Wie zuletzt in Revedins Buch über Ise Frank und die Bauhaus-Kunstschule ist auch „Margherita“ ein biografischer Roman rund um die Familiengeschichte der venezianischen Adelsfamilie Revedin. Die Idee dazu sei ihr schon vor 30 Jahren gekommen, so Revedin. In Venedig habe sie einen jungen Offizier kennen und später lieben gelernt.
Er stellte sich vor, sagte, er sei Antonio Revedin. Auf ihre Frage, ob er mit Margherita Revedin verwandt sei, habe er leicht verschämt gesagt, sie sei seine Großmutter. Seit 1991 ist Jana Revedin mit dem ehemaligen Kapitän zur See und heutigem Hafendirektor Venedigs verheiratet und lebt in Venedig und Wernberg.
Von der Zeitungsverkäuferin zur Society-Lady
Margherita Revedin war ursprünglich Zeitungsverkäuferin und trug dazu bei, die Stadt aus ihrem kulturellen Dornröschenschlaf zu erwecken. In den 1920er Jahren war sie eine zentrale Persönlichkeit Venedigs, die es verstand, Künstler und Schauspieler in einer sich neu erfindenden Stadt zusammen zu bringen. Sie war mit Peggy Guggenheim befreundet und begrüßte Greta Garbo, Coco Chanel, Clark Gable oder Pablo Picasso bei ihren Festen.
Grundlage für Filmfestspiele
Durch ihre Heirat mit dem Adeligen Antonio Revedin, doch vor allem durch ihre Offenheit, gelang es ihr, neben dem Naturtourismus auch die Filmfestspiele in Venedig ins Leben zu rufen und den Lido zum gesellschaftlichen Treffpunkt zu machen. Es sind die Entschlossenheit und die Charakterstärke von Margherita Revedin, die Jana Revedin in ihrem aktuellen Buch den Lesern nachvollziehbar machen will.
Sendungshinweis:
Servus, Srecno, Ciao, 1.8.2020
„Es ist faszinierend zu sehen, wen sie alles nach Venedig holt – ihre Pariser Freunde und Freunde aus Amerika. Große Filmstars, Modeschöpfer, Designer, Künstler natürlich, aber auch Dichter und Denker. Schwierige Persönlichkeiten, die nicht immer bequem sind. Neben dieser Leistung ist es bewundernswert, wie sie elegant und respektvoll in einfachsten Umständen ihr Leben beschließt. Das hat mich an dieser Frau beeindruckt.“ Am Ende ihres Lebens kommt Margherita Revedin wieder zu ihren Wurzeln zurück.
Pandemie soll Umdenken bewirken
Zu ihrer zweiten Heimat Venedig sagte Revedin, die Pandemie habe das Stadtbild verändert. Seit 2002 ist die gebürtige Deutsche Jana Revedin UNESCO-Expertin für nachhaltige Architektur und Stadtentwicklung. Überall auf der Welt, nicht nur in Venedig, regen sich Proteste gegen Massentourismus. Die Coronavirus-Krise sieht Revedin als Chance für Venedig und andere Städte, einen Schritt zurück zu machen, um letztendlich vorwärts zu kommen.
„Nicht jeder muss überall gewesen sein“
Das sei schließlich nachhaltiger und vor allem sinnstiftender, für die Einwohner wie für die Gäste aus aller Welt, sagt Revedin: „Es muss nicht jeder überall auf der Welt gewesen sein. Als ich Kind war haben wir uns lange Zeit erträumt, irgendwo hinzufahren. Wir haben viel darüber gelesen, wir haben Monate und Jahre erwartet, einmal aus Deutschland – wo ich groß geworden bin – nach Italien fahren zu können oder vielleicht einmal nach Paris oder London. Das hat Wünsche und Träume ausgelöst.
Heute sollte Venedig, eine Stadt, die so sensibel und so wenig dazu gedacht ist, Menschenmassen zu ertragen, zur Modellstadt der Langsamkeit erklärt werden. Die Besucher sollten, wie schon vor hundert Jahren, lange bleiben, sich in die Stadt und ihr Leben einbringen. Das kann man reglementieren. Es wird nicht jedem gefallen, aber es kann die Stadt schützen. Es kann ein ganzes Land neu erfinden.“
Sommer in Kärnten
Den ganzen Sommer will Revedin in ihrer zweiten Wahlheimat Kärnten, im Haus ihrer Mutter, verbringen: „Dieses Haus wurde zum Kindheitshaus meiner Kinder. Deswegen ist es jetzt der Familienmittelpunkt. Meine Kinder leben und arbeiten in Wien, wir leben und arbeiten in Venedig, mein Mann und ich und kommen doch immer wieder hierher. Wir verbringen lange Wochen und sogar Monate hier – wenn ich irgendwie kann und darf. Es ist unsere Verwurzelung.“
Zeit zum Entspannen und Energietanken – bevor es sie wieder hinaus in die große weite Welt zieht – sei es zum Arbeiten oder Leben. Denn Heimat ist für sie letztendlich dort, wo man sich zu Hause fühlt. Am 22. September findet um 19.30 Uhr im Musilmuseum in Klagenfurt die österreichische Premierenlesung des Romans „Margherita“ statt.