten seien besonders seit der Coronavirus-Krise in aller Munde und hätten auch während des „Lock-downs“ für Ernährungssicherheit gesorgt.

Aus dem Büro von Landeshauptmann Peter Kaiser hieß es, die Juristen seien nicht der Meinung, dass der Landeshauptmann eine Ausnahmeregelung beim Öffnungszeitengesetz vornehmen könne.