Preisträger auf der Vidiwall
ORF/Johannes Puch
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Kultur

Bachmannpreis für Helga Schubert

Der Ingeborg Bachmannpreis 2020 geht an die deutsche Autorin Helga Schubert und ihren Text: „Vom Aufstehen“. Schubert zeigte sich über den Gewinn erfreut. Mit Laura Freudenthaler, Lydia Haider und Egon Christian Leitner sind auch drei Österreicher unter den Preisträgern.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis in der Höhe von 25.000 Euro wird von der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee gestiftet. Im ersten Wahlgang stimmte die Mehrheit der Juroren für Helga Schubert. Es gab ein Stechen zwischen Laura Freudenthaler und Lisa Krusche, das Letztere für sich entschied und somit im zweiten Wahlgang gegen Schubert antrat. Letztendlich ging Helga Schubert als Siegerin hervor. Die Deutsche wurde von Insa Wilke eingeladen.

TddL 2020: Helga Schubert Gewinnerin Ingeborg Bachmann Preis
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Ausschnitt der Lesung von Helga Schubert

Ihr Text „Vom Aufstehen“ ist eine Geschichte über das Leben und Sterben ihrer Mutter und ihre Beziehung zu ihr, Erinnerungen an den Krieg und die DDR und was es aus Menschen machte. Die Jury zeigte sich berührt. Es ist für sie der zweite Anlauf zum Bewerb: 1980 scheiterte die Ausreise aus der DDR. 1987-1990 saß sie in der Jury der TddL – mehr dazu in Jurydiskussion Helga Schubert.

Schubert: „Schutzengelmäßige Schicksalswendung“

Die Bachmannpreis-Gewinnerin zeigte sich in einem ersten Statement gerührt. Sie habe den Wettbewerb vom ersten bis zum letzten Moment mitverfolgt. Dass dieser digital abgewickelt wurde sei eine „schutzengelmäßige Schicksalswendung“, da sie so bei ihrem pflegebedürftigen Mann bleiben habe können.

Helga Schubert ist Bachmann-Preisträgerin 2020

Der Moment der Preisvergabe

Zum Abschluss ihres Live-Video-Statements verlas die Gewinnerin, die den Tränen nahe war, ein Zitat von Ingeborg Bachmann. Ihre habe sie den Text gewidmet. In Anlehnung an den Bachmann-Titel „Das dreißigste Jahr“ habe sie zunächst an „Das achzigste Jahr“ für ihren Text gedacht. Schließlich habe sie sich aber für „Vom Aufstehen“ entschieden, um sich vor Bachmann auf diese Weise zu verbeugen.

LH Peter Kaiser (SPÖ) gratulierte Schubert und betonte, er freue sich, „dass die Tage der deutschsprachigen Literatur trotz Corona, diesmal eben als virtuelles Literaturfest, stattgefunden haben.“ Literatur sei ein wertvoller Spiegel der gesellschaftlichen Seele.

Deutschlandfunk-Preis geht an Lisa Krusche

Lisa Krusche erhält den mit 12.500 Euro dotierten Deutschlandfunkpreis. Ihn stellt Deutschlandradio zur Verfügung.

Es kam zu einem Stechen zwischen Lisa Krusche und Laura Freudenthaler, aus dem Erste als Siegerin hervor ging. Krusche las auf Einladung von Klaus Kastberger den Text „Für bestimmte Welten kämpfen und gegen andere“ – eine dystopische Welt und Bilder eines Computerspiels, die Lob aber auch Kritik erntete. Vor allem Philipp Tingler hatte sich gegen den Text ausgesprochen – mehr dazu in Jurydiskussion Lisa Krusche

Egon Christian Leitner gewinnt Kelag-Preis

Die dritte am Sonntag vergebene Auszeichnung ist der Kelag-Preis; gestiftet von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft in der Höhe von 10.000 Euro. Es kam zunächst zu einer Dreier-Stichwahl zwischen Laura Freudenthaler, Egon Christian Leitner und Matthias Senkel. Danach musste Freudenthaler gegen Leitner antreten; letzerer gewann. Im Stechen traten Leitner und Senkel gegeneinander an. Letztendlich ging Leinter als Stimmenstärkerer hervor.

Er las auf Einladung von Klaus Kastberger den sozialkritischen Text „Immer im Krieg“. In Form von einzelnen Geschichten berichete er über Menschenschicksale im Sozialstaat. Für Philipp Tingler zu rigide und verstaubt, doch die übrigens Jurymitglieder fanden verteidigende Worte – mehr dazu in Jurydiskussion Egon Christian Leitner.

TddL 2020: Das Studio bei der Preisverleihung
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Die Jury bei der Preisverleihung

3sat-Preis für Laura Freudenthaler

Der letzte von der Jury vergebene Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur ist der 3sat-Preis in der Höhe von 7.500 Euro. Er wird von 3sat, dem Gemeinschaftsprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ZDF, ORF, SRG und ARD gestiftet.

Es kam zu einer Stichwahl zwischen Freudenthaler und Westermann. Im zweiten Durchgang bekam Freudenthaler mehr Stimmen von den Juroren.Die Österreicherin, die von Brigitte Schwens-Harrant nominiert wurde, brachte ihren Text „Der heißeste Sommer“ vor. Die Jury befand großes literarisches Talent, Klaus Kastberger fühlte sich zum ersten Mal an Ingeborg Bachmann erinnert – mehr dazu in Jurydiskussion Laura Freudenthaler.

Die Preisstifter
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Am Sonntag durften die Vertreter der preisstiftenden Unternehmen ins Bachmann-Studio

Publikum stimmte für Lydia Haider

Der BKS-Bank-Publikumspreis in der Höhe von 7.500 Euro wird von der BKS Bank gestiftet. Er geht an die Österreicherin Lydia Haider. Sie las auf Einladung von Nora Gomringer den Text „Der große Gruß“. Die Lesung führte zu einem Tabubruch in der Jury, als Phillip Tingler zu Beginn die Autorin frage, was sie mit dem Text bezwecke. Er wurde von Juryvorsitzendem Hubert Winkels belehrt – mehr dazu in Jurydiskussion Lydia Haider.

Haider wird im nächsten Jahr für sechs Monate das Stadtschreiber-Atelier in Klagenfurt beziehen. Seit 2009 vergibt die Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee ein Stadtschreiberstipendium in der Höhe von 6.000 Euro an den Gewinner/die Gewinnerin des BKS-Bank-Publikumpreises.

Zuschauer im ORF Landesstudio Kärnten
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Wo sonst der Büchertisch aufgebaut war gab es heuer einen kleinen Bereich, wo der Bewerb mitverfolgt werden konnte

Autoren und Juroren aus der Ferne zugeschaltet

Drei spannende Lesetage liegen hinter Autorinnen und Autoren, der Jury und dem Publikum, das via Onlinestream und auf 3sat live dabei war. Es war ein außergewöhnlicher Bewerb, nicht nur, weil alle Beteiligten bis auf den Moderator und dem Rechtsbeistand CoV-bedingt nur von der Ferne teilnehmen konnten. Der technische Aufwand für den ORF war enorm, mussten doch sieben Juroren live zugeschaltet werden.

Die Lesungen wurden vorher aufgezeichnet, doch die Autoren waren ebenfalls von Zuhause optisch und akustisch dabei – mehr dazu in Rückblick auf Bewerb unter neuen Bedingungen.

Zuschauer fehlten

Das ORF Theater, wie auch der Funkhausgarten, mussten in diesem Jahr leer bleiben. Das Publikum durfte coronavirusbedingt ja nicht bei der Sonderausgabe dabei sein. Als „Ausweiche“ diente das „Public Viewing“ im Lendhafen, unweit des Landesstudios.

TddL2020: Public Viewing im Lendhafen
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Das „Public Viewing“ im Lendhafen

Insgesamt wurden aus dem Landesstudio Kärnten also trotz der digitalen Sonderausgabe wieder 16 Stunden Literatur live im Fernsehen übertragen. Bei der Preisverleihung am Sonntag waren Preisträger und Juroren ebenfalls nur zugeschaltet. Sieben Autorinnen und Autoren standen auf der Shortlist. Aus diesen Namen werden die vier von der Jury vergebenen Preise ermittelt. Erstmals wird in diesem Jahr auch bekannt gegeben, welche Namen die einzelnen Jurymitglieder für die Shortlist nominierten – mehr dazu in Wie die Shortlist zustande kommt.