Chantal Bamgbala in der Klagenfurter Innenstadt
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Chronik

Alltagsrassismus auch in Kärnten Thema

Im Bus angespuckt zu werden, auf der Straße beschimpft und beleidigt zu werden ohne Grund. All das passiert Menschen mit dunkler Hautfarbe auch in Kärnten. Jetzt hat eine betroffene Kärntnerin den Mut gefunden, sich zu wehren. Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit die rechtliche Situation.

Das Thema Rassismus und Diskriminierung wird seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd durch amerikanische Polizeibeamte weltweit diskutiert. Wer hierzulande glaubt, dass es sich um ein weit entferntes Problem handelt, dass Menschen, die in Kärnten leben nicht betrifft, der irrt.

Chantal Bamgbala
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Chantal Bamgbala

Die 22-jährige Chantal Bamgbala ist in St. Andrä im Lavanttal aufgewachsen, studiert an der Universität Klagenfurt Angewandte Kulturwissenschaft und hat ein Problem: sie hat eine dunkle Hautfarbe. Ihr Vater kommt ursprünglich aus Nigeria, ihre Mutter ist Österreicherin.

Das machte sie schon immer zu einer Außenseiterin; Rassismus gehöre für sie zum Alltag: „Eine Person hat mir letztes Jahr im Bus in die Haare und ins Gesicht angespuckt, mein Handy runtergeworfen und gesagt, ich soll zurück gehen, wo ich herkomme.“

Aufzeichnung mit Handy und Anzeige bei Polizei

Vor drei Monaten zog Chantal Bamgbala in die Klagenfurter Innenstadt. Dort trifft sie auf der Straße fast täglich einen Mann, der sie ohne Grund beschimpft. Den Fremden zur Rede zu stellen habe nichts genutzt, also nahm sie die wüsten Beschimpfungen mit dem Handy auf.

Irgendwann wurde es Chantal zu viel. Sie fasste den Mut zur Klagenfurter Polizei zu gehen. Dabei habe sich auch an die Zukunft ihrer erst 14-jährigen Schwester gedacht. Bamgbala sagt, sie habe extra ihre Tante als Zeugin eines Vorfalles mitgenommen: „Ich habe mir gedacht, wenn jemand mitkommt, der ‚aussieht‘ wie ein Österreicher, wird eher etwas getan. Das hat sich aber nicht so herausgestellt, denn die Polizei hat gesagt, es ist eine zivilrechtliche Sache und ich muss zum Bezirksgericht. Dort hat man mir gesagt, ich muss 270 Euro zahlen für eine Privatanklage. Sprich: Ich muss dafür bezahlen, dass etwas getan wird, wenn jemand mich beleidigt.“

Chantal Bamgbala
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Bamgbala hofft, dass Menschen, die Rassismusattacken auf offener Straße mitbekommen, Opfer unterstützen statt wegzusehen

Hoffnung auf mehr Zivilcourage

Die rechtliche Situation wird jetzt von der Staatsanwaltschaft geprüft.

Tatsächlich sind öffentliche Beschimpfungen nicht automatisch ein strafrechtliches Delikt. Neben der Wortwahl zählt, wie viele Menschen die Attacken hören oder lesen konnten – da ist eine Beschimpfung im Internet schneller strafbar als eine auf der Straße, sagt Rechtsanwalt Philipp Tschernitz. Für ihn liege der Tatbestand der Verhetzung vor, wenn jemand aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer Menschengruppe in der Öffentlichkeit verächtlich gemacht und beschimpft werde.

Abgesehen davon wünscht sich Chantal Bamgbala mehr Zivilcourage. Fast immer seien Passanten Zeugen der verbalen Angriffe geworden. Geholfen habe nie jemand.