Blick auf Klagenfurt vom Kreuzbergl aus
ORF/Iris Hofmeister
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Kultur

Der Geschichte Klagenfurts auf der Spur

Historiker Werner Drobesch erzählt in seinem neuen Buch über Klagenfurt Interessantes von der frühen Geschichte bis in die Gegenwart. Wer seine Stadt verstehen will, muss auch deren Geschichte kennen, meint der Autor. Auch viele bekannte Persönlichkeiten haben hier ihre Wurzeln.

Es ist ein kultur- und gesellschaftgeschichtlicher Streifzug durch die Landeshauptstadt, auf den Drobesch die Leser mitnimmt. Der Historiker spannt einen zeitlichen Bogen vom Ursprung der Stadt bis in die Gegenwart. Für ihn sei spannend, dass das heutige Klagenfurt im Laufe der Zeit zu einer europäischen Stadt geworden sei. Es sei viel europäisches Flair spürbar. Damit sei auch eine Form von Lebensqualität in der mittelgroßen Stadt verbunden. „So etwas kann man nicht überall in Europa antreffen“, sagt Drobesch.

Auf dem Weg zur europäischen Stadt

Diese Richtung habe die Stadt allerdings erst seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts eingeschlagen: „1514 ist die Stadt niedergebrannt. Sie wurde neu aufgebaut bis ins Zeitalter der Reformation und dann der Gegenreformation. Das brachte den entscheidenden Schub in Richtung Europäisierung – über das Schulwesen, das Bildungswesen und zu einem ganz geringen Teil über das Bauwesen.“

Ein wesentlicher Teil der Bildung wurde über die protestantische Landschaftsschule verbreitet: „Das war eine Öffnung hin zu anderen Ländern Mitteleuropas, zu den Ländern des heiligen römischen Reiches.“ Allerdings werde vielfach ausgeklammert, dass der große Impetus durch die Gründung des Jesuitenkollegiums und der -schule kam. „Sie erreichte fast den Status einer Universität. Studierende und Professoren aus ganz Europa kamen in die Stadt. Hier hat Klagenfurt den Anschluss an die geistige, kulturelle Entwicklung unter den Vorzeichen des Katholizismus gefunden.“

An der Alpen Adria Universität finden ab 11. März keine Lehrveranstaltungen mehr statt
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Heute ist die Alpen-Adria-Universität eines der Bildungszentren der Landeshauptstadt

Schon im 17. Jahrhundert beliebter Studienort

Für die damalige Zeit sei unglaublich, dass im späten 17. Jahrhundert 700 Studierende und 40 bis 50 Professoren in Klagenfurt waren. „Das war der große Schub in der Stadtgeschichte in Richtung Europa. In den folgenden Jahrzehnten, also im 18. Jahrhundert, verschwand dieser allerdings wieder ein wenig“, so der Historiker.

Dieses war einerseits in der staatlichen Politik begründet. Auch die Auflösung des Jesuitenordens hat laut Drobesch dazu beigetragen. Die Zeit der Aufklärung brachte eine europäische Geistesströmung in die Stadt. „Das hat sich in Vereinen niedergeschlagen. Hier hat Klagenfurt dann auch – nicht mit der Intensität wie unter den Jesuiten – an der europäischen Entwicklung teilgenommen.“ Franz P. De Herbert, ein bedeutender Aufklärer und der Herbertkreis hätten eine entscheidende Rolle gespielt, berichtet Drobesch. Im 19. Jahrhundert – im Zuge des Aufkommens des Nationalismus – sei die Europäisierung der Stadt vorläufig zu Ende gewesen.

Neuer Platz Klagenfurt Lindwurm
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Der Neue Platz – das heutige „Herz“ der Stadt – mit der Lindwurm-Statue als Wahrzeichen

Geschichte macht Stadt „verständlicher“

Wer eine oder seine Stadt verstehen möchte, sollte auch von deren Geschichte wissen, ist Drobesch überzeugt: „Ich halte es für unverzichtbar, die Geschichte mit herein zu nehmen. Es heißt ja nicht umsonst: Wer die Vergangenheit nicht kennt, hat keine Zukunft. In dem Sinne ist es auch für die Entwicklung einer Stadt, eines Mikrokosmos, nicht unwesentlich, um seine Tradition und Geschichte Bescheid zu wissen, um dann auch eine entsprechende Verankerung in Europa und in der europäischen Geschichte zu definieren und letztendlich dann auch zu finden.“

Viele bekannte „Lindwurmkinder“

Ein Teil des Buches ist auch bekannten Persönlichkeiten gewidmet, die in der Lindwurmstadt lebten und wirkten. Auf sie sei er während der Recherche gestoßen: „Ich war selbst erstaunt, wer Wurzeln in Klagenfurt hat, wer hier geboren wurde, wer hier eine Zeit lang gelebt und gewirkt hat oder hier verstorben ist. Das Spektrum der Personen ist breit – Ingeborg Bachmann, Gerd Jonke und France Presern, der zwar nur kurze Zeit hier gewirkt hat.“

Ingeborg Bachmann
Bachmann
Ingeborg Bachmann – eine bekannte Tochter der Stadt

Nicht außer Acht zu lassen seien in diesem Zusammenhang auch der amerikanische Schriftsteller Julien Grün. Er starb 1998 in Paris. Vor seinem Tod hatte er sich in einer Kapelle in der Stadtpfarrkirche eine Gruft errichten lassen, um hier bestattet zu werden. Der Name auf dem Grab steht in der ursprünglichen englischen Schreibweise „Julian“ anstelle der Französischen „Julien“.

Persönlichkeiten mit europäischer Bedeutung

Die Schauspielerin Heidemarie Hatheyer, die Opernsängerin Maria Geistinger usw. würden ebenfalls dazu zählen. Nach letzterer wurde in der Landeshauptstadt auch eine Gasse benannt. „Sie alle hatten zur Zeit ihres Lebens eine europäische Bedeutung – sei es in der Wissenschaft, in der Kultur und in der Kunst.“

Aus historischer Sicht sei Klagenfurt einmalig, weil hier der Leitspruch „small ist beautiful“ gelte, so Drobesch: „Die Übersichtlichkeit, auch eine gewisse Form – wenn man sie in den Vergleich zum Makrokosmos stellt – der Langsamkeit; eine sehr hohe Lebensqualität; die Verbindung von Stadtleben und unmittelbar an die Stadt angrenzend ‚Landleben‘. All das macht Klagenfurt als liebens- und lebenswerte Stadt aus.“

Handbuch für Klagenfurter und Besucher

Werner Drobesch „Auf den Spuren Klagenfurts“ – ein kultur- und gesellschaftsgeschichtlicher Streifzug ist im Verlag Hermagoras erschienen. Der Autor sieht das Buch als Reisebegleiter der Einheimischen, aber auch der ins Land kommenden Menschen: „Ein Leitfaden für das Kennenlernen der Stadt.“ Aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse in leicht lesbarer Form seien darin für ein breites Publikum zugänglich.