Digitaler Bachmannpreis 44. Tage der deutschsprachigen Literatur 2020
ORF/Johannes Puch
ORF/Johannes Puch
Kultur

Digitaler Bachmannpreis eröffnet

Am Mittwochabend sind in Klagenfurt die digitalen Tage der deutschsprachigen Literatur eröffnet worden. Neben der Auslosung der Lesereihenfolge für die 14 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, der Schweiz und Österreich hielt Sharon Dodua Otoo die traditionelle Klagenfurter Rede.

Mit Klängen von Paier&Valcic wurden die 44. Tage der deutschsprachigen Literatur musikalisch eröffnet. Moderator Christian Ankowitsch erklärte zu Beginn die Regelungen für die digitale Ausgabe des Bewerbes, die – nach der Coronavirus-Krise – gewählt wurde.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz sagte in seiner digitalen Grußbotschaft, er sehe den Bachmannpreis als Erfüllung des Auftrages als Kulturvermittler. Landesdirektorin Karin Bernhard unterstrich, sie sei stolz, nach der Änderung der Statuten den Bewerb doch im Landesstudio in Klagenfurt stattfinden lassen zu können – mehr dazu in Rede Landesdirektorin Karin Bernhard.

Musikalische Umrahmung von Paier & Valcic
ORF/Johannes Puch
Paier&Valcic

Grußworte der Kooperationspartner

Klagenfurts Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) freute sich, dass die Reihe der traditionsreichen Veranstaltung nicht unterbrochen werde, bedauerte aber gleichzeitig, dass literatur- und kulturinteressierte Besucher aus Nah und Fern heuer nicht anwesend sein werden.

Petra Gruber, 3sat-Koordinatorin, sagte, es sei Wert darauf gelegt worden, dass „die DNA“ des Bewerbes auch in seiner digitalen Ausprägung erhalten bleibe.

Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der BKS-Bank, sagte beim Bewerb sei hohe literarische Qualität garantiert; auch wenn die persönlichen Begegnungen und Gespräche fehlen würden. Das Publikum kann am Samstag zwischen 15.00 und 20.00 Uhr für den BKS-Publikumspreis abstimmen.

Werner Pietsch, Leiter im Privatkundenvertrieb und Marketing der KELAG, sagte, die KELAG sei Stolz, auch heuer Partner sein zu dürfen. Auch Matthias Gierth, der Leiter der Kultur beim Deutschlandfunk, sagte, es sei eine Ehrensache, bei dieser Spezialausgabe mit an Bord zu sein. Gerade in diesen schwierigen Zeiten wolle man Schriftstellerinnen und Schriftstellern ein besonderes Podium geben.

Barbara Frank mit einer Vorschau auf die Eröffnung

Kaiser: „Nicht ins Resignation versinken“

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte in seiner Rede, die Kunst und Kultur habe den Menschen während der Coronavirus-Pandemie geholfen, die Zeit der sozialen Isolation besser zu überstehen. Es brauche jetzt deutliche Signale eines gemeinsamen Neubeginns und sich den Herausforderungen nach besten Kräften zu stellen, um nicht in Resignation und Hoffnungslosigkeit zu versinken. Ein solches Zeichen sei die Durchführung der 44. Tage der deutschsprachigen Literatur. Er festige das kommunikative Band, das die Literatur mit der Gesellschaft verbinde.

Zwei Neuzugänge in der Jury

Nach einem weiteren musikalischen Intermezzo folgte die Vorstellung der heurigen Jury. Hildegard E. Keller und Stefan Gmünder sind nicht mehr dabei – ersetzt werden sie durch Brigitte Schwens-Harrant (A) und Philipp Tingler (CH) – mehr dazu in Die Jury.

Juryvorsitzender Hubert Winkels zollte in seiner Eröffnungsrede der enormen technische Dimension des heurigen Bewerbes Respekt. „Jetzt beginnt etwas Neues“ – eine intensive Begegnung – mit Autoren und Co-Juroren – ohne körperliche Nähe. Die Literatur werde in Zeiten wie diesen in den Nahraum zurückgeholt, aus dem sie sich entfernt hatte. Dieses Näheverhältnis werde bei den 44. Tagen der deutschsprachigen Literatur erneut verrückt. Er freue sich auf ein Experiment, einen „Weltrekord“, von dessen Gelingen er überzeugt sei, unterstrich Winkels.

Julya Rabinowich und Heinz Sichrovsky haben heuer die Außenstelle im Park des ORF Landesstudio Kärnten über. Sie wollen in den kommenden vier Tagen „aufmerksam sein“ und ihre Einstiege per Doppelconference gestalten.

Moderator Christian Ankowitsch mit Julya Rabinowich und Heinz Sichrovsky
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Christian Ankowitsch, Julya Rabinowich und Heinz Sichovsky

Die Lesereihenfolge

Danach erfolgte unter Anleitung von Justiziar Andreas Sourij die Auslosung der Lesereihenfolge. Moderator Christian Ankowitsch musste für jeden Autor aus einer Box einen Zettel mit der jeweiligen Beginnzeit ziehen. Hier das Ergebnis der Auslosung der Lesereihenfolge:

Donnerstag:

10.00 Uhr Jasmin Ramadan (D/CH)
11.00 Uhr Lisa Krusche (D)
12.00 Uhr Leonhard Hieronymi (D)
13.30 Uhr Carolina Schutti (A)
14.30 Uhr Jörg Piringer (A)

Freitag:

10.00 Uhr Helga Schubert (D)
11.00 Uhr Hanna Herbst (D/A)
12.00 Uhr Egon Christian Leitner (A)
13.30 Uhr Matthias Senkel (D)
14.30 Uhr Levin Westermann (D)

Samstag:

10.00 Uhr Lydia Haider (A)
11.00 Uhr Laura Freudenthaler (A)
12.30 Uhr Katja Schönherr (D)
13.30 Uhr Meral Kureyshi (CH)

Eröffnungsrede von Sharon Dodua Otoo

Der Titel der Eröffnungsrede von Sharon Dodua Otoo trägt den Titel: „Dürfen Schwarze Blumen malen?“ und ist angesichts weltweiter Proteste gegen Rassismus nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners Georg Floyd durch Polizeibeamte ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die deutschsprachige Literatur eben nicht in einem abgehobenen Elfenbeinturm befindet, sondern sich – im Gegenteil – den Problemen der Gegenwart stellt und auch Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Zeit parat hält.

Die britische Aktivistin und Autorin erzählte anfangs von ärgerliche Erfahrungen mit Lektoren, die sie korrigierten. „‚Lehrer*innen‘ hat nicht die gleiche Bedeutung wie ‚Lehrerinnen und Lehrer‘, ‚Fremdenfeindlichkeit‘ schreibe ich nicht, wenn ich ‚Rassismus‘ meine, und ‚schwarz‘ ist nicht gleich ‚Schwarz‘.“ Als politischer Begriff schreibt Otoo Schwarz mit großem S: „Die Verwendung der Großbuchstaben am Anfang des Wortes kann zeigen, dass wir der Community angehören oder, wenn dem nicht so ist, dass wir uns mit der Bewegung solidarisieren.“

Sie verwies in ihre Rede nicht auf die aktuelle Debatte rund um den durch US-Polizisten herbeigeführten Tod des Afroamerikaners George Floyd, aber auf die vor allem in Deutschland geführte Debatte um den kamerunischen Historiker und Philosophen Achille Mbembe, dem Antisemitismus und Holocaustrelativierung vorgeworfen werden – mehr dazu in „Dürfen Schwarze Blumen Malen?“.

Eröffnungsrede von Sharon Dodua Otoos
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Sharon Dodua Otoo hielt die Rede zur Literatur. Sie gewann den Bachmannpreis 2016.

Autoren und Juroren nehmen virtuell teil

Das ORF Theater, wie auch der Funkhausgarten, müssen in diesem Jahr leer bleiben. Das Publikum darf coronavirusbedingt ja nicht bei der Sonderausgabe dabei sein. Auch die sieben Juroren und die 14 Autoren können nicht persönlich im ORF Theater anwesend sein, sondern werden via Internet ins Klagenfurter Funkhaus zugeschaltet.

Lesungen online ab 10.00 Uhr

Alle Lesungen und Diskussionen, wie auch die Preisvergabe am Sonntag können auch im Fernsehen via 3sat mitverfolgt werden. Insgesamt werden aus dem Landstudio Kärnten also trotz der digitalen Sonderausgabe wieder 16 Stunden Literatur live im Fernsehen übertragen. Die 44. Ausgabe des Klagenfurter Lesereigens startet am Donnerstag um 10.00 Uhr.